Reiner Priggen: „Die CDU agiert als ‚Schwarze Null‘ der Haushaltspolitik“

Landeshaushalt 2015

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Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste! Wir arbeiten hier natürlich in unterschiedlichen Rollen. Norbert Römer und ich reden für die Fraktionen, die die Regierung tragen und die die Arbeit machen müssen.
(Ralf Witzel [FDP]: Sie müssen das nicht!)
Herr Laschet und Herr Lindner haben für die Opposition gesprochen. Sie waren vor fünf Jahren in der Regierung. Naturgemäß können Sie für das, was Sie sagen, nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Ich habe den beiden anderthalb Stunden lang sehr konzentriert zugehört; denn wenn man die Arbeit macht, interessiert einen natürlich, was die Alternativen sind.
Ich nehme eine ganz eindeutige Botschaft mit: Beide wollen Studiengebühren in diesem Land wieder einführen.
(Karlheinz Busen [FDP]: Das ist doch sozial gerecht!)
Das ist eine ganz klare Botschaft an 700.000 Studierende und ihre Eltern: 1.000 € mehr pro Studierendem gehen im Jahr netto vom Verdienst ab. – Das ist das, was Sie wollen.
Bei Herrn Laschet heißt es noch ein bisschen verschwiemelt „Nutzergebühr“. Wir wollen hoffen, dass er bei der Stange bleibt und das auch in seinem Landtagswahlprogramm klar benennt; denn dann haben alle ganz klare Karten und wissen, wenn sie ihn wählen, was sie als Quittung dafür bekommen, wie der Eintrittspreis ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Martin Börschel [SPD]: Herr Laschet nickt!)
Einen weiteren Punkt möchte ich ganz kurz ansprechen. Kollege Lindner, weil Sie der Ministerpräsidentin beim Karnevalskostüm beratend zur Seite stehen wollten, habe ich auch eine Empfehlung für Sie: Da die FDP die Costa Concordia der deutschen Politik ist, wäre die Uniform von Francesco Schettino das richtige Karnevalskostüm für Sie.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann hätten Sie auch etwas Adäquates – wenn wir auf dieses Niveau heruntergehen wollen.
(Christian Lindner [FDP]: Mit Toten macht man keine Witze! Mit Menschen, die bei einem Unglück gestorben sind, macht man wirklich keine Witze!)
Kollege Laschet, es gibt ein altes Kinderlied: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? – Niemand! Nicht nach dieser Rede, Kollege Laschet. Das ist ja der fünfte Haushalt, den wir vorlegen. Wir sind gespannt gewesen, was Sie als potenzieller Ministerpräsident als Rede bringen würden und ob Sie hier eine alternative Bewerbung vortragen würden. In der Bilanz muss ich Ihnen aber sagen: Das würde maximal für den Platz neben Frau Kraft in einer Großen Koalition reichen. Für den Posten des Ministerpräsidenten war das jedenfalls keine Bewerbung.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Sie haben das auch schon geahnt.
Besonders schäbig fand ich, wie Sie am Beispiel von Burbach das Land schlechtgeredet haben – nach dem Motto: typisch für NRW. Wissen Sie, in Bayern brennen Asylbewerberheime. Niemand von uns käme doch auf den Gedanken, den Bayern vorzuwerfen, sie wären schlecht, weil es da brennt.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD, den PIRATEN und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)
Wir wissen alle, dass das bayerische Volk und auch die bayerische Regierung nichts dafür können. Sie nutzen aber Burbach, um das Land an diesem Beispiel schlechtzureden.
(Armin Laschet [CDU]: Die Flüchtlinge waren in der Obhut des Landes! Das ist der Unterschied!)
Sie dürfen die Regierung kritisieren. Das war aber das typische Beispiel dafür, in welcher Art und Weise Sie das machen.
(Armin Laschet [CDU]: Unter der Verantwortung der Bezirksregierung! Schlechter Vergleich!)
Herr Kollege Laschet, ich bin noch nicht fertig. Sie haben in unglaublicher Dreistigkeit die Demonstration in Köln für sich reklamiert. Er hat sich hierhin gestellt und gesagt: Die Höhner, der FC und alle waren auf der Demo in Köln.
(Armin Laschet [CDU]: So ist es!)
Die einzige Partei, die in Köln nicht aufgerufen hat, war die CDU. So ist es.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN – Armin Laschet [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)
– So ist es. – Das ist auch kein Einzelfall, Herr Laschet.
(Armin Laschet [CDU]: Das ist doch gar nicht wahr! Dann lesen Sie doch den „Kölner Stadt-Anzeiger“!)
Hier in Düsseldorf hat es letzte Woche vor dem Landtag eine Demonstration gegeben, zu der sich Teile von uns verhalten haben.
(Armin Laschet [CDU]: Das ist die Unwahrheit! Unter allem Niveau!)
Unter der Rheinbrücke haben Parteien, Fraktionen und Bürger aus Düsseldorf demonstriert. Auch hier in Düsseldorf war die einzige Partei, die nicht dazu aufgerufen hat, die CDU.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Armin Laschet [CDU]: In Köln hat die CDU dazu aufgerufen! Sie müssen sich dafür entschuldigen! Das ist gelogen!)
Lieber Kollege Laschet, wer sich mit solchen Federn schmückt und den Eindruck erweckt …
(Armin Laschet [CDU]: In Köln hat die CDU aufgerufen! Das ist eine Frechheit!)
Herr Kollege Laschet, dann will ich Ihnen noch eines sagen. Die Situation, dass im Moment tatsächlich Menschen Angst eingejagt wird und gegen ausländische Mitbürger Stimmung gemacht wird, hat auch damit zu tun, dass eine große Volkspartei Sachen diskutiert wie: In unseren Wohnzimmern soll nur noch deutsch gesprochen werden. – Damit schürt man genau diese Stimmung. Da haben Sie eine Mitverantwortung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der eigentliche Anlass meiner Rede ist aber die Haushaltsdebatte. Ich würde gerne ein Stück weit eine Bilanz ziehen. Die CDU ist fünf Jahre in der Regierung gewesen. Der Haushalt, den wir hier beschließen, ist der fünfte, seit Sie wieder in der Opposition sind. Bei aller Kritik, die üblich ist und die Sie auch gerne äußern dürfen, muss ich feststellen: Sie haben Ihre Strategie zum Haushalt in den letzten Jahren mehrfach geändert, und zwar mit einer ganz eindeutigen Richtung.
Hoch spannend war Ihr Sanierungskonzept 2013/2020. Mit Luftbuchungen wollten Sie Einsparungen von 1,5 Milliarden € erzielen.
Der Höhepunkt waren knapp 570 Millionen € als Einnahmen aus der Schweiz wegen vorausgegangener Steuerhinterziehung. Das war Ihr Bußgeld. Gleichzeitig ging der Kollege Sieveke hier als Ablassprediger durch den Landtag und sprach immer von Amnestie. Er sah nur noch reuige deutsche Steuersünder und wollte keine CD-Ankäufe mehr.
(Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])
Wir haben klargemacht: Es gibt diese Ankäufe. Es gibt Transparenz. – Die Gesamtsumme der Einnahmen aus diesem Bereich von 2010 bis 2013 belief sich auf 1,5 Milliarden €. Alleine bis August dieses Jahres gab es 890 Millionen € Mehreinnahmen durch Steuersünder, nur weil wir hart geblieben sind und Ihnen nicht gefolgt sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Allein im Jahr 2014 gab es 35.000 Selbstanzeigen in Deutschland. Die nordrhein-westfälische Bilanz ist ganz interessant. Ich habe mir einmal die Details angeguckt. Von 2010 bis jetzt sind bei der OFD Münster 8.000 und bei der OFD Köln 19.000 Selbstanzeigen eingegangen, also 70 % im Rheinland und nur 30 % in Westfalen. Ich weiß noch nicht genau, was uns das im Detail sagen soll.
Klar ist aber: Wir kämpfen mit einem guten Ergebnis für Steuerehrlichkeit. Sie haben hingegen für die Menschenwürde der Tresore gekämpft. Das war die falsche Richtung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
In Ihrem Haushaltskonzept 2013 hatten Sie Studiengebühren in Höhe von 250 Millionen € stehen.
Da sind Sie ja jetzt wieder eindeutig. Ich bin gespannt darauf, ob diese Botschaft von Ihnen auf Dauer durchgehalten wird. Sie wollen in Nordrhein-Westfalen als einziges Bundesland dieses all back durchführen. Alle anderen 15 Länder haben die Gebühren abgeschafft. Aber sagen Sie es klar und deutlich! Sie haben auch gesagt, dass Sie die Kindergartengebühren wieder erhöhen wollen. Das sind 150 Millionen für die Eltern und die Kinder in den Familien. Auch das ist eine ganz klare Sache, die Sie ansagen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie haben 2013 große pauschale Kürzungen vorgenommen, 20 % Kürzung auf alle Förderprogramme. Das erinnert an den großen Baumarkt, der gesagt hat: 20 % auf alles außer Tiernahrung. – Aber Sie werden einfach nicht präzise. Konkret werden Sie da nicht. 32 Millionen beim Personal, aber nicht bei Schule, bei Hochschule, bei Polizei, bei Justiz und bei der Finanzverwaltung. Da sind aber 96 % des Personals. Das heißt, pauschal ist der Vorschlag, und dann ist er im Konkreten nichts wert.
Die ganze Haushaltsoperation 2013 waren nur solche einzelnen Luftbuchungen.
In der zweiten Phase haben Sie hier in der Rede nur noch einen Vorschlag gehabt. Der war richtig bizarr. Sie haben gesagt: Wie im Saarland 10 % des Personals einsparen! – Das war Ihr Vorschlag. Das Land Nordrhein-Westfalen bezahlt etwas über 400.000 Stellen. Dann erschrecken immer alle. Das sind 180.000 im Lehrbereich, 116.000 in den Hochschulen, 50.000 bei der Polizei, 30.000 in der Justiz, 30.000 in der Finanzverwaltung. Das sind die großen Brocken. Aber wenn es konkret werden soll, wenn Sie sagen sollen, wo denn die Stellen eingespart werden, dann sind Sie immer weg. Dann bleiben immer nur die Ministerien und die Bezirksregierungen übrig. Das sind alles in allem 11.000. Wenn ich die komplett streiche, kann ich die 40.000 nicht einsparen. Aber das ist wohl CDU-Voodoo-Ökonomie. Sie kriegen es anders nicht hin.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie haben eine Konstante, nämlich dass Sie das Land schlechtreden. Sie nehmen das einfach nicht zur Kenntnis. Wir haben im August dieses Jahres eine Untersuchung von PricewaterhouseCoopers gehabt, ein Länderfinanzbenchmarking, einen Vergleich aller 16 Bundesländer. Das heißt, das war kein Gutachten, das wir in Auftrag gegeben haben, das speziell Nordrhein-Westfalen begünstigt.
Wenn Sie sich die Zahlen angucken – ich habe sie zur zweiten Lesung ja im Detail dargestellt –, können Sie sehen, dass das Land Nordrhein-Westfalen sehr gute Ergebnisse hat im Vergleich der Kosten der Strukturen auch zu den anderen Bundesländern. Wir sind nicht auf Platz eins. Das will ich gar nicht sagen. Aber wir sind immer wieder auf den Plätzen fünf oder sechs von 16 Ländern. Das ist also ganz anders, als Sie es jedes Mal darstellen, und zwar in einem Vergleich, der über alle 16 Länder gezogen wurde.
Jetzt nähern wir uns der dritten Phase, in der Sie aus meiner Sicht Ihre Haushaltsstrategie mal offenlegen müssten. Wir befinden uns zwei Jahre vor der Landtagswahl. Wenn Sie den Anspruch hätten, tatsächlich 2017 hier die Regierung zu übernehmen, dann müssten Sie konkreter, präziser, verbindlicher werden. Aber was kommt jetzt stattdessen? – Bürokratieabbau! Stattdessen kommen Wirtschaftsbeschleunigung und Wachstumsprognosen. Aber da, wo Sie uns immer geißeln, dass wir Geld falsch ausgeben, kommt nicht ein konkreter Einsparvorschlag, den Sie tatsächlich umsetzen würden,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
mit der Ausnahme der unsozialen Studiengebühren und der Beiträge zum Kinder- und Jugendbereich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Was Sie aber immer machen, ist das Land schlechtreden. Ich habe vorhin eine Strichliste geführt, als Sie angefangen haben, zu reden. Ich habe es nachher aufgegeben. Denn es dauerte keine zwei Minuten, dann waren Sie schon wieder an der Stelle unterwegs.
Sie, Herr Laschet, drehen ja eine interessante Pirouette nach der anderen. Sie wollten uns die Dobrindt-Maut hier auch noch als Gabriel- und Dobrindt-Maut verkaufen. Dann waren Sie der große Drachentöter, der verhindert hat, dass sie auf alle Straßen ausgedehnt wird.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die Betonung liegt auf „groß“!)
Sie haben alle kritisiert, die diesen Unsinn weiterhin „Unsinn“ genannt haben. Sie wissen doch ganz genau – gerade weil wir beide in der Grenzregion wohnen –, welche Reaktionen es gibt, wenn es heute im Kabinett beschlossen wird. Die Holländer, die Belgier und die Luxemburger werden reagieren. Dann wird es alle hier belasten.
(Armin Laschet [CDU]: Wer beschließt das denn?)
Es passt nicht zu einem modernen Europa. Deswegen müssen Sie sich so aufstellen – da haben Sie uns an Ihrer Seite –, dass das Ding überhaupt nicht kommt. Wir können zusammen nur hoffen, dass es irgendeinen verständigen Richter gibt, der das Ganze beerdigt, weil es für uns überhaupt keine Zukunftsperspektive hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich hätte gerne Ihre Unterstützung an einem anderen Punkt. Denn egal, ob Sie 2017 Opposition oder Regierung sind: Mit der strukturellen Benachteiligung dieses Landes hätten Sie genauso zu kämpfen wie wir. Da wäre genau die Zäsur, um sich endlich ehrlich zu machen und um auch draußen zu vertreten: Es gibt seit mehr als 20 Jahren eine Benachteiligung dieses Landes.
Neben dem Strukturwandel müssten wir uns verständigen, worin die besteht. Dann kann man politischen Wettbewerb machen, aber darunter müsste man klar haben: Was ist die Benachteiligung? Warum haben wir sie?
Es ist ja angesprochen worden. Der Kollege Optendrenk – hier Schattenfinanzminister in spe – hat in seiner Rede zur zweiten Lesung ausgeführt, man dürfe nicht verschweigen, dass NRW von den anderen nicht benachteiligt worden sei, sondern unter anderem vom Kohlepfennig und den Kohlebeihilfen in Milliardenhöhe profitiert habe. Der Kollege Rehbaum von der CDU hat am 5. Dezember in die gleiche Kerbe geschlagen und auch einen Schuldigen ausgemacht. Schuld an der Benachteiligung Nordrhein-Westfalens seien Verhandlungsfehler von Johannes Rau im Jahr 1993.
Interessant ist an der Stelle: Das liegt über 20 Jahre zurück. Ich glaube auch, dass daran etwas richtig ist, aber es war nicht die SPD alleine. Machen Sie sich also da keinen schlanken Fuß! Wir kennen alle die Kollegen, Fritz Kollorz, der hier war, der Bundesknappschaftsvorsitzende und CDU-Kollege, Helmut Linssen, Finanzminister, jetzt noch im Vorstand der RAG-Stiftung, Lothar Hegemann, jetzt gerade nicht im Raum, aber schon lange hier tätig, und auch andere. Das heißt, es gab immer einen großen Kohlekonsens, dass der Strukturwandel in NRW von 600.000 Bergleuten über 170.000 zu Beginn der 90er-Jahre mit Bundesunterstützung aufgefangen werden soll.
Wenn man das aber gemeinsam so lange so getragen hat – ich weiß ja auch, dass erst in den späteren Jahren die Position geändert worden ist, auch mit Ihrer Hilfe –, dann muss man die strukturelle Benachteiligung daraus auch zusammen benennen und muss nach vorne das reklamieren, was geändert werden muss.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Es ist doch eines eindeutig – ich habe mir die Zahlen seit 1990 heraussuchen lassen –: Es hat in den Jahren von 1990 bis 2000 in jedem Jahr im Durchschnitt etwa 4 Milliarden an Beihilfen gegeben, Kohlepfennig und Absatzbeihilfen. 4 Milliarden €! Das sind, wenn Sie es auf heutige Werte umrechnen, 6 Milliarden pro Jahr.
Wenn die im Bund um einen Tisch zusammensitzen, die Finanzmittel verteilen und jemand vorab 4 Milliarden kriegt, dann sagen alle anderen natürlich: Jetzt seid an der einen oder anderen Stelle aber ein bisschen ruhiger! – Daraus rührt her – das ist aus meiner Sicht die Wurzel –, dass wir bei den …
(Armin Laschet [CDU]: Es hat keiner geholfen!)
– Herr Laschet, das ist genau das, was ich Ihnen vorwerfe. Sie machen sich den schlanken Fuß: Von uns hat keiner geholfen.
Herr Laschet, ich bin einmal in Berlin gewesen und habe mit Ihrem früheren Bundeskanzler über die Kohlestrategie der CDU geredet. Sie waren in der großen Kohlekoalition Jahrzehnte beteiligt. Ich habe eben die Kollegen genannt, die sich persönlich über Jahre dafür eingesetzt haben. Natürlich waren Sie eingebunden und haben Sie es mitgetragen.
Mir geht es nur um Folgendes: Wir wollen Sie als Verbündeten haben, wenn wir uns aufstellen und den Hessen, Baden-Württembergern und allen anderen sagen, dass diese strukturelle Benachteiligung des Landes, die eine Wurzel da hat, aufhören muss. Es kann nicht angehen, dass wir im Verkehrsbereich als großes Infrastrukturland mit Ost-West- und mit Nord-Süd-Achsen 15 % der Regionalisierungsmittel erhalten. Nach Königsstein stünden uns 21 % zu. Die Leistung ist höher. Das sind jedes Jahr 400 Millionen €, die uns fehlen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Laschet, es ist doch völlig klar, dass in der Verteilungsauseinandersetzung, die zurzeit zwischen den Bundesländern läuft, wo die Parameter für die nächsten 20 Jahre fixiert werden, die Hessen und die Baden-Württemberger nicht natürliche Verbündete von Nordrhein-Westfalen sind. Wenn ich zu meinen grünen Kollegen gehe, die jetzt in acht Landesregierungen beteiligt sind, sagen die doch nicht, weil ich so ein sympathischer Kerl sei, mache man das Portemonnaie auf. Wenn aber die Kronzeugen gegen uns immer aus Ihren Reihen kommen – das ist der Punkt – und Sie das mitbefördern, dann wird das Verhandeln nicht leichter. Deshalb brauchen wir eine gemeinsame Position.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der Königsteiner Schlüssel aus dem Königsteiner Staatsabkommen von 1949 regelt die Verteilung zwischen den Bundesländern nach Steuerkraft und Bevölkerungszahl. Da liegt Nordrhein-Westfalen seit Jahrzehnten bei gut 21 %, weil wir mit unseren rund 18 Millionen Einwohnern 21 % der Bundesrepublik ausmachen. Abweichend von diesem Schlüssel erhalten wir in relevanten Bereichen weniger Geld. Das ist der Punkt, der geändert werden muss.
Ich habe die Regionalisierungsmittel angesprochen, aber auch im Hochschulbereich ist es so. Wir erbringen eine unglaubliche Leistung im Hochschulbereich. Wir bilden 26 % der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland aus – ich komme nachher noch auf die Finanzen –, was weit mehr ist als unser Bevölkerungsanteil. Das heißt, wir sind ein offenes Land, in das die jungen Studierenden kommen und in dem sie gerne studieren. Wir bekommen aber für den Hochschulausbau und -neubau nur 15 % der Bundeszuschüsse. Das heißt, wir liegen da zehn Prozentpunkte unter dem, was wir leisten. Das Mindeste wäre der Königsteiner Schlüssel, aber eigentlich sollte man fairerweise das zugeben und sagen, die Mittel werden nach dem Schlüssel verteilt, den man leistet.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deshalb können wir uns nicht mehr kleinmachen und das akzeptieren.
Herr Kollege Laschet, ich habe mit Interesse Ihr Interview im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 4. Dezember gelesen. Darin schlagen Sie vor, den Soli nicht in den Steuertarif zu integrieren, sondern die Mittel stattdessen für Infrastruktur ausgeben. Dazu kam von der Zeitung die richtige Frage, wie man bei einer zweckgebundenen Abgabe sicherstellen kann, dass nicht wieder der größte Teil nach Bayern fließt.
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
– Ich zitiere Sie, und zwar richtig. – Sie haben geantwortet: „indem die Gelder aus einer solchen Infrastrukturabgabe nach Bedarf vergeben werden.“
Jetzt frage ich Sie: Was glauben Sie, was der bayerische Bundesverkehrsminister antwortet? – Er wird sagen: „Ich vergebe Mittel immer nach Bedarf, nach sachlichen Kriterien.“ Das hat er über die ganzen Jahre so gemacht.
Wir brauchen aber an der Stelle einen klaren Schlüssel, der nicht wieder zulässt, dass dieses Land benachteiligt wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das Land ist ein solidarisches Land. Ich führe noch einmal als Beispiel die Fernuniversität Hagen mit über 80.000 Studierenden an. Wir bezahlen 70 % dieser Universität, aber nur 30 % der Studierenden kommen aus unserem Land. Das ist eine Einrichtung, die es berufstätigen Menschen, die nicht hauptberuflich in eine Uni gehen können, , wenn sie in ländlichen Räumen leben, möglich macht , zu studieren und einen Abschluss zu machen. Wir bezahlen das, weil wir solidarisch sind. Das sind 60 Millionen € pro Jahr. Das ist gut so, und das wird auch durchgehalten. Aber dann einzuklagen, dass Nordrhein-Westfalen diese Leistung auch anerkannt bekommt – nicht mehr, als wir leisten, aber eben auch nicht ständig unter dem –, das muss – bei allem Wettbewerb – unsere gemeinsame Aufgabe sein.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Letzter Punkt dazu: Vor Beginn der Umverteilung zwischen den Bundesländern haben wir die fünfthöchste Pro-Kopf-Einnahme aller Bundesländer. Nach der ganzen Umverteilungsoperation, wenn die Umsatzsteuer einberechnet wird, sind wir auf dem letzten Platz. Wir können hier machen, was wir wollen, aber wenn dieser Missstand nicht grundsätzlich beseitigt wird und nicht andere Weichenstellungen vorgenommen werden, haben wir keine Chance. Sie hätten sie auch nicht, wenn Sie denn noch einmal in der Regierung wären.
Es gibt immer wieder Menschen – der Tenor kam eben in beiden Reden wieder durch –, die, da die Steuereinnahmen gestiegen sind, fragen, was wir eigentlich mit dem Geld machten. – Ich mache in diesem Landtag im fünfzehnten Jahr meine Arbeit. Ich bin der festen Überzeugung, dass das, was wir im Kabinett und in den Regierungsfraktionen leisten, eine vernünftige, solide Arbeit ist. Ich meine auch, dass wir uns auf gar keinen Fall irgendwie zurücknehmen müssen für das, was wir in den letzten fünf Jahren mit den Finanzmitteln gemacht haben und in diesem Haushalt vorsehen. Man kann das sehr gut begründen.
Die Neuverschuldung – das ist schon angesprochen worden – lag in der mittelfristigen Finanzplanung der alten Regierung noch bei 6,5 Milliarden €. Dann sind die Steuereinnahmen zwar besser geworden – das wollen wir gar nicht bestreiten –, aber wir haben die Neuverschuldung schon im ersten Jahr auf 3 Milliarden € gesenkt, und wir werden im nächsten Jahr mit dem Haushalt, den wir beschließen, bei 1,9 Milliarden € landen. Zielgrößen für die Jahre 2016 und 2017 sind 1,4 und 1,3 Milliarden €. Bis jetzt sind wir in jedem Jahr unter der Zielgröße gelandet. Insofern ist das eine klar abfallende Größe trotz allem, was wir geleistet haben und worauf ich gleich noch zu sprechen komme.
Ich möchte aber gern die Punkte, bei denen wir viel Geld in die Hand genommen haben, ansprechen, denn ich bin es leid, dass uns das vorgeworfen wird.
Für mich ist da der allererste Punkt die Finanzierung der Kommunen. Wir haben nämlich alle erlebt und wir erleben es immer wieder, denn wir sind in den Städten verankert und zu Hause, mit welchen Schwierigkeiten unsere Kommunen zu kämpfen haben. Es war ein beispielloser Raubzug, den die Vorgängerregierung an den Kommunen und am Gemeindefinanzierungsgesetz gemacht hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben schon, als wir mit der Minderheitsregierung im Jahr 2010 angefangen haben, im ersten Nachtragshaushalt die allergrößten Probleme beseitigt. Wir haben dafür viel Geld in die Hand genommen.
Die erste Maßnahme bestand in der Beteiligung der Kommunen an der Grunderwerbsteuer. Wir haben den Kommunen 2010 sofort ihren Anteil wiedergegeben. Das summiert sich mit diesem Haushalt in den Jahren von 2010 bis 2015 auf 1,1 Milliarden €. Wenn immer wieder gesagt wird, wir hätten Mehreinnahmen, und gefragt wird, was wir damit machen, habe ich keine Lust, mir vorwerfen zu lassen, dass wir den Kommunen den Anteil wiedergegeben haben. Wir könnten uns damit besserstellen, aber wir waren fair.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Mit den gleichen Haushalten bis zu diesem Punkt haben CDU und FDP eine obligatorische Betrachtung des GFG zur Konsolidierung des Landeshaushaltes vorgenommen. Man stelle sich vorstellen, wir würden das jetzt genauso machen und 500 Millionen € im Jahr aus dieser GFG-Masse in Höhe von 9 Milliarden € zur Konsolidierung unseres Haushaltes herausnehmen!
Schwarz-Gelb hat das getan. Wir haben das im Jahr 2010 gestrichen. Der Betrag lag bei 186 Millionen € pro Jahr. Das würde über fünf Jahre – einschließlich dieses Haushalts eine weitere Milliarde Euro darstellen, die wir fairerweise den Kommunen, weil sie in dieser Situation sind und weil dieses Geld ihnen zusteht, wiedergegeben und nicht für uns behalten haben. Wir stünden jetzt schon mit 2 Milliarden € besser da, aber wir haben das nicht gemacht.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der Regierungsbank)
Dann habe ich mit Freude den CDU-Bundesparteitag in Köln verfolgt. Da hat die Kanzlerin diesen unmöglichen Satz gesagt: Vier Regierungsjahre und vier Niederlagen vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes – die CDU müsse dafür sorgen, dass Nordrhein-Westfalen ein Rechtsstaat bleibe.
(Vereinzelt Beifall von der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: Schämen sollten Sie sich! – Weitere Zurufe)
– Ich habe mir gewünscht, dass jemand von Ihnen Beifall klatscht. Damit haben Sie sich entlarvt. Das ist genau die Haltung, die Sie an den Tag gelegt haben.
(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)
Sie sind nur so wenige, da fällt das nicht auf.
(Heiterkeit von der SPD)
Ich habe mich erstens geärgert, weil wir in der politischen Debatte eine gewisse Dualität über „Rechtsstaat“ und „Unrechtsstaat“ haben.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)
Da bin ich vielleicht zu sensibel.
Ich habe mich aber zweitens geärgert, dass die CDU uns das vorwirft. Das Verfassungsgericht korrigiert und kritisiert Politik. Das ist völlig in Ordnung. Man verliert nicht gern, aber das passiert.
Die CDU – das haben wir eben gehört – hat in den fünf Jahren ihrer Regierungszeit in NRW zwölf Verfahren verloren. Uns werden vier verlorene Verfahren in vier Jahren vorgeworfen. Bundeskanzlerin und Bundesregierung haben in dieser Zeit bei bundesgesetzlichen Regelungen – in der letzten Legislaturperiode zusammen mit der FDP – 32 Verfahren in vier Jahren verloren.
(Ministerin Barbara Steffens: Oh! – Minister Johannes Remmel: Unrechtsstaatlich!)
Da muss uns niemand vorwerfen, wir hätten hier keinen Rechtsstaat mehr. Das ist eine unglaubliche Entgleisung.
(Anhaltender lebhafter Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der Regierungsbank)
Ich komme zu einer dieser Verfassungsklagen, die wir verloren haben, was uns angerechnet wird, nämlich die Klage um das Einheitslastenabrechnungsgesetz, genannt ELAG.
(Zurufe von Christof Rasche [FDP] und Dr. Marcus Optendrenk [CDU])
Das ist genau das Gesetz, das den Ausgleich zwischen Kommunen und Land bei der Frage der Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit regelt. Da haben die Kollegen ein Gesetz gemacht, gegen das die Kommunen geklagt haben. Das Urteil kam zwei Jahre später. Das war dann Anführungszeichen „unsere“ Niederlage.
Aber vor allen Dingen: Wir bezahlen das jetzt. Wir bezahlen rückwirkend das, was den Kommunen genommen worden ist. Wir haben auf eine Belastung von 240 Millionen € verzichtet, die wir ihnen hätten abnehmen müssen, und tragen das in Zukunft in einer fairen Weise, nachdem wir uns geeinigt haben. Das müssen wir uns als „verschwenderische Ausgabe“ vorhalten lassen. Das passt doch nicht zusammen!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir sind weitergegangen. Wir haben den „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ aufgelegt. Es ist vorhin schon einmal gesagt worden: Zu Beginn unserer Regierungszeit hatten 144 Kommunen einen Nothaushalt. Wir haben geholfen und angepackt, sodass es im nächsten Jahr nur noch drei Kommunen sind.
Ich habe nicht gesagt, dass wir das alleine waren; das will ich gar nicht so darstellen. Die Mehreinnahmen lagen auch auf kommunaler Seite. Aber wir haben das Ganze angepackt und haben 61 Kommunen im Stärkungspakt. Für die ist das zwar eine Belastung, aber sie haben mit der Hilfe des Landes eine Chance, ihre Haushalte in den Griff zu bekommen. Der Stärkungspakt kostet uns am Ende von 2011 bis 2015 1,93 Milliarden €. Das sind nur für diese fünf Jahre knappe 2 Milliarden €. Wenn er 2020 ausläuft, hat das Land insgesamt 4 Milliarden € zusätzlich in die Hand genommen.
Das alles betraf nur den Bereich „Kommunen“. Wir haben jedes Mal über Beträge in Höhe von 1 Milliarde €, 1 Milliarde € und jetzt 4 Milliarden € in toto geredet. Das ist kein herausgeworfenes Geld. Das ist kein Luxus, den Rot und Grün sich erlauben. Wir gehen nicht verschwenderisch damit um, sondern das ist eine Antwort auf die Notsituation in den Kommunen, die alle kennen und die auch die CDU-Kollegen kennen müssten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Beim GFG gibt es eine Steigerung. Beim GFG – das ist der Anteil der Kommunen an den Steuereinnahmen; das ist ihr Teil, der ihnen zusteht –ist eine Steigerung von 7,6 auf 9,6 Milliarden € zu verzeichnen. Das sind 2 Milliarden € mehr für die Kommunen. Sie profitieren von den höheren Steuereinnahmen. Alles, was wir gemacht haben, ist noch zusätzlich und hilft jedenfalls ein Stück, das Ganze zu lindern.
Ihnen ist es vielleicht nicht aufgefallen, aber: In den Reden von Herrn Lindner und Herrn Laschet gab es wenig zur frühkindlichen Bildung und zum U3-Ausbau.
(Armin Laschet [CDU]: Mein schmales Manuskript!)
Können Sie sich vorstellen, wie Sie getobt hätten, wenn wir nicht den beispiellosen Ausbauprozess hinbekommen hätten?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Insgesamt finden sich im Haushalt 2015 für den Bereich „frühkindliche Bildung“ 2,3 Milliarden €. 2010, als das Ressort von Herrn Laschet nach der Wahl abgegeben wurde, waren es 1,3 Milliarden €. Das ist im Vergleich 1 Milliarde € mehr für die frühkindliche Bildung! Müssen wir uns vorwerfen lassen, dass wir frühkindliche Bildung finanzieren? – Ich meine nicht!
(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir schaffen mit dem Haushalt, den wir gleich beschließen, den Ausbau auf 166.000 Plätze – das heißt: noch einmal 10.000 obendrauf. Es ist richtig: Wir wissen, dass die jungen Familien, die jungen Männer und Frauen, wieder in den Beruf wollen. Der Bereich wird ausgebaut. Das ist auch noch nicht das Ende. Aber wir haben jedenfalls eine hervorragende Leistungsbilanz: 100 Millionen € zusätzlich für qualitative Verbesserungen! Insgesamt haben wir 270 Millionen € – auch für qualitative Verbesserungen, weil sie nötig sind. Wir brauchen kein Dankeschön; wir machen nur unsere Arbeit.
Ich habe das dahin interpretiert: Dass die Kollegen dazu nicht geredet haben, ist dem Respekt vor unserer Leistung geschuldet.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Den Hilferuf des Kollegen Laschet an Frau Löhrmann „Verbessern Sie das G8!“ habe ich wie folgt verstanden: „Wir haben G8 eingeführt. Wir haben dabei sehr viele Fehler gemacht. Aber wir haben euch im Schulkonsens die Hand gereicht. Jetzt verbessert es bitte so, dass es vernünftig funktioniert.“ – Das ist in Ordnung.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Heiterkeit von Ministerin Sylvia Löhrmann)
Das wird gemacht. 16 Milliarden € fließen in diesen Bereich; das ist ein Viertel des Haushalts. Die Bilanz ist aus meiner Sicht sehr gut. Wir haben 109 neue Sekundarschulen. Wir haben 91 neue Gesamtschulen seit 2010. Das alles basiert auf einem kommunalen Willen. Egal, ob es sich um SPD- oder CDU-regierte Kommunen handelt: Unten ist der Schulkonsens als ein Mittel angekommen, die Probleme mit fallender Kinderzahl tatsächlich zu lösen. Insofern ist das eine hervorragende Bilanz.
