Oliver Keymis: „Die eigentliche Arbeit beginnt mit dem heutigen Beschluss, und darauf freue ich mich.“

Gesetzentwurf zum Kulturfördergesetz

Oliver Keymis (GRÜNE): Herr Präsident! Lieber Herr Kollege Prof. Dr. Dr. Sternberg, offenbar ist es vor Ihrem Gesicht so finster – Sie sprechen ja immer von der Finsternis –, dass Sie wirklich nicht mehr sehen, was hier geleistet wurde.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie kündigen heute an, dass Sie jetzt auch einmal anfangen, sich Gedanken zu machen und sozusagen ein neues Gesetz vorbereiten, nachdem wir den Antrag 2011 – dankenswerterweise gemeinsam mit der FDP – eingebracht haben. Dieser Antrag hat eine Neuwahl überstanden, und die Regierung hat in langen Jahren und aufwendigen Prozessen den Auftrag, den das Parlament ihr gegeben hat, aufgearbeitet und, wie ich finde, erfüllt. Sich jetzt hier hinzustellen und zu sagen „Jetzt ergreifen wir demnächst auch einmal eine Initiative“, das finde ich wirklich beachtlich. Das freut mich auch sehr, es klingt vorweihnachtlich und nach Geschenken.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Prof. Sternberg?
Oliver Keymis (GRÜNE): Jetzt schon?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Jetzt schon.
Oliver Keymis (GRÜNE): Na dann!
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.
Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Das finde ich aber sehr freundlich. Vielen Dank, Herr Kollege Keymis, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
(Oliver Keymis [GRÜNE]: Gerne!)
Meine Frage geht dahin: Ist Ihnen bekannt, dass der Entwurf eines Bibliotheksgesetzes aus dem Jahre 2010 sogar noch vorliegt und dass der nur schlafend gestellt worden war, weil dieses Kulturgesetz genau das leisten sollte?
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Kollege Keymis.
Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Sternberg, ich danke für Ihre Frage. Ich sehe ja schon alt aus, aber ich erinnere mich daran. Es ist lange her, und es war nicht schlimm.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich glaube aber ernsthaft, dass Sie seitdem nicht genügend mitvollzogen haben, dass wir mit dem, was wir jetzt gemeinsam diskutieren und was uns die Regierung nach einem langen Arbeitsprozess vorgelegt hat, bewusst versuchen wollten, mehr als nur ein Bibliotheksgesetz zu erarbeiten und mehr zu leisten als das, was Sie mit dem sicher lobenswerten Versuch, an einer Stelle für eine Sparte eine Regelung aufzuschreiben, damals haben vorlegen können.
Insofern kann ich Ihre Frage wie folgt beantworten: Ja, ich nehme gerne zur Kenntnis, dass das so war. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Sie hier eben folgende rhetorische Volte versucht haben. Sie haben versucht – und das ehrt Sie für den Schluss –, Herrn Landmann dafür zu danken und zu loben, dass er seine Arbeit getan hat. Herr Landmann sitzt hier, muss sich aber nicht dazu verhalten; schließlich ist das nicht sein Job als Beamter. Er könnte es aber tun. Denn heute scheidet er aus dem Dienst aus. Im Prinzip ist das also Ihr letzter Arbeitstag.
Das heißt, um Null Uhr ist Schluss. Danach wird er im Bett liegen und zustimmend nicken, wenn er an das denkt, was ich jetzt sage. Ich bin sicher, dass er das tun wird. Denn es kann nicht sein, dass Sie ihn für seine Arbeit loben, ihn aber für das, hinter dem der Mann zu mindestens 99 % steht, in Bausch und Bogen verbannen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dieser Widerspruch, Herr Kollege Sternberg, ist eigentlich nicht hinnehmbar. Ich nehme es Ihnen zwar nicht persönlich übel, aber ich nehme es Ihnen politisch übel, dass Sie diese Volte schlagen und damit im Grunde die wichtigen Zusammenhänge, die das Gesetz enthält – vor allen Dingen das, was in der Begründung über viele Seiten genauestens aufgelistet ist –, sowie die Selbstvergewisserung dessen, was Kulturpolitik in diesem Land bedeutet, einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Stattdessen sagen Sie: Das ist alles Schmarrn, und im Grunde braucht es das nicht, aber toll, dass Sie das so schön gemacht haben, Herr Landmann. – Das nehme ich Ihnen ehrlich gesagt nicht ab.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich bin auch ein bisschen verärgert darüber, weil ich hier jetzt nicht die Zeit habe, alle positiven Seiten des Gesetzes aufzuzählen. Wenn Sie immer nur auf den Punkten herumreiten, die auch in der Regierung strittig waren, und die zwischen dem Finanzminister, dem Innenminister, der Ministerin für Kultur und ihren Expertinnen und Experten diskutiert worden sind, dann ist das natürlich eine Ebene, die Sie als Opposition immer wieder betreten können, aber es reicht nicht aus. Außerdem unterfordern Sie sich damit meiner Ansicht nach selbst intellektuell und werden dem Gesetz, das wir heute hier in zweiter Lesung gemeinsam und mit hoffentlich breiter Mehrheit beschließen werden, nicht gerecht. Vor allen Dingen werden Sie nicht der Leistung gerecht, die hinter den Kulissen, auf die Sie eben so freundlich verwiesen haben, erbracht wurde.
