Norwich Rüße: „Wir bekommen mit diesem Gesetz hier in Nordrhein-Westfalen das beste Jagdrecht in Deutschland!“

Gesetzentwurf zum Jagdgesetz

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was Sie, Herr Busen und auch Herr Ortgies, hier geboten haben, war schon starker Tobak. Ich finde, es ist einigermaßen enttäuschend, dass Sie einen Prozess, der so lange angedauert hat, jetzt so darstellen, als ob er nicht demokratisch abgelaufen wäre.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Genauso ist es!)
Es gab vonseiten des Ministeriums einen Beteiligungsprozess, bei dem sich alle relevanten Gruppen sich vorab hinreichend äußern und ihre Ideen einbringen konnten. Dass ein Minister am Ende …
(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der FDP)
– Bitte, drücken Sie sich doch ein, wenn Sie mich etwas fragen möchten.
Herr Busen, ich möchte zuerst auf Folgendes eingehen: Ihr ganzer Vortrag, den Sie eben gehalten haben, war – das ist, finde ich, erschreckend – inhaltlich null. Es war ein reiner Rundumschlag, den Sie hier gemacht haben. Mit dem Gesetzentwurf haben Sie sich überhaupt nicht auseinandergesetzt. Das ist, finde ich, enttäuschend!
(Widerspruch von der FDP)
Ich sage Ihnen: Das liegt an Ihrer Fundamentalopposition. Sie behaupten auch, wir hätten in Deutschland das beste Jagdrecht. Nein, das ist falsch: Wir bekommen mit diesem Gesetz hier in Nordrhein-Westfalen das beste Jagdrecht in Deutschland!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Widerspruch von der CDU und der FDP)
Es ist auch notwendig, dass wir es einführen, weil sich die Welt in den letzten Jahren weiter gedreht hat, weil Tierschutz und ökologische Belange in dieser Gesellschaft inzwischen einen anderen Stellenwert haben. Genau deshalb werden wir jetzt eine verkürzte Liste der jagdbaren Arten bekommen. Genau deshalb werden wir bestimmte Jagdpraktiken, die Sie auch keinem mehr erklären können, abschaffen. Die Baujagd wird rausfliegen. Auch die Totschlagfalle wird rausfliegen. Und das ist auch richtig so!
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir werden auch den Abschuss von Katzen verbieten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Gerade in Bezug auf diesen Punkt verstehe ich überhaupt nicht, wieso Sie und auch der Landesjagdverband sich da total verweigert haben. Wer in diesem Jahr – im Jahr 2014 – darauf beharrt, er dürfe den Abschuss von Katzen noch vollziehen, und meint, er könne das heute noch genauso machen wie in den 30-er Jahren – da war das vielleicht noch üblich –, der liegt völlig daneben und befindet sich nicht mehr auf der Höhe der Zeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Noch eines sage ich Ihnen: Ich kann auch nicht akzeptieren und dulden, dass Sie immer von dem ländlichen Raum sprechen. Ich rede ja auch nicht von den Jägerinnen und Jägern; denn eine Menge Jägerinnen und Jäger haben mir gesagt, dass sie freiwillig schon lange keine Katzen mehr schießen, weil sie nämlich wissen, dass das überhaupt nicht mehr vertretbar ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich würde mich freuen, wenn Sie von der CDU und der FDP sowie auch der Landesjagdverband an dieser Stelle endlich einmal diesen Jägerinnen und Jägern folgen und mit dem Starrsinn, den Sie da an den Tag legen, aufhören würden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Aus meiner Sicht – Herr Busen, Sie haben das eben eindrucksvoll unter Beweis gestellt – ist von Ihnen in der Debatte um ein neues Jagdrecht in den letzten Monaten eine Totalblockade vorgenommen worden. Das geschah selbst an einer Stelle, wo ich dachte, dass Sie das begrüßen würden. Sie müssten es als Jäger begrüßen, einen Schießnachweis einzuführen. Man kann darüber diskutieren, wie oft der stattfinden soll. Ich verstehe nicht, dass Sie das nicht begrüßen. Es geht dabei doch darum, dass jemand mit Waffen hantiert, die eine Tötungswirkung haben. Sie wissen das selbst viel besser als ich. Es geht dabei um öffentliche Sicherheit. Da müssten Sie doch sagen: Jawohl, das ist ein guter Punkt, den unterstützen wir ausdrücklich. – Aber selbst dazu haben Sie auf den Regionalkonferenzen gesagt, es sei alles Quatsch. Ich verstehe es nicht!
(Beifall von den GRÜNEN – Karlheinz Busen [FDP]: Bundesgesetz!)
– Nein, das ist doch Unfug! Das hat doch mit Bundesgesetz nichts zu tun! Herr Busen, ich greife das auf: Ich habe mich erkundigt, dass es kein Problem ist, den Schießnachweis auf Landesebene einzuführen. Wir haben auch im Tierschutzgesetz eine Bestimmung, dass man in ausreichendem Umfang über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen muss, um ein Wirbeltier töten zu dürfen.
Kenntnisse erwirbt man sicherlich durch den Jagdschein – das ist auch gut so –, aber seine Fähigkeiten, das tun zu können, muss man gelegentlich nachweisen. Hin und wieder muss man nachweisen, dass man es kann. Und dazu gehört das sichere Schießen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, mich ärgert Folgendes: Wir haben in diesem Gesetz eine Menge guter Positionen, die das Jagdrecht deutlich nach vorne bringen. Ich nenne beispielsweise den Punkt, die Mindestdauer von Pachten auf fünf Jahre zu reduzieren. Das ist hervorragend, weil es auf beiden Seiten mehr Flexibilität erlaubt. Ich würde Ihnen gerne eine Menge Briefe von Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung stellen, die sich über Wildschäden beklagt haben, die sie nicht ersetzt bekamen. Es ist hervorragend, dass wir die Frist jetzt von einer Woche auf zwei Wochen verlängern, damit sie ihren Anspruch durchsetzen können.
Mit dem Verbissgutachten werden wir endlich die überhöhten Wildbestände im Wald zurückführen können. Dasselbe gilt für den Punkt „Fütterung und Kirrung“. Schon das beweist hinreichend, dass es notwendig war, das Gesetz zu novellieren. Kein Gesetz – auch nicht das bestehende Jagdrecht – ist für alle Ewigkeiten in Stein gemeißelt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist unsere Aufgabe, Gesetze immer wieder an neue gesellschaftliche Erwartungen und neue Normen – der Tierschutz ist vom Minister erwähnt worden – anzupassen. Das machen wir jetzt.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Ich sage Ihnen eines: Wenn wir das Landesjagdrecht so lassen würden, wie es ist, dann würden wir die Jägerschaft in dieser Gesellschaft komplett in eine Sackgasse führen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich bin mir sicher, dass, in zwei oder Jahren – wenn wir diese Debatte, die wir sehr emotional führen, abgeschlossen haben – viele Jäger, wenn wir dann mit ihnen noch einmal darüber diskutieren, sagen werden: Diese Gesetzesnovelle war doch gut und richtig. Viele werden auch sagen: Das war nicht das von Ihnen prophezeite Ende der Jagd, sondern ein guter Neuanfang für die Jagd in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)