Sigrid Beer: „Wir GRÜNE veröffentlichen jedes Jahr in Euro und Cent unsere Jahreseinkommen und wo Nebentätigkeiten sind und wie diese ausgewiesen werden.“

Gemeinsamer Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ist es mir erlaubt, am Anfang etwas zu den Plastikleibchen zu sagen, die sich die Kolleginnen und Kollegen der Piratenfraktion übergezogen haben.
(Stephan Gatter [SPD]: Jute statt Plastik!)
Ich habe das Gefühl, dass dadurch die Transpirationsquote hier im Saal erhöht, aber nicht der Erkenntnisgewinn gefördert wird.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU)
Daher denke ich, dass das kein zielführender Beitrag zur Debatte über die Transparenz von Nebentätigkeiten ist. Wir haben andere Methoden, um uns miteinander auszutauschen. Das scheint eine relativ hilflose Reaktion darauf zu sein, dass wir hier gemeinsam einen Gesetzentwurf vorgelegt haben.
Ja, es hat uns ein bisschen Geduld abverlangt, bis dieses Papier vorlag und der Gesetzentwurf eingebracht werden konnte. Allerdings hat sich dieser Prozess aus Sicht der grünen Fraktion gelohnt. Denn wir sind hier anders verfahren als im Deutschen Bundestag. Dort haben sich die regierungstragenden Fraktionen etwas überlegt, und das bekam die Opposition dann übergestülpt.
So sind wir hier nicht verfahren. Vielmehr haben wir uns diesem intensiven Prozess, der sehr viele Detailfragen beinhaltet, gemeinsam gestellt, und das macht die Qualität dieses Gesetzentwurfs jetzt auch aus. Denn die meisten Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses erachten es als ihre Pflicht, sich so zu verhalten. Das ist das Votum der Kolleginnen und Kollegen, und das ist meiner Meinung nach ein wichtiges Signal für die Bürgerinnen und Bürger, wie viel uns an Transparenz liegt, wie differenziert wir dieses Thema behandelt haben und dass wir diesen Auftrag verstanden haben, das Thema „Nebentätigkeiten“ offenzulegen.
Dabei haben wir auch die Besonderheiten des Landtags Nordrhein-Westfalen beachtet. Denn unser Parlament – auch das ist in der Anhörung sehr deutlich geworden – ist anders konstituiert. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, dass die Kolleginnen und Kollegen in der Regel zehn Jahre Mandatsträger und Mandatsträgerinnen sind. Das heißt, es gibt ein Leben vor dem Parlament, und es gibt ein Leben nach dem Parlament. Insofern muss es möglich sein, eine Berufstätigkeit wieder aufzunehmen, und für einige Berufe ist es sogar notwendig, diese während der Abgeordnetentätigkeit zu praktizieren.
Auch der von den Piraten eingeladene Sachverständige Hans Herbert von Arnim hat noch einmal betont, dass es verfassungsmäßig geboten sei, auch Nebentätigkeiten zuzulassen, und dass es unverfassungsmäßig wäre, sie komplett zu untersagen. Dabei ist ganz klar, dass das Mandat im Zentrum der Tätigkeiten steht und dass für alle Bürgerinnen und Bürger abzulesen sein muss, vor allen Dingen keine interessengeleiteten Aktivitäten über Nebentätigkeiten verbunden werden können. Deswegen haben wir zwei Säulen eingezogen.
Wir von der grünen Fraktion machen das schon seit zehn Jahren, seit dem wir das neue Abgeordnetengesetz in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht haben, und veröffentlichen jedes Jahr in Euro und Cent unsere Jahreseinkommen und wo Nebentätigkeiten sind und wie diese ausgewiesen werden.
Wir haben hier ein Stufenmodell gewählt, das sehr große Transparenz schafft und sich für alle Bürgerinnen und Bürger einordnen lässt. Denn wir haben alleine sieben Stufen bis zur Summe von 30.000 €, die den Jahresbetrag oder Monatsbetrag deutlich machen. Darüber hinaus geht es in 30.000er-Stufen immer weiter.
Das ist der große Unterschied zu der Bundestagsregelung. Da gibt es irgendwo die Grenze bei 250.000 € Einnahmen an Nebenverdiensten, und dann ist das nach oben offen, und keiner weiß mehr, welcher Betrag es denn ist: 250.000 plus 1 €, oder kommen da noch einmal 250.000 € hinzu. Nein, wir veröffentlichen konsequent immer in 30.000er-Schritten.
Bei den besonders interessanten Dingen – da, wo Gutachten angefertigt werden, da wo es um Vorträge geht, das, was Aufsehen erregt hat; wir erinnern uns im Vorfeld der Bundestagswahl an solche Vortragstätigkeiten – sind alle Abgeordneten in Zukunft verpflichtet und nehmen es selbst als ihre Pflicht wahr, auf Euro und Cent zu veröffentlichen. Das ist eine gute Variante, die wir hier miteinander gefunden haben. Es ist wichtig, dass das von allen so getragen wird.
Wir gehen gemeinsam in eine Anhörung hinein. Dabei wird man noch einmal sehr deutlich machen, dass diese Regelung kein zahnloser Tiger ist, weil, wenn Abgeordnete dieser Pflicht nachkommen und die Pflichtverletzung nachgewiesen wird, die Präsidentin die Möglichkeit hat, ein Ordnungsgeld in Höhe bis zu einer halben Jahresdiät zu verhängen. Das wird natürlich im Einzelfall sehr intensiv geprüft.
Ich entnehme der heutigen Debatte und dem, was hier im „Kasperle Theater“ vorgeführt wird, dass wir uns in der Anhörung auch über Verhaltensregeln für Abgeordnete in diesem Haus unterhalten sollten, damit wir uns dann über die Würde des Hauses, das Umgehen miteinander und gezielte Provokationen unterhalten. Das nehme ich als Aufgabe mit in die Anhörung.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der CDU – Zuruf von den PIRATEN)