Sigrid Beer: „Wir haben also keine Phantomstellen mehr, sondern jetzt sind die Menschen da, wo sie hingehören, nämlich in der Schule“

Landeshaushalt 2015: Schule

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da kann ich gleich wunderbar anschließen. Frau Kollegin Gebauer, ich finde es schon ein bisschen bedauerlich, dass Sie zum Beispiel bei der Frage der Form von Stellen Anrechnungsstunden nicht von normalen Lehrerstellen unterscheiden und viele andere Dinge einfach so kundtun, ohne damit die Tiefe im Haushalt darzustellen. Aber darauf komme ich bei den Ausführungen gleich genauer zurück.
Ich bin Anfang der Woche wieder mal durch Ihre Kollegen angenehm berührt gewesen. Da haben sich nämlich zwei Sekundärtugendbolde zu Wort gemeldet, Kollege Witzel und Kollege Wüst, beide jetzt nicht mehr hier, um zuzuhören. Sie haben gefordert, in der Schule und überhaupt sollten mehr Sekundärtugenden aufgerufen werden. Sie wissen alle, dazu gehören Bescheidenheit, Fleiß, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Ordnungssinn und Genauigkeit. Da habe ich mich gefragt, was gerade die beiden Herren, die in der schwarz-gelben Regierungszeit von 2005 bis 2010 Verantwortung gehabt haben, zusammen mit Herrn Laschet, mit Herrn Lindner und anderen, für Beiträge in Sachen Wahrheit, Aufrichtigkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit hier geleistet haben – gerade in Bezug auf die Haushaltszahlen im Schulbereich.
Dazu will ich ausführen. Wie war das? Vor der Öffentlichkeit verborgen wurden Stellen, die für individuelle Förderung und Brennpunktschulen vorgesehen waren, für die Grundversorgung genutzt, um Haushaltslöcher zu stopfen und zu kaschieren. Wissen das eigentlich alle Beteiligten noch? Das waren allein 1.000 Stellen, die im Haushalt nicht mit Geld hinterlegt waren.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das waren 188 Stellen, die dem gemeinsamen Unterricht nicht zugutegekommen sind. Das waren die 250 Referendare, die noch vor der Tür gestanden hätten, wenn es nicht den Regierungswechsel gegeben hätte. Das war das Geld von der Bundesebene – Kita –, was hier im Haushalt verbucht, aber nicht an die Träger weitergeleitet worden ist.

