Andrea Asch: „Wir haben unzählige Gespräche geführt mit Erzieherinnen und Erziehern, mit allen Akteuren, die in diesem Feld beteiligt sind. Wir haben gut zugehört.“

Gesetzenentwurf zur Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz)

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Andrea Asch (GRÜNE): Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Liebe Besucherinnen! Herr Tenhumberg, Ihr Vortrag hat mich an eine Situation erinnert, die wir vor ungefähr drei Wochen in Dortmund hatten. Dort gab es eine Diskussion anlässlich des Kitaleitungskongresses. Es waren mehrere Hundert Kitaleiterinnen und -leiter im Saal. Dort haben Sie ähnlich vorgetragen. Herr Tenhumberg, Sie erinnern sich gut, was Sie geerntet haben: Sie haben höhnisches Gelächter bei den Kitaleitungen geerntet.
(Beifall von der SPD)
Wir wissen natürlich, dass Sie sich in einer schwierigen Situation befinden. Sie tragen die Verantwortung für das grundlegende Gesetz, und gleichzeitig bemühen Sie sich jetzt krampfhaft, uns bei unseren notwendigen Reformschritten irgendwie am Zeug zu flicken. Heraus kommt eine völlig übertriebene, aufgeplusterte Fundamentalkritik, die wir eben gehört haben. Das ist einfach nicht ernst zu nehmen; das ist keine seriöse Oppositionsarbeit, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nicht ernst zu nehmen sind auch Ihre Anträge, die Sie hier vorgelegt haben. Wir waren ja alle gespannt. Ich kann mich erinnern: Bei der Einbringung habe ich – und das haben auch Kolleginnen und Kollegen wie Britta Altenkamp und Herr Jörg getan – meine Rede mit der Spannung darauf beendet, wie Sie denn, wenn Sie das so kritisch sehen, was wir hier an Reformschritten unternehmen, Ihre Kritik in Veränderungsanträge einmünden lassen.
Und was finden wir vor? Was mussten wir im Ausschuss entgegennehmen? Diese Anträge haben den Charakter von „Wünsch dir was“-Politik: Wir wollen die Kitas schöner und besser haben. – Sie haben keine konkrete Maßnahme vorgeschlagen geschweige denn, dass Sie in irgendeiner Form beziffert hätten, wie Sie denn das, was Sie alles schöner und besser machen wollen, bezahlen wollen. Das ist nicht nur unseriöse Oppositionspolitik, das ist zutiefst unseriöse Haushaltspolitik, meine Damen und Herren.
(Beifall von der SPD)
Sie haben weder eine Kostenkalkulation für das, was Sie blumig beschreiben, noch haben Sie Deckungsvorschläge. In den Haushaltsdiskussionen, die Sie unter den Finanzpolitikern führen, wird klar die Intention der CDU-Fraktion deutlich. Die Intention ist nicht, mehr Geld in die Kitas zu geben. Die Intention ist, den Haushalt bei der Bildung zu begrenzen und auch noch bei der Bildung zu sparen. Man muss sich nur einmal Ihre Haushaltsanträge durchlesen. Der Antrag von 2011 ist der klarste. Darin wollten Sie 250 Millionen € von dem wegstreichen, was wir als rot-grüne Koalition an Verbesserung in den Kitas eingeführt hatten. Das ist die Realität. Das ist die konkrete Politik der CDU-Fraktion.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Meine Damen und Herren, wir von Rot-Grün gehen anders vor. Mit diesem Gesetzentwurf legen wir die zweite Revisionsstufe des Kindergartengesetzes in Nordrhein-Westfalen vor und bringen sie auf den Weg. Ich kann wiederholen, was Kollege Jörg gerade gesagt hat. Wir haben das in einem sehr breiten Beteiligungsprozess getan. Wir – sowohl Rot als auch Grün – haben unzählige Gespräche geführt mit Erzieherinnen und Erziehern, mit allen Akteuren, die in diesem Feld beteiligt sind. Wir haben gut zugehört. Wir haben übrigens auch bei der Sachverständigenanhörung sehr gut zugehört.