Der Dank meiner Fraktion, aber auch mein persönlicher Dank gilt Ihnen, Herr Landmann, und zwar in aller Ehrlichkeit und ohne irgendwelche Hintergedanken. Sie haben – und zwar federführend – gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen tolle Arbeit geleistet. Die Ministerin hat das, so gut sie konnte, vorneweg unterstützt. Dafür sind wir Ihnen alle sehr dankbar. Denn es ist der ehrenwerte und wirklich gelungene Versuch, die Kulturförderung eines Landes, die in der Form einzigartig in dieser Republik ist, zusammenzufassen und zu sagen, wohin das führt und warum man das politisch überhaupt macht. Das gab es bisher noch nicht. Allein dafür gebührt Ihnen meiner Meinung nach unser aller uneingeschränkter Dank und ein herzlicher Applaus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Von hier aus wünschen wir Ihnen persönlich und politisch alles Gute für die Zukunft und für Ihren weiteren Weg. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihrer Nachfolgerin im Amt.
Ich hoffe außerdem, dass wir, Frau Ministerin, auch in der Kulturabteilung weiterhin so viele interessante und fruchtbare Vorschläge miteinander diskutieren und erarbeiten können, wie Sie sie bisher mit Herrn Landmann an der Spitze vorlegen konnten.
Mit dem Gesetz haben Sie meiner Ansicht nach unseren Auftrag aus dem Antrag erfüllt. Wir sind zwar nicht in allen Punkten mit allem superglücklich – es gibt Dinge, die wir uns auch besser hätten vorstellen können –, wir kennen aber auch die Grenzen solcher Diskussionen.
Ich finde, Herr Kollege Sternberg – das habe ich aus der Anhörung mitgenommen; das ist von fast allen gesagt worden –, das ist ein guter Vorschlag. Wir sind auf einem richtigen Weg. Der Kollege Bialas hat das eben bereits deutlich ausgeführt. Es gab kaum kritische Stimmen, und das wissen Sie auch. Es gab Kritikpunkte, aber es gab kaum grundlegend kritische Stimmen.
Der eigentliche Aufruf war, zu sagen: Jetzt gibt es das Gesetz – sofern es heute beschlossen wird –, und dann beginnt die Arbeit. Dann müssen wir es mit Leben füllen, politische Initiativen ergreifen und uns gemeinsam in diesem Hohen Hause für die Kultur stark machen.
Wenn sich die Mehrheit des Hohen Hauses jetzt gleich genau dafür entscheidet und die Hand hebt, dann freut mich das sehr. Ich finde, es ist ein richtiger Meilenstein in der bundesrepublikanischen Kulturpolitik und für Nordrhein-Westfalen sowieso.
Ich bedanke mich bei allen, die daran mitgearbeitet haben. Wir hatten interessante Diskussionen. Die eigentliche Arbeit beginnt mit dem heutigen Beschluss, und darauf freue ich mich.
Deshalb sage ich Danke an die Ministerin sowie an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Herr Landmann, ich wünsche Ihnen persönlich auch noch einmal alles Gute. Den Fraktionen, insbesondere der SPD-Fraktion, danke ich für eine wirklich gute und über weite Strecken sehr kollegiale Zusammenarbeit.
Ich glaube, wir haben mit dem Gesetzentwurf, den wir gleich beschließen werden, einen Meilenstein gesetzt. Manch einer, zum Beispiel von der „Süddeutschen Zeitung“, mag darüber ein bisschen herummäkeln – das habe ich zumindest gelesen –, aber nicht jeder, der sich kritisch dazu äußert, tut das auf einem wirklich klugen Fundament. In dem Artikel, den ich meine, könnte ich das anhand einiger Punkte nachweisen. Dafür bleibt aber nicht die Zeit. Ich lasse noch 20 Sekunden übrig und bedanke mich bei allen Beteiligten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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