Rolf Beu: „Mit ihrem Verhalten gefährdet die Große Koalition in Berlin das Angebot auf den NRW-Schienen.“

Gemeinsamer Antrag zur Finanzierung des ÖPNV

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Rolf Beu (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist das mit Abstand dichtest besiedelte Flächenland in Deutschland. Immer mehr Menschen pendeln, pendeln zur Arbeit, pendeln zum Ausbildungsplatz und tendenziell auf immer weiteren Strecken.
Wie in jedem Ballungsraum gibt es an Rhein und Ruhr zu den Spitzenzeiten Verkehrsprobleme und Staus, trotz oder wegen einer über Jahrzehnte laufenden einseitigen Straßenbaupolitik und einer Politik gegen die Schiene. Die Trendwende muss her, um Verkehr umweltfreundlich zu ermöglichen.
Wir Grüne und die rot-grüne Landesregierung wollen diese Trendwende hin zur umweltfreundlichen nachhaltigen Mobilität. Für nachhaltige Mobilität braucht es einen guten Schienenpersonennahverkehr. Wir brauchen den RRX für Rhein und Ruhr und auf den Außenästen. Wir brauchen die schnellen Verbindungen zwischen den Ober- und Mittelzentren. Wir brauchen die Regionalbahnen, die Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum sind. Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen treibt dies voran. Wir bringen die Schiene in NRW nach vorn. Wir kümmern uns um Bahnhöfe, um den RRX, um neue Verbindungen. NRW muss noch besser werden. Das ist keine Aufgabe, die in ein paar Jahren erledigt ist, aber es ist eine Aufgabe, die lohnt.
Doch für diesen Ausbau der Schiene braucht es Geld, die Regionalisierungsmittel. Mit der Bahnreform Anfang der 1990er-Jahre ging die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr von der Bundesbahn auf die Länder über. Seitdem erhalten die Länder das Geld als Regionalisierungsmittel. Mit diesem Geld wird der Nahverkehr auf den Schienen finanziert. Wichtig dabei ist, die Regionalisierungsmittel sind keine freundliche Wohltat des Bundes an die Länder. Die auskömmliche ÖPNV-Finanzierung ist grundgesetzlich vorgegeben. Es ist die verdammte Pflicht des Bundes, seiner Verantwortung nachzukommen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Beifall von Christof Rasche [FDP])
NRW erhält seit Jahren zu wenig Geld. Vergleicht man den Prozentsatz bei den Regionalisierungsmitteln von 15,8 % mit dem Königsteiner Schlüssel von gut 21 %, dann fließen jedes Jahr knapp 400 Millionen € zu wenig nach NRW.
(Bernhard Schemmer [CDU]: Das ist ein Trauerspiel!)
Diese Ungleichbehandlung ist nicht nur fatal für das Angebot auf der Schiene, es sind auch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen im Verkehrssektor, die NRW entgehen.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schemmer zulassen.
Rolf Beu (GRÜNE): Nein. Danach.
(Jochen Ott [SPD]: Obwohl, der Schemmer könnte es uns erklären!)
Dazu kommt eine viel zu geringe Fortschreibung der Mittel. Ich kann mir die Frage schon vorstellen. Ich gehe nachher auch darauf ein, Herr Schemmer.
Während die Kosten im Schienenverkehr steigen, wachsen die Zuweisungen mit 1,5 % jährlich viel zu gering. Wachsen? Wuchsen, muss man sagen. Denn was ist passiert? Die Länder haben sich auf eine neue Höhe und auf einen Verteilerschlüssel in Kiel Anfang Oktober geeinigt. NRW würde dann statt 15,8 % mittelfristig 19 % der Mittel bekommen. Die Mittel würden erhöht und mit einem höheren Ansatz fortgeschrieben. Das Ergebnis ist – zugegeben – nicht das Optimum für NRW, aber es ist die beste Lösung, die erreichbar sein konnte, eine Lösung, der alle anderen 15 Bundesländer zugestimmt haben. Das heißt, auch der Größte kann sich gegenüber 15 anderen schlecht durchsetzen, auch wenn sich diese letztendlich einig sind, nicht viel Geld abgeben zu wollen.
Dass nun vor allem die CDU in Düsseldorf Herrn Groschek und Rot-Grün dafür angeht, finden wir persönlich nur noch aberwitzig. Mit der Einigung der Länder hatte Finanzminister Schäuble nicht gerechnet, und als Reaktion will er die Frage „Regionalisierungsmittel“ vertagen. Dabei zeigt ein eigenes Gutachten des Bundes, wie wichtig eine Anhebung der Mittel ist.
Das schert Herrn Schäuble und die Bundesregierung aber nicht.
Stattdessen verschärfen Sie den Konflikt noch, indem Sie die Regionalisierungsmittel nicht wie bisher mit 1,5 % fortschreiben wollen, sondern sie werden 2015 komplett eingefroren. Für NRW macht dieser Verzicht auf die Dynamisierung allein einen Verlust von 17,5 Millionen € aus. Das ist angesichts steigender Kosten de facto eine Kürzung bei der Schiene. Leider machen die Haushaltspolitiker der Großen Koalition in Berlin das mit.
(Beifall von den GRÜNEN und der FDP)
Unsere grünen Freunde in Berlin sind klar: Wir haben uns mit offiziellen Anträgen im Bund für höhere Regionalisierungsmittel ausgesprochen. Liebe Kollegen von CDU und SPD, setzen Sie sich dafür ein, dass der Bund umsteuert. Zumindest von der SPD wissen wir Ihren Sermon.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn mit ihrem Verhalten gefährdet die Große Koalition in Berlin das Angebot auf den NRW-Schienen. Geht das so weiter, kommt es nicht zum für den umweltfreundlichen Verkehr notwendigen Ausbau der Schienen, sondern zu Angebotsverschlechterungen und Angebotskürzungen. Dann kommen weniger Züge, und dann kommen vollere Züge. Anstatt Zeit mit der Pkw-Maut von Herrn Dobrindt zu vergeuden, sollte sich Berlin tatsächlich diesem Projekt widmen.
(Beifall von den GRÜNEN und der FDP)
Mit dem vorliegenden Antrag machen wir klar und deutlich: Wir wollen mehr Regionalisierungsmittel, eine höhere Dynamisierung, einen höheren NRW-Anteil. Nur so kann die umweltfreundliche Verkehrswende gelingen. Die Schiene ist wichtig für die Stadt. Die Schiene ist wichtig für das Land. Die Schiene ist wichtig für NRW.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD, der CDU und der FDP)

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