Monika Düker: „Diese Notversorgung stellt eine Diskriminierung dar und ist menschenrechtlich hoch problematisch.“

Antrag der Piraten zur anonymen Krankenkarte für Flüchtlinge

###NEWS_VIDEO_1###
Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundlage für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen bei uns in Deutschland sind nicht die Ansprüche, die wir haben, wenn wir krank sind, sondern § 4 Asylbewerberleistungsgesetz. Dort heißt es in Abs. 1:
„Zur Behandlung“
– und darauf kommt es an –
„akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln … zu gewähren.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Kruse, Sie haben gesagt, auch die CDU setze sich für eine angemessene medizinische Versorgung von Flüchtlingen ein. Dies ist aus Sicht der Grünen keine angemessene Versorgung von Flüchtlingen. Denn hier wird nur eine Notversorgung gewährleistet, und in der Tat könnte auch ich Beispiele aus meinem Wahlkreis nennen, in denen seitens des Sozialamtes abgelehnt wurde, Erkrankungen zu behandeln, was aus meiner Sicht absolut nicht geht.
Das heißt, diese Notversorgung ist aus unserer Sicht nicht nur europarechtlich nicht mehr kompatibel – auch auf europäische Ebene gibt es große Bedenken –, sondern stellt eine Diskriminierung dar und ist menschenrechtlich hoch problematisch. Hierauf gibt es nur eine Antwort, liebe Kolleginnen und Kollegen – Herr Kollege Stotko hat es schon gesagt –: Dieses Asylbewerberleistungsgesetz brauchen wir nicht. Es gehört abgeschafft, und dafür setzt sich Rot-Grün auch auf Bundesebene eine.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Herrmann, Sie haben einen Antrag von Rot-Grün aus Niedersachsen teilweise sehr schön abgeschrieben. Die Inhalte sind zwar richtig, aber ich denke, wir sind in Nordrhein-Westfalen eigentlich weiter. <
Wir brauchen alle diese Prüfaufträge hier nicht; schauen Sie sich doch einmal im Land um. Sie sprechen ja drei Punkte an.
Erster Punkt: Bei uns sind Kommunen beispielhaft auf einem guten Weg. In Münster sollen im Rahmen von Bündnisverhandlungen der neuen Ratsmehrheit Verhandlungen über genau ein solches Bremer Modell mit der örtlichen Krankenkasse geführt werden. In der Tat kann so etwas in einem Flächenland nur örtlich geschehen. Wie ich vom Kollegen Stamp hörte, werden auch in Bonn Gespräche geführt. Genau dahin gehört das auch. Die Kommunen haben sich auf den Weg gemacht. Deshalb muss das Land nicht mehr aufgefordert werden, zu prüfen, ob das geht. Die Kommunen machen es längst. Insofern sind wir auf einem guten Weg. Ich hoffe, dass dabei bald auch Ergebnisse herauskommen, die wir dann ins Land bringen können.
Zweiter Punkt: Beim anonymen Krankenschein gilt für mich genau das Gleiche wie beim ersten Punkt. Ein Modellversuch wäre hilfreich. Das könnte man einmal ausprobieren. Da sehe ich die Städte und die Kommunen ebenfalls in der Verantwortung. Ich glaube auch, dass es da eine hohe Bereitschaft gibt.
Dritter Punkt: In Ihrem Antrag sprechen Sie auch den wichtigen Punkt der Übermittlungspflichten an. Humanitäre Hilfen für illegale Flüchtlinge werden rechtlich mit Schleusertätigkeiten und anderen Taten gleichgesetzt. Das heißt, dass eine Kriminalisierung der Helfer erfolgt. – Herr Kruse, hören Sie zu; das ist schon ein wichtiger Punkt. – Wenn ein Arzt einem schwerkranken Menschen ohne Papiere hilft, ihn vielleicht sogar vor dem Tod bewahrt, ihm Nothilfe leistet, was auch immer, steht dieser Arzt in Deutschland mit einem halben Bein im Gefängnis. Das kann nicht sein, finde ich. Die Ärzte fordern seit Langem, dass diese Hilfen, zu denen sie sich nach ihrem hippokratischen Eid auch verpflichtet sehen, nicht kriminalisiert werden dürfen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deswegen ist das ein ganz wichtiger Punkt. Das muss im Aufenthaltsgesetz dringendst gelöst werden.
Zusammenfassend bedeutet das: Selbstverständlich sind die Dinge, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen, alle richtig. Wir brauchen hier eine bessere medizinische Versorgung. Deswegen setzen wir uns weiter für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes ein. Die Flüchtlinge müssen ins System des SGB II überführt werden. Dann bekommen sie auch eine anständige gesundheitliche Versorgung.
Solange wir das nicht haben, unterstützen wir und sicherlich auch die Landesregierung – davon gehe ich aus; Herr Jäger wird das aber wahrscheinlich gleich selber sagen; ich will dem nicht vorweggreifen, Herr Minister –
(Minister Ralf Jäger: Das dürfen Sie ruhig, Frau Abgeordnete!)
diese kommunalen Initiativen. Insofern brauchen wir hier keine Prüfaufträge mehr; denn wir haben uns da schon auf den Weg gemacht. – Schönen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)