FAQ zur Delfin-Haltung

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Wie viele Delfine werden derzeit in deutschen Zoos gehalten?

In Deutschland gibt es zwei Delfinarien – eines in Duisburg, eines in Nürnberg. Bis vor Kurzem hatte das Duisburger Delfinarium noch neun Tiere, inzwischen wurden zwei Delfine nach Nürnberg abgegeben. D.h., in Nürnberg gibt es zehn, in Duisburg sieben. Münster hat 2013 von sich aus geschlossen und die Tiere nach Harderwijk (NL) abgegeben. Laut Zoodirektor Adler gibt es keine Besuchereinbrüche durch den Wegfall der Delfine.

Unsere Haltung

Um es ganz am Anfang deutlich zu sagen: Unsere Position, die Position der Grünen Landtagsfraktion und auch die Position der Grünen Bundestagsfraktion und Bundespartei ist klar: Wir wollen die Haltung von Delfinen in Zoos beenden und das haben wir zuletzt im September 2014 im Deutschen Bundestag beantragt.

Bereits 2008 hatte die Grüne Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Die Gefangenschaft von Delfinen unverzüglich beenden“ in den Bundestag eingebracht und damit eine breit geführte öffentliche Diskussion losgetreten. Der Antrag wurde leider von der Großen Koalition abgelehnt, aber als Reaktion darauf haben CDU und SPD 2009 einen Entschließungsantrag beschlossen, der die Bundesregierung aufforderte, die Haltungsbedingungen von Delfinen zu überarbeiten. Sie haben also explizit diese Tierart herausgegriffen mit dem Ziel, die Haltungsbedingungen für Delfine wissenschaftlich zu überarbeiten. Daraus wurde eine komplette Überarbeitung der Mindestanforderungen für alle Tierarten in unseren Zoos, der insgesamt drei Jahre andauerte.

Letztlich durch eine Grüne Initiative konnten wir also erreichen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium in einem mehrjährigen Sachverständigenprozess das „Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“, das sogenannte Säugetiergutachten, novelliert hat.

Was ist das Säugetiergutachten?

Es ist eine Regelung über die Mindestanforderungen zur Haltung von Tieren in Zoos. Dieses Gutachten wird durch Vertreter des Bundesministeriums und der Zooverbände, aber auch durch Beteiligung von Tierschutzvertretern erarbeitet. Auch wenn es nicht den Rang einer Rechtsverordnung hat, anders als zum Beispiel in der Schweiz oder in Österreich, gilt es als Leitlinie für Behörden, und auch vor Gericht wird dieses Gutachten oft als Sachverständigengutachten verwendet. 

Was sagt das Gutachten?

Das Ergebnis der Überarbeitung aus dem Mai 2014 sind tatsächlich zahlreiche Verbesserungen der Haltungsbedingungen für Tierarten in unseren Zoos. Es führt dazu, dass Zoos ihre Anlagen tiergerechter umbauen müssen oder, wie ganz aktuell in einigen unserer Zoos der Fall, Tiere abgegeben werden müssen, weil vor Ort nicht die erforderlichen Mindeststandards erfüllt werden können. Das ist eine riesige Aufgabe für unsere Zoos, die damit die Haltungsbedingungen vieler Tiere verbessern.

Was sagt es zu Delfinen?

Die Sachverständigen konnten sich nicht bei allen Tierarten einigen. Diese Dissense werden in einem Differenzprotokoll festgehalten. Den wohl grundsätzlichsten Dissens gibt es bei den Delfinen. Bei den Haltungsbedingungen für Delfine wurde tatsächlich nichts geändert, obwohl die Delfine eigentlich der Ausgangspunkt für die Novellierung des gesamten Gutachtens waren.

Was hat die Anhörung im Landtag NRW gebracht?

Die Vertreter der Zoos argumentieren, dass es keine Veränderungen bräuchte, weil alles in Ordnung sei. Dagegen werden von Tierschutzseite zahlreiche ernstzunehmende und international anerkannte wissenschaftliche Publikationen angeführt. Auch andere Europäische Länder haben den Schluss gezogen, ihre Delfinarien zu schließen.

Wir sind der Auffassung, dass auch die Bundesrepublik diesen Weg gehen sollte.

Deswegen haben wir zur Klärung dieser Fragen zuerst ein Sachverständigengespräch im Ausschuss durchgesetzt, aus dem dann eine Anhörung geworden ist. Unsere Sachverständigen bei der Anhörung waren der Meeresbiologe Dr. Karsten Brensing und der Tierschutzjurist Dr. Christoph Maisack.
Dr. Karsten Brensing ist vielen bekannt als Autor und Experte für Meeressäuger. Er kommt in seiner Stellungnahme zu dem Schluss, dass die Haltung von Delfinen unter den Bedingungen des Säugetiergutachtens nicht artgerecht sein kann, weil die Tiere ihr komplexes Sozialverhalten nicht ausleben können. Zu diesem Schluss kommt er vor dem Hintergrund langjähriger Forschungsarbeit mit diesen Tieren.
Dr. Christoph Maisack stellt in seiner Stellungnahme fest, dass es einen wissenschaftlichen Dissens zur artgerechten Haltung von Delfinen gibt, der auch in dem Differenzprotokoll zum Säugetiergutachten deutlich wird.

Wie geht es weiter?

Wir werden in der Oktober-Sitzung des Umweltausschusses und im darauf folgenden Plenum über einen Antrag der Piraten beraten, der die Landesregierung dazu auffordert, das Delfinarium in Duisburg zu schließen. Hier muss man ganz genau hinsehen: Die Piraten suggerieren, die Landesregierung hätte die Möglichkeit, die Haltung von Delfinen zu verbieten und das Delfinarium damit zu schließen. Doch auf Landesebene ist es nicht möglich, per Beschluss die Haltung einer bestimmten Tierart in Zoos zu untersagen. Die Regeln für die Haltung von Tieren in Zoos werden auf Bundesebene durch das so genannte Säugetiergutachten getroffen. Wir  haben durch den §68 des Landschaftsgesetzes die Verpflichtung, dass, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die gegen die Haltungsbedingungen einer Tierart sprechen, wir entsprechend handeln müssen und den Zoos entsprechende Anordnungen machen können, also dem Ministerium als Aufsichtsbehörde.
Bei dem Säugetiergutachten handelt es sich jedoch um ein „antizipiertes“ (d.h. vorweggenommenes) Sachverständigengutachten. Solche Gutachten bilden normalerweise die Grundlage für verwaltungsrechtliche Anordnungen.
Deswegen ist es umso wichtiger, dass diese Mindestanforderungen in einem wissenschaftlich sauberen Verfahren erarbeitet werden. In einer Stellungnahme haben die Tierschutzsachverständigen darauf hingewiesen, dass sie nicht alle erforderlichen Grundlagen für eine Beurteilung über die artgerechte Haltungen von Delfinen erhalten hätten. Unser Umweltminister Johannes Remmel hat deshalb in einem Brief an den zuständigen Bundesminister dazu aufgefordert, dem offenkundigen Nachbesserungsbedarf beim Säugetiergutachten nachzukommen.

Links:

Säugetiergutachten Protokoll der Anhörung Stellungnahme Martin-Sebastian Abel Stellungnahme Dr. Karsten Brensing Stellungnahme Tierschutzsachverständige