Monika Düker: „Nordrhein-Westfalen macht an dieser Stelle alles, was geht“

Antrag der Piraten zur Bekämpfung von Menschenhandel

Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich finde, dass es richtig war, dieses Thema noch einmal im Landtag umfassend zu erörtern, was wir auch getan haben. Der Antrag ist seit Mai 2013 im Verfahren. Wir haben die Zeit gut genutzt. Wir hatten eine Informationsveranstaltung beim Landeskriminalamt für die beteiligten Ausschüsse zum Lagebild Menschenhandel. Im Juli letzten Jahres haben wir zudem eine Anhörung durchgeführt. Auch diese Anhörung war noch einmal sehr aufschlussreich. Von daher ist es richtig, dass das Thema gesetzt ist.
Aber – jetzt komme ich zum Verfahren – es ist inzwischen viel Zeit verstrichen. Sie haben sich auf einen Referentenentwurf zu einem Bundesgesetz aus dem Jahr 2011 bezogen, den Sie nicht richtig finden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, darüber ist nun einmal die Zeit hinweggegangen. Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor – das haben die Kolleginnen schon dargestellt; er ist jetzt im Bundesrat im ersten Durchgang –, mit dem diese EU-Richtlinie umgesetzt werden soll.
Leider geht dieser Gesetzentwurf aus grüner Sicht nicht weit genug. Die Situation von Opfern von Menschenhandel würde mit einem solchen Gesetz zwar leicht verbessert. Die Große Koalition hat aber leider vorgesehen, dass die Mitwirkungsbereitschaft im Strafverfahren nach wie vor Voraussetzung für eine Aufenthaltserlaubnis ist.
Das finden wir Grüne ausdrücklich falsch. Da schließen wir uns der Haltung der Piraten an. Unsere Haltung haben wir auch in einem eigenen Gesetzentwurf im Bundestag zum Ausdruck gebracht. Aus unserer Sicht muss hier eine Aufenthaltserlaubnis unabhängig von der Mitwirkungsbereitschaft im Strafverfahren erteilt werden.
Leider entscheiden wir das nicht hier im Landtag; denn dieses Bundesgesetz ist im Verfahren, und der Bundesrat hat sich schon in seiner Mehrheit dem Vorhaben angeschlossen. In der Mehrheit spricht sich der Bundesrat auch für eine Aufenthaltserlaubnis ohne Mitwirkungsbereitschaft aus. Die beiden Parteien, die die Große Koalition bilden, sind auch hier im Landtag vertreten. Ich schaue sie einmal an. Vielleicht können sie auf Bundesebene noch den einen oder anderen hilfreichen Hinweis geben; denn der Gesetzentwurf geht jetzt wieder zurück in den Bundestag. Die Große Koalition hat bislang keine Bereitschaft gezeigt, an diesem Gesetzentwurf etwas zu verändern, obwohl der Bundesrat in seiner Mehrheit so entschieden hat. Meines Wissens hat damals nur Bayern gegen den entsprechenden Antrag gestimmt. Im Bundestag besteht also noch Hoffnung. Ich hoffe auch, dass hier noch etwas verändert wird. Das, was wir als Land im Bundesrat tun konnten, haben wir getan.
Nun komme ich zur Situation in NRW. Das ist ja eigentlich das Wesentliche. Was können wir denn in NRW unabhängig von diesen bundesgesetzlichen Rahmenregelungen tun, um hier den Opferschutz zu gewährleisten?
In NRW bekommen die Opfer von Menschenhandel schon seit vielen Jahren unabhängig von ihrer Aussagebereitschaft umfassende Hilfe. Wir haben spezialisierte Frauenberatungsstellen im Land, die dafür auch finanziert werden. Es gibt eine etablierte, sehr gute Zusammenarbeit der Opferberatungsstellen mit der Polizei.
Darüber hinaus erfolgt keine Abschiebung von Opfern von Menschenhandel. Laut „Lagebild Menschenhandel“ des LKA, das zuletzt mit Daten aus dem Jahre 2012 erschienen ist, wurde kein Opfer wurde abgeschoben oder ausgewiesen. Im Übrigen sind die meisten Opfer auch EU-Bürgerinnen. Der größte Teil von ihnen sind nämlich Bulgarinnen und Rumäninnen. Für sie gilt sowieso nicht das Aufenthaltsrecht; es gilt ja nur für Drittstaatenangehörige.
Insofern wird in Nordrhein-Westfalen das getan, was getan werden kann, um den Opfern zu helfen und ihnen in der Rolle als Zeugin, unter Umständen auch als Beschuldigte und als Opfer umfassende Hilfe anzubieten und sie durch diese Hilfe letztendlich auch dazu zu bringen, auszusagen; denn nur mit der Hilfe dieser Frauen werden wir diesen Strukturen der organisierten Kriminalität auf die Schliche kommen.
Deswegen gilt: Nordrhein-Westfalen macht an dieser Stelle alles, was geht. Darüber bin ich sehr froh. Leider haben wir es auf Bundesebene aus dem Bundesrat heraus bislang nicht geschafft, die Bundesregierung davon zu überzeugen, dass ein weiter verbesserter Schutz der Opfer letztendlich auch dazu beiträgt, hier die Kriminalität zu bekämpfen. Das dafür sinnvolle Aufenthaltsrecht ist leider in der Großen Koalition noch nicht mehrheitsfähig. Wir werden weiter daran arbeiten. – Ich danke auch für die Debatte.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)