Reiner Priggen: „Das ist nicht schön, aber das muss sein.“

Gesetzentwurf von SPD und GRÜNE zur Erhöhung der Grunderwerbssteuer

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Reiner Priggen (GRÜNE): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Fraktionen von SPD und Grünen beantragen mit dem Gesetzentwurf die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zum 1. Januar 2015 um 1,5 % Prozentpunkte auf 6,5 %. Das ist nicht schön, aber das muss sein.
Die Entscheidung über fast alle Steuern liegt bei der Bundesregierung und nicht beim Land. Das Land muss aber die notwendigen Mittel aufbringen, um die Aufgaben erfüllen zu können, die zum Teil der Bund vorgibt. Die Grunderwerbsteuer ist die einzige Steuer, die erhebliche Beiträge bringt. Es gibt kleine wie Sektsteuer, Biersteuer oder anderes. Aber nur die Grunderwerbsteuer bringt erhebliche Erträge und liegt in der Zuständigkeit der Länder. Wir erwarten für 2015 Mehreinnahmen von 400 Millionen €.
In der Verfassung der Bundesrepublik steht seit 2009 die Schuldenbremse. Die gilt auch für Nordrhein-Westfalen. Sie schreibt vor, dass für uns ab 2020 das Verbot der Aufnahme von neuen Schulden existiert.
(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])
Deswegen müssen wir die Möglichkeit zur Steigerung der Einnahmen nutzen. Das haben wir auch gesagt, und das machen wir an dieser Stelle.
Es gibt Kritik aus zwei Gründen: zwei Erhöhungen in vier Jahren und ausgerechnet von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen.
Das ist eine billige Kritik; Kollege Römer hat es eben schon angesprochen. Aber wenn man die Länder durchgeht, muss man einfach konstatieren, dass die Länder – egal, wer die Landesregierung stellt – die Grunderwerbsteuererhöhung nutzen müssen, weil sie alle den gleichen Haushaltsmechanismen unterliegen.
(Zuruf von der CDU: Bayern!)
– Ja, ich sage Ihnen etwas zu Bayern. Ich komme aber zur CDU und zur FDP, damit Sie sich nicht immer wieder den gleichen schlanken Fuß machen können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
In Berlin ist die Grunderwerbsteuer zum 1. April 2012 auf 5 % und von der Großen Koalition zum 1. Januar 2014 auf 6,0 % erhöht worden. Da waren die Kollegen von der CDU beteiligt.
In Hessen ist sie am 1. Januar 2013 von Schwarz-Gelb auf 5,0 % und am 1. August 2014 von Schwarz-Grün auf 6,0 % erhöht worden. Dann kam die bemerkenswerte Volte der FDP, die bei der nächsten Erhöhung den Antrag gestellt hat, den Steuersatz wieder abzusenken und ihre eigene Erhöhung zurückzunehmen, man habe sich geirrt. So viel zur Seriosität der FDP: je nachdem, wie es passt und wo man steht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Marc Herter [SPD]: Es kommt darauf an, ob man gerade in der Regierung oder in der Opposition ist! – Christian Lindner [FDP]: Man muss Kompromisse machen!)
– Ja, wunderbar. Wenn man in der Regierung ist, sagt Herr Lindner, muss man Kompromisse machen. Insofern wüssten wir auch, wie die FDP hier reagieren würde, wenn sie in der Regierung wäre.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So ist das!)
Kommen wir zum Kollegen Kubicki, wenn wir schon bei der FDP sind. 1. Januar 2012 Schleswig-Holstein Schwarz-Gelb: Erhöhung um 1,5 Prozentpunkte auf 5,0.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Gegenruf von Sigrid Beer [GRÜNE])
– Ich würde das gerne mitkriegen. Das ist immer spannend, wenn Herr Lindner Zwischenrufe macht.
(Zuruf von Ministerin Sylvia Löhrmann)
– Ach so. WE: Anmeldung einer Kundgebung, 40 Personen werden erwartet, keine Störungen, Demonstration der FDP gegen die Grunderwerbsteuer hier vor der Tür. Das Foto ist aber im Kasten. Insofern wird die Medienarbeit klappen. Das ist Ihr professioneller Job; das sei Ihnen zugestanden.
(Heiterkeit von den GRÜNEN und der SPD)
Also: Schleswig-Holstein, Kollege Kubicki, Erhöhung auf 5,0 % am 1. Januar 2012 und 1. Januar 2014 6,5 % Rot-Grün.
Das heißt, Sie sehen, 6,0 oder 6,5. Und auch wir müssen diese Möglichkeit nutzen. Anders kriegen wir keine fallende Linie in der Neuverschuldung hin, um die vielen Aufgaben, die notwendig und nicht Luxus sind, zu erledigen. Wenn der Bund, was wir anerkennen, im Bereich Hochschulen zusätzliche Mittel zur Verfügung stellt und wir die Mittel wegen der großen Jahrgänge in den Hochschulen brauchen, müssen wir sie mit 50 % kofinanzieren. Das müssen wir organisieren. Es gibt viele Aufgaben in der Art.
(Zurufe von der CDU)
Insofern ist eine zweite Erhöhung um 1,5 Prozentpunkte in vier Jahren, wie gesagt, nicht schön, aber notwendig.
Ein kleiner Blick über die Nachbargrenzen, weil mich das im Rahmen dieser Debatte interessiert hat. Ich lebe in Aachen. Die Belgier haben eine Grunderwerbsteuer von 10,0 bis 12,5 % – je nachdem, ob man Flandern oder Wallonien betrachtet. Die Niederlande haben 6 % und Luxemburg 7 %, das ganz unten im Süden fast ein Nachbarland für uns ist, und in Luxemburg-Stadt 10 %. Das heißt, unsere Marke ist nicht so exorbitant hoch, dass sie außergewöhnlich wäre.
(Zurufe von der CDU)
Ich habe in den letzten 30 Jahren selber mehrfach Eigentum für die Familie erworben. Es ärgert einen – das will ich nicht bestreiten – etwas bezahlen zu müssen, so wie einen Maklergebühren und Notarkosten ärgern. Objektiv müssen Sie es aber einkalkulieren. Die Zinssituation ist sehr günstig, sodass einen die Erhöhung der Grunderwerbsteuer nicht am Erwerb hindert. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass wir wie die anderen Länder die Möglichkeit nutzen müssen.
Vielleicht eine letzte Anmerkung: Sachsen hat nicht erhöht, sondern hat seine 3,5 % immer gehalten. Aber wenn Sachsen kein Geld mehr von unseren Kommunen aus Nordrhein-Westfalen kriegt, werden sie dieses Instrument auch nutzen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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