Die Frage „Rückkehr zu G9 oder Beibehaltung von G8“ ist mit dem runden Tisch beantwortet worden. Sie ist im Konsens auch mit den CDU-Kollegen – so habe ich es verstanden – beantwortet worden. Es gibt kein Rollback, weil wir alles noch einmal durch den Wolf drehen würden. Die Schulen sagen hierzu: „Lasst uns erst einmal weiterarbeiten. Macht die qualitative Verbesserung.“
Da müssen wir noch liefern. Das kommt in Kürze. Damit wäre auch diese Baustelle aus meiner Sicht jedenfalls hervorragend bearbeitet.
Das Thema „Hochschulen“ hatte ich schon angesprochen. Ich finde die Leistungsbilanz bei den Hochschulen großartig. Über die letzten vier Jahre wusste man nicht so genau, auf wen sich die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition einschießen. Lange waren sie die Zielscheibe. Aber wir können doch eine Bilanz ziehen über alles, was wir machen – sowohl ökonomisch als auch mit Blick auf die Studienplatzzahlen und die Angebote –, die sehr gut ist.
Wir haben mit 72 öffentlichen und privaten anerkannten Hochschulen in NRW die dichteste Hochschullandschaft in Deutschland und in ganz Europa. Wir haben die Zahl der Studierenden in diesem Wintersemester auf 712.000 gesteigert. Das sind noch einmal 4 % mehr. Und letztes Jahr hatten wir den doppelten Abiturjahrgang. Gegenüber 2010 haben wir 210.000 mehr Studierende. Liebe Kolleginnen und Kollegen in den Fraktionen, wir müssen eines lernen – ich bin in der Vorbereitung selbst völlig überrascht gewesen –: Wir haben in nur vier Jahren den Anteil der Studierenden eines Jahrgangs von 45/46 % auf 60 % gesteigert. Das ist eine unglaubliche Leistung, trotz aller Kritik so viel mehr junge Leute zu gewinnen, in die Hochschulen zu gehen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das dürfen wir nicht verschweigen. Das ist unsere Selbstkritik. Wir müssen das dann auch kommunizieren – bei all dem, was an Kritik billig kommen kann.
Eben ist vorgetragen worden, wir würden mit dem Haushaltsansatz die Hochschulen verarmen lassen. Dazu sage ich: 2010 waren es 5,8 Milliarden €, 2015 werden es 7,8 Milliarden € sein. Das ist eine Steigerung von 34 % im Wissenschaftshaushalt. Die braucht es allerdings auch.
Ich stehe nicht an, nicht zum Bund zu sagen, danke schön für das, was der Bund zusätzlich gegeben hat. Aber wir haben jedes Mal kofinanziert. Das ist eine Anstrengung gewesen. Wir haben es aber gemacht, weil es eine lohnende Investition ist. Weiß Gott müssen wir uns nicht kleinmachen für das, was wir da leisten, auch nicht vor Bayern und anderen.
Wenn man bei PricewaterhouseCoopers nachschaut, wird man nachlesen können, dass die Bayern 271 € je Einwohner aufwenden. Wir geben 268 € je Einwohner für die Hochschulen aus. Die Zahlen sind übrigens im Jahre 2012 verglichen worden. Das sind 3 € weniger als in Bayern. Da brauchen wir uns nichts kleinreden lassen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir bilden viel mehr aus. Wir bilden pro Tausend Einwohner 34 Studierende aus. Die Bayern schaffen 26. Die stellen sich aber hin und sagen, sie gäben pro Studierenden viel mehr Geld aus als diese Schuldner in Nordrhein-Westfalen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen, weil das eine völlig unfaire Betrachtung ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Bei allen Anstrengungen und bei einer fallenden Linie waren wir in der Lage, an zwei Stellen noch einmal erhebliche Mittel in die Hand zu nehmen. Wir haben uns bei der Schulsozialarbeit darauf verständigt, den Kommunen eine Fortführung zu ermöglichen. Für mich ist das völlig klar: Schulsozialarbeit ist mit dem Bildungs- und Teilhabepaket eingeführt worden als Leistung dieser Minderheitsregierung, weil die Bundesratsmehrheit anders nicht zu erzielen war. Damals sind 400 Millionen € hineingepackt worden; davon gingen für 2011 bis 2013 100 Millionen € nach NRW. Das ist ganz eindeutig Sozialarbeit in der Schule, eingeführt von der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, damals Ursula von der Leyen. Insofern ist die Erwartung, dass der Bund dieses Programm in der Sache, weil es vernünftig ist, auch fortführt, doch völlig normal und auch richtig gewesen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben gesagt: Bevor das alles den Bach heruntergeht, weil sich der Bund nicht bewegt, packen wir da noch einmal erhebliche Mittel an. 47 Millionen € pro Jahr sind kein Kleingeld. Wir machen das, damit Sicherheit da ist, nicht nur für ein Jahr. Wir garantieren die Fortführung dieses Programms für drei Jahre mit entsprechenden Fördersätzen. Wir haben darüber intensive Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt. Es fällt manchem Geschäftsführer schwer, zu lächeln und danke zu sagen. Aber an der Stelle war es so: Es ist anerkannt und akzeptiert worden, dass wir es schaffen – ich verstehe das auch, das ist wie bei den Tarifverhandlungen, wo die Kolleginnen und Kollegen immer ein anderes Gesicht machen müssen –, einen Konsens über die Modalitäten zu erzielen. Und wir stellen uns zusammen auf und weisen darauf hin, dass es eine Sache des Bundes ist und dass wir erreichen wollen, dass nach 2017 der Bund diese Arbeit fortführt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Zum Thema „Flüchtlinge“. Wir erleben im Moment in Syrien und im Irak den Zusammenbruch jeder staatlichen Ordnung und eine riesige humanitäre Katastrophe. Die Hälfte der Einwohner Syriens ist auf der Flucht, und in Deutschland werden allein in diesem Jahr 200.000 Menschen als Flüchtlinge Asyl und Schutz suchen. Es ist davon auszugehen, dass das nächstes Jahr nicht unbedingt zu Ende ist. Deswegen müssen wir, weil hier wieder der Königsteiner Schlüssel greift, 21 % der Erstantragsteller aufnehmen und dafür sorgen, dass wir die Kapazitäten in diesem Land schaffen und dass wir die Kommunen dabei unterstützen.
