Mario Krüger: „Wenn Sie etwas für die Stärkung der kommunalen Finanzen tun wollen, tun Sie das zum Beispiel über die Möglichkeiten im Bundesrat“

Antrag der FDP zur Grundsteuer

Mario Krüger (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eine Einladung zum Dialog, wie es gerade von den Beteiligten dargestellt worden ist, soll dieser Antrag sein. Es ist keine Einladung zum Dialog, es ist ein vergiftetes Angebot, das Sie in diesem Zusammenhang unterbreiten. Ich will gerne deutlich machen, warum es vergiftet ist.
Gehen wir einmal auf den Antrag selbst und auf das, was Sie dort als Ausgangslage beschreiben, ein. Sie sagen unter anderem, die bundesseitig verursachten Sozialkosten sind zu nennen und benennen hier als Verursacher die Hartz-IV-Reform von SPD und Grünen. Sie sagen allerdings nicht, dass seinerzeit im Bundesrat das Ganze mitgetragen worden ist. Nach meinem Kenntnisstand gab es zu dem damaligen Zeitpunkt eine Reihe von Landesregierungen, die auch von der FDP mitgetragen worden ist.
Wir bedauern, dass die Mehraufwendungen, die wir im Bereich Kosten der Unterkunft haben, bei den Kommunen zu diesen erheblichen finanziellen Engpässen führen – ohne Zweifel. Aber sie sollten dann in Ihrer Analyse, in Ihrer Ausgangslage deutlich machen, dass die damalige schwarz-gelbe Regierung in Person von Herrn Rüttgers bezogen auf die Frage, wie hoch der Anteil der Kosten der Unterkunft der und was der Bund übernimmt, der entsprechenden Deckelung auf jetzigem Niveau seinerzeit zugestimmt hat.
Sie führen aus, CDU und FDP hätten auf Bundesebene etwas getan, zum Beispiel zum Thema „Eingliederungskosten für behinderte Menschen“ bzw. „Grundsicherung im Alter“. Ich kann Ihnen nur sagen: Es war ein harter Kompromiss, der seinerzeit gefunden worden ist. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Regelbedarfsermittlungsverfahren, wo die rot-grünen Länder gedrängt haben: Wenn wir diesen Weg mitgehen, geht das nur, wenn ein Entgegenkommen signalisiert wird. Nur aufgrund dessen waren CDU und FDP bereit, das Thema „Grundsicherung im Alter“ als ihre Aufgabe zu übernehmen, um hier entsprechende Kostenentlastungen herbeizuführen.
Sie sprechen von einer finanziellen Mindestausstattung der Kommunen. Ohne Zweifel wäre es einmal interessant zu wissen, wie die zu definieren ist und wie die aussehen kann. Da gibt es sicherlich die unterschiedlichsten Situationen. Herr Abruszat, ich erinnere in dem Zusammenhang an das Urteil des Landesverfassungshofs zum GFG 2011, der hierzu eindeutige Ausführungen gemacht hat.
Was Sie völlig verschweigen – das ärgert mich–, ist das, was wir als rot-grüne Landesregierung im Rahmen einer Stärkung der kommunalen Finanzen in der Vergangenheit unternommen haben. Mittlerweile stellen wir für die Kommunen rund 19 Milliarden € – das sind zum einen GFG-Mittel, aber auch Zuweisungen, die den Kommunen im Rahmen von Förderprogrammen zukommen – zur Verfügung. Das sind rund 30 % aller Aufwendungen im Landeshaushalt 2014. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Und wenn Sie beschreiben, es gäbe einen Konstruktionsfehler im Stärkungspaktgesetz, dann möchte ich Sie darauf hinweisen, Herr Abruszat, dass Sie seinerzeit das Stärkungspaktgesetz, soweit ich weiß, mitgetragen haben.
(Kai Abruszat [FDP]: Da waren Sie nicht dabei!)
– Ganz genau. – Dabei ist unter anderem auch deutlich gemacht worden …
Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Krüger, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Abruszat möchte Ihnen jetzt gerne eine Zwischenfrage stellen.
Mario Krüger (GRÜNE): Gerne.
Kai Abruszat (FDP): Ganz herzlichen Dank, Herr Kollege Krüger. Ich finde es immer schön, weil wir uns beide gegenseitig gerne Zwischenfragen stellen. Ich will nur ganz konkret fragen, weil Sie die ganze Zeit die Leistungen der Regierung rühmen oder die schlechte Leistung alter Regierungen kritisieren. Ist das Thema „Grundsteuer B“ mit der enormen Entwicklung nach oben für Sie überhaupt kein Thema?
Mario Krüger (GRÜNE): Darauf gehe ich – kein Thema – gerne gleich ein.
Ich habe nur die Ausgangslage, wie Sie sie beschreiben, und das darstellen wollen, wie die Realität in diesem Zusammenhang tatsächlich ist. Wenn Sie hier von einem Konstruktionsfehler sprechen oder davon, dass die staatlichen Aufsichtsbehörden zur Steuertreiberei drängen, ist das schlichtweg Unsinn. Es gibt dieses Treiben nicht. Es gibt in dem Zusammenhang keine Vorgaben der Kommunalaufsicht, entsprechende Beschlüsse in den jeweiligen Räten zu treffen.
Zum Stichwort „Konstruktionsfehler“ bzw. die Frage, inwieweit durch eigene Konsolidierungsbemühungen der Finanzsituation Rechnung zu tragen ist, kann ich nur sagen: Das war unter anderem eine der Voraussetzungen, weshalb wir das Gesetz zur Stärkung der Stadtfinanzen in dem Zusammenhang verabschiedet haben, und das, wie ich es gerade schon gesagt habe, auch mit Ihrer Zustimmung.
Gehen wir nun einmal auf die Entwicklung ein, die wir haben, und ich antworte auch in Bezug auf Ihre Frage. Wenn Sie sich einmal den Erfahrungsbericht zur Stufe 1 des Stärkungspaktes ansehen, dann stellen Sie fest, dass wir bezogen auf das Thema der Grundsteuer eine Steigerung um etwa 134 Punkte haben, und zwar für den Zeitraum 2012 bis 2021. Das kann uns ohne Zweifel nicht gefallen. Im Bereich der Gewerbesteuer ist das sehr gering; da gibt es eine Steigerung von 28 Punkten, von 472 auf 500 Hebesatzpunkte. In diesem Zusammenhang kann man auch überlegen, entsprechende Veränderungen vorzunehmen bzw. auf der anderen Seite Entlastungen herbeizuführen, ohne Zweifel.
Nur wenn Sie einerseits eine Begrenzung der Kassenkredite wollen und damit auch die Liquidität der Kommunen infrage stellen und andererseits in die Frage eingreifen, inwieweit Sie durch Ihre eigene Ertragssituation die Lage verbessern können, dann geht das viel zu weit und wird der kommunalen Selbstverantwortung überhaupt nicht gerecht.
Ich möchte Sie auch bitten, zur Kenntnis zu nehmen, dass bei aller Kritik, die man zu einzelnen Hebesätzen teilen kann, lediglich 28 % der Veränderungen im Rahmen der Konsolidierung durch Hebesatzveränderungen vorgenommen werden. 72 % der Konsolidierungsbemühungen im Bereich des Stärkungspaktes werden durch eigene Anstrengungen in dem Zusammenhang vollzogen.
Wenn Sie etwas für die Stärkung der kommunalen Finanzen tun wollen, tun Sie das zum Beispiel über die Möglichkeiten im Bundesrat. Ich freue mich auf entsprechende Initiativen. Schauen wir mal, ob da was kommen wird. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen