Monika Düker: “ Ich finde Abschiebehaft grundsätzlich eines Rechtsstaates unwürdig.“

Gesetzentwurf zur Neuregelung der Abschiebehaft

Monika Düker (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade in zweiter Lesung ein neues Strafvollzugsgesetz mit einem hochambitionierten Anspruch an einen Behandlungsvollzug verabschiedet; morgen kommt die dritte Lesung. Da geht es um Menschen, die eine Strafe verbüßen, weil sie eine Straftat begangen haben. In der Abschiebehaft sitzen Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, außer dass angenommen werden kann, dass sie sich eventuell der Abschiebung entziehen könnten.
Auf dieser Grundlage werden Menschen in Deutschland eingesperrt. Nach der Rechtsgrundlage auf Bundesebene kann das bis zu 18 Monate geschehen. Man muss sich vorstellen, was man für 18 Monate Strafhaft in diesem Land angestellt haben muss. Ich finde Abschiebehaft grundsätzlich eines Rechtsstaates unwürdig.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Nichtsdestotrotz: Solange wir diesen Paragrafen im Aufenthaltsgesetz haben, ein Richter Abschiebehaft anordnet, muss diese von den Ländern vollzogen werden. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und des Bundesgerichtshofs hat festgestellt, dass Büren, die Abschiebehaftanstalt in NRW, der Europäischen Rückführungsrichtlinie nicht entspricht. Deswegen planen wir eine neue Abschiebehafteinrichtung.
Diese neue Abschiebehafteinrichtung und dieses Urteil sollen in Nordrhein-Westfalen nach rot-grüner Verabredung auch als eine Chance genutzt werden, diese Abschiebehaft, wenn sie denn schon vollzogen werden muss, so humanitär wie möglich auszugestalten. Dafür wird jetzt ein Dialogprozess mit Verbänden, mit Initiativen eingeleitet, in Rücksprache mit Beschäftigten usw., damit wir zu einem guten Konzept kommen. Das braucht etwas Zeit.
Bis wir das vollendet haben, brauchen wir – Kollege Stotko hat es erläutert – eine Art Übergangsregelung. Was wir auf keinen Fall weiter machen sollten ist diese Hin- und Herfahrerei in andere Abschiebehaftanstalten nach Berlin oder Eisenhüttenstadt.
(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])
Ich glaube, das ist das, was wir sofort und schnellstmöglich beenden sollten, weil es auch den Menschen nicht gerecht wird. Das heißt, wir brauchen jetzt eine Übergangsregelung, eine Art Platzhalter, damit wir vollziehen können, denn mit dem neuen Strafvollzugsgesetz fehlt uns hier eine Rechtsgrundlage, um dann bis zum Ende des Jahres ein neues Konzept als Chance für einen humanen Abschiebehaftvollzug zu erstellen. Sehr wichtig ist es für meine Fraktion, in diesem Abstimmungsprozess alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Abschiebehaft weiter zu vermeiden, damit wir, was die Kapazitäten angeht, das so gering wie möglich halten können. Das ist unser Plan.
Deswegen hoffe ich, dass wir diese Übergangsregelung jetzt gemeinsam schnell auf den Weg bringen, damit wir die Menschen nicht mehr quer durch die Republik fahren müssen, denn das ist aus meiner Sicht im Moment ein unhaltbarer Zustand. Ich denke, wir werden das im Ausschuss sicher noch vertiefen können.
(Beifall von den GRÜNEN)