So viel zum Thema „Wahrheit, Zuverlässigkeit und Haushaltsklarheit“!
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist ein Hohn, wenn die Verantwortlichen der schwarz-gelben Regierung dann hier verantwortlich über Haushaltspolitik schwadronieren wollen.
Die Absetzungsstellen, sehr geehrte Frau Kollegin Gebauer, sind genau die Weiterführung aus den Haushaltszeiten von Schwarz-Gelb. Dann hier so eine Verschwiemelung hinzukriegen und zu postulieren, jetzt würden den Schulen Lehrerstellen entzogen, ist auch eine Leistung, hier wieder falsche Rede zu führen. Diese Scheinheiligkeit, die an verschiedenen Stellen in der Haushaltsdebatte auftaucht, sollten wir uns doch alle zusammen verkneifen.
Herr Optendrenk hat ja zu der Zeit im Finanzministerium gesessen. War das eigentlich das Tal der Ahnungslosen? Haben die mit der Sache gar nichts zu tun gehabt, was diese Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit angeht?
Ich will daran erinnern, dass wir 2011 die Kraftanstrengung gemacht haben, über 2.000 Stellen in den Schulhaushalt hineinzubringen, um genau diese schwarz-gelben Haushaltslöcher zu stopfen und das zu kompensieren. Das ist das Erste gewesen.
Das Zweite ist, dass wir zuverlässig in der Tat 9.500 Stellen – ich erinnere an die Kleine Anfrage von Herrn Weisbrich damals – jetzt ganz genau so eingehalten haben und bis 2015 auch verausgaben. Das kann jeder in den Plänen nachlesen.
Das ist die Leistung von Rot-Grün. Das ist Zuverlässigkeit. Das ist wahrhaftig, was wir da gemacht haben, und es ist transparent. Es gibt keine schwarzen Löcher mehr im Haushalt im Bereich des Einzelplans 05. Das haben wir auf den Weg gebracht.
Wir haben also keine Phantomstellen mehr, sondern jetzt sind die Menschen da, wo sie hingehören, nämlich in der Schule.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zu diesen 9.500 Stellen und den weiteren Effekten gehört auch, Frau Kollegin Gebauer: Die Stellen sind doch nicht weggefallen. Wir haben 500 in das Übergangssystem Schule und Beruf gegeben. Wir haben Stellen hineingegeben, weil wir die zu frühe Einschulung gestoppt haben und weil die Kinder nicht zwangsweise mit fünf Jahren in die Grundschule gebracht werden sollten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auch das ist in diesem Land begrüßt worden. Da haben wir investiert.
Noch eine kleine Erinnerung: Der wunderbare Haushaltsantrag 2011 der CDU, 2.000 Lehrerstellen gleich wieder zu streichen, korrespondiert ja dann auch noch damit, dass Sie schon 10.000 Stellen aus der mittelfristigen Finanzplanung herausgestrichen hatten. Und dann schwingen Sie sich hier auf, auch der Kollege Kaiser – aber dessen Sekundärtugenden sind in Ordnung, denn er hat sich entschuldigt, weil er eine Besuchergruppe hat. Auch da war es so, dass diese Stellen gefehlt hätten.
Dann sagen Sie jetzt hier, im Bildungsmonitor hängen wir aber ganz weit unten. Wo wären wir denn, wenn diese 2.000 Stellen nicht nachfinanziert worden wären und dann die 10.000 Stellen aus der mittelfristigen Finanzplanung nicht zum Zuge gekommen wären? Wo wären wir dann?
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann wären wir absolut im Keller.
Also: Keine Schönrechnerei, sondern Klarlegen dessen, was wir gemacht haben und was wir kontinuierlich weiterführen!
Wir haben die versprochene Absenkung der Klassenfrequenzrichtwerte nicht nur im Grundschulbereich gemacht. Da sind wir jetzt tatsächlich in diesem Aufbaujahr schon bei dem Wert von 22,5. Das ist genau die Vereinbarung im Schulkonsens. Auf der Strecke sind jetzt schon 1.700 Stellen zusätzlich in die Grundschule gekommen. Wollen Sie das eigentlich negieren? Haben Sie die Augen geschlossen? Haben Sie in der ganzen Zeit die Ohren verschlossen? Das ist auf dem Papier. Das ist in den Schulen.
Wir haben schon eine Schüler-Lehrer-Relation unter 22. Das ist eine Leistung, die wir erbracht haben. Wir haben das Ganze jetzt auch so hingekriegt, dass viel mehr kleine Grundschulen im Land auch Bestand haben. Darüber sind Eltern und Kinder froh.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das machen wir jetzt nicht nur im Bereich der weiterführenden Schulen auch so weiter. Wir haben auch die Schulleitungsentlastung weitergeführt. Wir haben die Stellen im Bereich Inklusion weitergeführt.
Das finde ich wirklich auch empörend. Schwarz-Gelb hat nichts gemacht zum Thema „Ausbildung von Sonderpädagogen“, hat nichts gemacht zum Thema „Fortbildung“. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit 2009 gültig. Auch in der Vorbereitung ist nichts passiert.
Wir haben in die Studienplätze investiert. Wir haben ein Ausbildungssystem auf den Weg gebracht. Bei Ihnen ist das eine Schwarze-Null-Nummer gewesen. Das muss man doch deutlich sagen. Also, jetzt zu sagen, da passiert nichts, ist falsch. Ich erinnere daran: Über 1 Milliarde € geht bis 2017 in diesen Bereich hinein. Dann zu sagen, das sei unterfinanziert und wir würden uns da nicht anstrengen, ist wirklich schon eine dreiste Behauptung.
Ich will ganz zum Schluss noch darauf hinweisen, was mir jetzt wirklich auch noch wichtig ist, dass wir für den Bereich der offenen Ganztagsschule hier auch investieren, dass wir die Flüchtlingsaufnahmen unterstützen und für die Integration sorgen, damit jedes Kind hier so schnell wie möglich Deutsch lernt. Das ist den Eltern wichtig, die hier angekommen sind, um das Schreckliche zu vergessen und eine neue Heimat zu finden. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)