Wir hatten 2011 10.000 Flüchtlinge, in diesem Jahr haben wir 40.000. Die Zahlen sind in den letzten Jahren korrespondierend zu der Krise sehr schnell angewachsen. Der Bund drückt sich. Er hat sich lange Zeit gedrückt, uns oder den Kommunen überhaupt direkt Geld dafür zu geben. Dann hat der Bund öffentlich 1 Milliarde € für zwei Jahre angekündigt. Das war ja schon Teil der Diskussion. Und wenn man dann im Kleingedruckten nachschaute, war klar, dass es die Hälfte als Zuschuss gibt und den Rest als rückzahlbares Darlehen.
Wir leiten alles, was es als Zuschuss gibt, weiter. Wir mobilisieren zusätzlich eigene Mittel in einer Größenordnung von 91 Millionen €. Diese Mittel gehen auch an die Kommunen weiter. Damit leisten wir unsere Unterstützung. Aber wir können nicht noch zusätzliche Darlehen aufnehmen, die wir dann zurückzahlen müssen. Da gibt es dann auch eine Grenze dessen, was wir machen können. Aber wir nehmen schon erhebliches Geld in die Hand.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Um das auch klar zu sagen: 2010 hatten wir im Haushalt 60 Millionen €, jetzt haben wir im Haushalt 390 Millionen € zur Bewältigung der Flüchtlingskatastrophe. Das ist – in Anführungsstrichen: nur – der Teil, bei dem es darum geht, dass die Menschen zu uns kommen. Und wer genau hinschaut, weiß, was mit den Menschen in Syrien und im Irak passiert. Diese können hierherkommen und brauchen nicht mehr unter Kriegsbedingungen zu leben, sondern werden hier vernünftig angenommen.
Ich bin beeindruckt von der großen Welle von Hilfsbereitschaft in vielen Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Da ist bis jetzt eine andere öffentliche Stimmungslage gegenüber den Flüchtlingen, als das früher schon einmal gewesen war.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Wir sind dankbar dafür, dass die Stimmungslage nun so ist. Wir unternehmen jedenfalls Erhebliches, um die Kommunen zu unterstützen. Wir erfüllen die Verabredungen der beiden Flüchtlingsgipfel und setzen das um, was wir da zugesagt haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe versucht aufzuzeigen, wo die strukturellen Probleme liegen. Ich habe versucht, Herrn Laschet das Angebot zu machen, dass wir uns in Berlin zusammen aufstellen bei dem, was jetzt an Verteilungsauseinandersetzungen ansteht. Wir müssen das machen, weil dort die Parameter wieder für 20 Jahre festgelegt werden. Und wir erheben keinen Anspruch, der in irgendeiner Form unbotmäßig wäre, keinen Anspruch, der uns daran hinderte, im normalen politischen Wettbewerb weiterhin miteinander zu ringen und zu arbeiten. Das müssen wir machen; da haben wir unterschiedliche Rollen als Regierungsfraktionen und als Opposition.
Aber die Kernfrage, ob wir uns da zusammen aufstellen, ist ganz klar. Dazu gehört, dass Sie aufhören – ich sage es noch einmal –, das Land bei jeder Gelegenheit schlechtzureden, weil Sie meinen, Sie hätten einen kurzfristigen Vorteil davon.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie waren nicht sehr konkret bei dem, was Sie zur Haushaltspolitik gemacht haben. Ich habe geschildert, wie das in den letzten drei Haushalten 2013, 2014, 2015 war. Das ist Ihr gutes Recht, weil Sie genau wissen: Wenn Sie konkret mit Einsparvorschlägen werden, dann kriegen Sie die Widerstände an der entsprechenden Stelle.
Ich kann nur sagen: Das ist der fünfte Haushalt, den wir mit den Fraktionen von SPD und Grünen gemeinsam beschließen. Ich finde, es ist ein sehr guter, ein verantwortbarer Haushalt. Er ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Konsolidierung. Und trotzdem machen wir das, was im Land notwendig ist; genau an den Punkten handeln wir – ohne irgendwelche luxuriösen Sachen, irgendwelche Verwöhnsachen. Diese Minidinger, die immer wieder herausgezogen werden, mit denen Herr Lindner und Herr Laschet irgendwelche Skandale erzeugen: Das ist doch lächerlich, ehrlich gesagt.
Die Grundlinie ist im Haushalt, aus meiner Sicht jedenfalls, solide und vernünftig. Ich bedanke mich bei den Fraktionen für die Zusammenarbeit, die zu dem Haushalt geführt hat, und bitte natürlich beide Fraktionen um Zustimmung. – Danke schön.
(Langanhaltender lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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