Monika Düker: „Deswegen richten wir hier den Härtefallfonds ein, damit eine Behandlung vor Ort nicht mehr am Geld scheitert.“

Gesetzentwurf zum Flüchtlingsaufnahmegesetz

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Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur zu dem Punkt, dass Sie alle inzwischen auf ihre Redezeit hingewiesen haben: Zu drei verschiedenen Sachverhalten in fünf Minuten zu sprechen, ist sehr ambitioniert.
(Beifall von Marc Olejak [PIRATEN])
Ich versuche das einmal.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, das ist kein Problem des Präsidiums, sondern eine Vereinbarung der Fraktionen.
Monika Düker (GRÜNE): Ich wollte es nur erklären, …
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Ich wollte es auch nur erklären.
Monika Düker (GRÜNE): … warum alle Kollegen in Schwierigkeiten kommen. Das wird bei mir wahrscheinlich gleich auch der Fall sein. – Aber ich versuche es einmal.
Zum Flüchtlingsaufnahmegesetz, das heute zur Abstimmung steht: Wir geben 40 Millionen € mehr strukturelle Mittel an die Kommunen. Das ist eine Steigerung von über 20 %. Wir richten einen Härtefallfonds für schwerkranke Flüchtlinge ein. Die Kommunen, die insbesondere in den Grenzregionen sehr viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufnehmen, bekommen diese auf ihre Aufnahmequote angerechnet.
Jetzt sagt die CDU, dass sie das für nicht genug hält. – Genug kann es da nie geben. Aber, Herr Kuper, ich finde es schäbig und unredlich – das haben Sie im Innen- und Kommunalausschuss auch schon vorgetragen –, dass die CDU dort, wo sie Verantwortung trägt, nämlich in der Bundesregierung, verhindert hat, dass es zu einer strukturellen und vor allen Dingen dauerhaften Entlastung der Kommunen gekommen ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vor allen Dingen haben Sie es verhindert, dass wir eine bessere Gesundheitsversorgung für die Flüchtlinge vor Ort haben. Aber dann in der Opposition zu sagen, das Land stehe als Ausfallbürge für die komplette verfehlte Bundespolitik in der Verantwortung, nenne ich unredlich. Ich möchte das zurückweisen, denn das ist in dieser Argumentation nicht zu akzeptieren.
Die Bundesregierung – das ist Fakt – ist zu keiner strukturellen Unterstützung der Kommunen bereit.
Die Bundesregierung ist auch nicht zu einer besseren Gesundheitsversorgung für die Menschen in den Kommunen bereit. Warum ist dieser Härtefallfonds überhaupt nötig geworden? Weil dieses unsägliche Asylbewerberleistungsgesetz, das Sie mit Ihrem Beharrungsvermögen aufrechterhalten wollen,
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Nicht schon wieder!)
Flüchtlingen immer noch eine menschenwürdige Gesundheitsversorgung versagt. Deswegen haben Sie die Verantwortung, dass bei den Menschen diese Gesundheitsversorgung nicht ankommt.
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Sie haben doch gerade im Bundesrat wieder zugestimmt!)
Beispielsweise werden von den Sozialämtern Anträge von Kriegsopfern auf eine Prothese abgelehnt, weil das im Asylbewerberleistungsgesetz nicht vorgesehen ist. Das strukturell zu verändern, diese Menschen in die normale Gesundheitsversorgung zu bringen und ihnen eine Gesundheitskarte für eine menschenwürdige Versorgung zu geben, haben Sie verhindert.
(Frank Herrmann [PIRATEN]: Hätten Sie im Bundesrat abgelehnt, hätte es weitere Verhandlungen geben müssen!)
Deswegen richten wir hier den Härtefallfonds ein, damit eine Behandlung vor Ort nicht mehr am Geld scheitert. Deswegen ist das notwendig geworden.
(Beifall von Bernhard von Grünberg [SPD])
Was diese Menschen brauchen, ist eine gesetzliche Krankenversicherung, die jeder andere Sozialhilfeempfänger auch bekommt. Ich finde es schäbig, dass Sie sagen, das Land müsse mehr tun, wenn Sie auf Bundesebene verhindern, dass das bei den Menschen ankommt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vor diesem Hintergrund, dass sich das Land der Verantwortung stellt und 2015 insgesamt 145 Millionen € durch den Haushaltsentwurf der Landesregierung, der schon Steigerungen vorgesehen hat, für Flüchtlinge zur Verfügung stellt, das strukturell verankert und der Großteil davon an die Kommunen für eine bessere Versorgung der Menschen, die zu uns flüchten, geht, finde ich, Herr Paul, Ihre Kritik – er ist gerade nicht mehr da – an diesem Ergebnis maßlos.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Herr Herrmann, alle Oppositionsfraktionen – auch Ihr Herr Paul als Fraktionsvorsitzender – haben beim Flüchtlingsgipfel mit am Tisch gesessen.
(Zustimmung von Frank Herrmann [PIRATEN])
Herr Paul hat sich drei Stunden lang ohne Forderungen in der Debatte eingebracht.
([Marc Olejak [PIRATEN]: Was? – Frank Herrmann [PIRATEN]: Doch! Standards wollte er haben!)
Nachher hat er gesagt, er akzeptiere diese Vereinbarung. Er hat dagegengeredet und im Übrigen keine eigenen Vorschläge auf den Tisch gelegt.
Danach zu sagen, er schäme sich …
(Lachen von Marc Olejak [PIRATEN])
– Er hat in diesem Gespräch nichts gesagt; ich war doch dabei.
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Die Anträge von uns stapeln sich schon seit einem Jahr!)
Er sagte nachher: Es gibt jetzt 145 Millionen €, und deshalb schäme ich mich für dieses Land. – Ihre Politik kann man da wirklich nicht mehr ernst nehmen!
(Beifall von den GRÜNEN – Nicolaus Kern [PIRATEN]: Das ist eine Unverschämtheit!)
Diese maßlose Kritik weise ich zurück.
Zu den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gibt es in Ihrem Antrag einen Widerspruch, und etwas fehlt in Ihrem Antrag, Herr Kuper. Der Widerspruch ist, dass Sie die Forderung erheben, dem Bayern-Antrag im Bundesrat beizutreten, und in einem anderen Punkt fordern, das Kindeswohl solle im Vordergrund stehen.

Es widerspricht sich leider, dem Antrag Bayerns beizutreten, in dem es nur um eine quotale Verteilung geht
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
und in dem das Wort Kindeswohl überhaupt nicht vorkommt, und gleichzeitig zu sagen: Für uns hat aber das Kindeswohl Vorrang. – Beides passt nicht zusammen.
Und in der Kürze der Zeit: Betreffend die Umsetzung der Kinderrechtskonvention fehlt etwas, nämlich dass nach der Kinderrechtskonvention für Kinder bis 18 Jahre das Wohl des Kindes im Vordergrund steht. Nach wie vor fehlt im Asylverfahrensgesetz die Heraufsetzung der Asylverfahrensfähigkeit von 16 auf 18 Jahre. Im SGB VIII, im Kinderjugendhilfegesetz, heißt es nämlich: Alle Kinder bis 18 haben Anspruch auf Jugendhilfe. – Diese Forderung nach Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland fehlt in Ihrem Antrag.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen?
Monika Düker (GRÜNE): Letzte Anmerkung zum Abschiebestopp im Winter: Problematisch, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, finden wir diese Abschiebung in diese Länder nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über. Deswegen müssen wir alle landesrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Da spreche ich den Innenminister an, der per Erlass einiges machen kann. Es gilt, alle landesrechtlichen Möglichkeiten das ganze Jahr auszuschöpfen, um problematische Abschiebung insbesondere auch in die Balkanstaaten – dorthin erfolgen sehr viele Abschiebungen – zu verhindern. Diese Möglichkeit möchte ich bitte für das ganze Jahr haben.
Wir können uns als Fraktion da immer mehr vorstellen; das ist richtig. In einer Koalition ist das manchmal so. Mein Ziel ist es hier, Landesrecht auszuschöpfen und das ganze Jahr über und nicht nur im Winter inhumane Abschiebung zu verhindern. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Gnädige Frau Kollegin, würden Sie bitte einen Moment hier bleiben. Es liegt eine Kurzintervention des Kollegen Herrmann vor. Bitte schön.
Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank. – Frau Kollegin Düker, natürlich war Herr Dr. Paul beim Flüchtlingsgipfel. Und auch wir tragen das, was da vor Ort besprochen wurde, mit.
Kritik haben wir an dem dann folgenden Prozess, daran, wie Sie das Vereinbarte in Anträge bzw. in Haushaltsanträge und ins Gesetz gegossen haben, angebracht. Wir kritisieren, dass Sie im Rahmen der Umsetzung, was die soziale Beratung angeht, im Nachhinein noch andere Posten draufgepfropft haben, und diverse andere Punkte. Dazu haben wir Änderungsanträge gestellt, die Sie wiederum alle – relativ kommentarlos – abgelehnt haben.
Wir tragen, wie gesagt, die grundsätzlichen Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels auf jeden Fall mit. Es war dringend notwendig, dass etwas passiert. Das haben wir immer wieder zum Ausdruck gebracht. Das möchte ich festgehalten haben.
(Beifall von den PIRATEN)
Monika Düker (GRÜNE): Dazu gibt es nur zu sagen, Herr Herrmann, dass wir nicht nur die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels finanziell 1:1 in den Haushaltsanträgen umgesetzt haben, sondern wir sind darüber hinausgegangen.
(Minister Ralf Jäger: Ja!)
Das, was beim Flüchtlingsgipfel vereinbart wurde, waren in Geld rund 43 Millionen.
Wir haben letztendlich im Haushaltsgesetz 91 Millionen € nur als Auswirkungen der Vereinbarungen des Flüchtlingsgipfels zur Verfügung gestellt – plus die 54 Millionen, die wir direkt vom Bund an die Kommunen weiterleiten. Das macht zusammen 145 Millionen €.
Meine Kritik richtete sich an Herrn Paul dahin gehend, dass er sich angesichts dieser nicht nur 1:1-Umsetzung des Flüchtlingsgipfels, sondern auch der fast Verdoppelung plus Weiterleitung der Bundesmittel hier hinstellt und sagt, er schäme sich für diese Politik. Das finde ich einfach unredlich und maßlos. Das wird dieser Politik nicht gerecht. Man kann Sie dann in Ihrer Kritik auch nicht mehr ernst nehmen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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