Hans Christian Markert: „Gerade in der Umweltpolitik müssen wir weg vom Sankt-Florians-Prinzip, weg vom End-of-the-Pipe-Denken“

Antrag von SPD, GRÜNEN und FDP gegen die Versalzung von Weser und Werra

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Hans Christian Markert (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Aristoteles schrieb in seiner „Metaphysik“, Thales von Milet habe das Wasser als Ursprung allen Lebens bezeichnet. Ob das Wasser nun der Ursprung von allem sei, sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist es die Grundlage allen Lebens und unser wichtigstes Lebensmittel.
Mehr noch: Der US-Globalstratege und Berater von Präsident Obama, Brzeziński, der übrigens bereits in den 80er-Jahren Präsident Jimmy Carter die Grenzen des Wachstums nahegebracht hatte, geht heute davon aus, dass sauberes Wasser und Zugang zu diesem bis Mitte dieses Jahrhunderts zu einem der wichtigsten globalen strategischen Gemeingüter wird.
Darum war und bleibt die Reinhaltung unserer Grund- wie unserer Oberflächengewässer eine wichtige Aufgabe, wenn nicht sogar eine der wichtigsten Aufgaben einer nachhaltigen, verantwortungsvollen Umweltpolitik.
Erinnern wir uns: Noch im Jahr 1988 transportierte beispielsweise die Elbe innerhalb eines Jahres sage und schreibe 16.000 t Stickstoff, 10.000 t Phosphor, 23 t Quecksilber und 3 t des reinen Gifts Pentachlorphenol in Richtung Meer.
Bis dahin und bereits davor waren unsere Fische voller Geschwüre. Sie galten als ungenießbar. Das Baden in vielen Gewässern, insbesondere auch das Baden in Flüssen, war hochgradig gesundheitsgefährdend und deswegen auch verboten.
Die Tatsache, dass es heute anders ist, kam nicht von selbst. Diese Veränderung war nicht zuletzt das Ergebnis des anfänglichen Drucks der Menschen aus den Umweltbewegungen und der Initiativen vor Ort. Allmählich wurde gehandelt. Was unsere Flüsse letztlich wieder sauberer und das Leben an und in ihnen wieder lebenswerter gemacht hat, war die Schaffung strenger Umweltrichtlinien – das Ordnungsrecht also – und dabei die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips.
Nachhaltige Politik selbst verlangt jedoch einen langen Atem. Zwar ist der Himmel über dem Ruhrgebiet wieder blau, aber wir haben ein Feinstaubproblem. Zwar sind unsere Flüsse keine Kloaken mehr, aber wir haben jetzt in Werra und Weser ein Versalzungsproblem.
Unser Prinzip ist auch hier das bewährte, nämlich die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips. Wir sagen in dem Antrag klar und deutlich: Das Unternehmen K+S ist in der Pflicht, dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen und den Prozess konstruktiv, finanziell und offen in der Kommunikation zu unterstützen.
Dabei schlagen wir ein ganzes Bündel praktikabler Maßnahmen beim Verursacher vor Ort vor: ein zeitnah beginnendes Haldenmanagement, etwa die komplette Abdeckung der Monte Kali, und die Rohstoffrückgewinnung und -nutzung aus den Produktions- und Haldenabwässern, beispielsweise Sulfate und Magnesium.
Angesichts der sich nach oben entwickelnden Rohstoffpreise gibt es dafür durchaus einen Markt. Das hat auch die Anhörung im Landtag zu diesem Thema vor einigen Wochen belegt.
Die weitgehende Aufbereitung der Abwässer durch moderne Verfahren, vergleichbar mit der Meerwasserentsalzung auf der Grundlage von Membrantechnologie, ist übrigens „Made in NRW“. Darauf können wir durchaus stolz sein.
Dabei wollen wir dieses Umweltproblem weder örtlich noch zeitlich aus dem Verantwortungsbereich verlagern – weder räumlich mit einer Oberweserpipeline, noch zeitlich mit einem zwischenzeitlich vorgelegten Modell bis 2075.
Auch bei solchen Vorschlägen kommt mir übrigens wieder Thales von Milet in den Sinn. Dieser nannte das Wasser zwar den Urgrund allen Lebens, er soll aber auch beim Sternegucken in den Brunnen gefallen sein, wie Platon berichtet.
Die derzeit im Verfahren befindliche Nordseepipeline bleibt eine zu prüfende Option. Allerdings sind hier die enormen rechtlichen, technischen und ökologischen Herausforderungen durchaus zu bedenken.
Grundsätzlich gilt: Gerade in der Umweltpolitik müssen wir weg vom Sankt-Florians-Prinzip, weg vom End-of-the-Pipe-Denken und – wie hier bei der Weserversalzung – gelegentlich auch weg vom parteipolitischen Klein-Klein. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sollten wir uns bei der Bewältigung dieses Problems möglichst breit und geschlossen aufstellen.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Der Regionalrat in Ostwestfalen hat es vorgemacht. Bald ist Weihnachten. Wir sind es den Menschen in der Region schuldig, dass wir uns im Hinblick auf die Weserversalzung möglichst breit aufstellen, damit es unser Umweltminister bei den im März anstehenden schwierigen Verhandlungen schafft, der Weserversalzung entgegenzutreten und wir das Problem anderer Bundesländer letztendlich nicht vor die Tür gekippt bekommen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen schöne Weihnachten. Gehen Sie in sich! – Danke.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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