Eines ist klar und einhellige Rückmeldung, die wir erhalten haben sowohl in unseren Gesprächen als auch von den Sachverständigen: Rot-Grün ist mit dieser Gesetzesreform auf dem richtigen Weg. Die vorgenommenen Veränderungen sind notwendig und richtig. Das ist die einhellige Rückmeldung. Das können Sie nachlesen in den Stellungnahmen der Sachverständigen. Es wurde von allen so formuliert.
Ich möchte es kurz nennen. Die vielen Verbesserungspunkte kann man hier gar nicht im Einzelnen aufführen. Dafür reicht meine Zeit leider nicht. Die Verfügungspauschale, für die wir 55 Millionen € mehr in die Hand nehmen, kann auch für Hauswirtschaftskräfte eingesetzt werden. Es ist uns nach der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Ergebnisse der Bertelsmann-Studie am Montag besonders wichtig, dass ein gesundes, frisch gekochtes Mittagessen in den Einrichtungen vorgehalten oder angeboten werden kann. Auch dazu sind diese 55 Millionen € jetzt einzusetzen. Das ist eine Qualitätsverbesserung, die den Kindern direkt zugutekommt.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Zur Bildungsgerechtigkeit: Mit der „plusKITA“ schaffen wir mehr Gerechtigkeit gerade für die benachteiligten Kinder. Wir schaffen mehr Fördermöglichkeiten. Wir wissen, dass wir damit einen Schritt gehen, um die Kinderarmut in Nordrhein-Westfalen abzubauen.
Zur Sprachförderung: Auch Herr Tenhumberg weiß, dass überall gejubelt wird, dass wir endlich diesen Schritt gehen, dieses unsinnige Verfahren „Delfin4“ abzuschaffen, bei dem die Stressresistenz oder die Tagesform der Kinder getestet wird, wir aber keine validen Aussagen über den Sprachstand der Kinder haben.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)
Das machen wir jetzt im Alltag. Wir geben es in die Hände der Erzieherinnen und Erzieher, da, wo es hingehört. Alle Sachverständigen haben das ausdrücklich begrüßt.
Wir haben die Anhörung genutzt, um uns weitere Anregungen geben zu lassen. Wir haben einige Punkte in unseren Änderungsantrag aufgenommen. Das ist die Stärkung der Waldkindergärten. Das ist vor allen Dingen die Inklusion in der Kindertagespflege. Das kam überhaupt nicht vor. Im KiBiz hat es überhaupt keinen Niederschlag gefunden. Das werden wir jetzt mit dem 3,5-fachen Satz angehen. Wir werden die Elternmitwirkung nochmals stärken.
Alles das sind Punkte, von denen wir gesagt haben: Wir lernen. Wir nehmen das auf, was uns die Sachverständigen mitgegeben haben. Es sind noch einige mehr. Wir müssten eigentlich Applaus von den Piraten bekommen. Herr Wegner, Sie haben in der ersten Debatte bei der Einbringung des Antrags angeregt, die Kinderrechte explizit aufzunehmen und sie nicht nur zu beschreiben. Auch das haben wir getan.
Das ist uns besonders wichtig, weil wir darauf stolz sind. Wir sind stolz darauf, dass wir in Nordrhein-Westfalen die Kinderrechte in der Landesverfassung verankert haben. Wir würden uns wünschen, dass das im Bund im Grundgesetz auch so nachvollzogen wird. Aber leider scheitert das wieder einmal an der CDU-Fraktion.
Meine Damen und Herren, es ist ein gutes Gesetz, das wir hier auf den Weg bringen. Wir wissen, es ist ein weiterer Schritt. Wir sind noch nicht am Ende des Weges angekommen. Wir brauchen, um weitere Schritte gehen zu können – auch das ist allen klar, die sich seriös an dieser Debatte beteiligen –, die Unterstützung vor allem des Bundes und auch der Kommunen, damit wir weiter gemeinsam daran arbeiten können, dass die frühkindliche Bildung tatsächlich den Stellenwert erhält, den sie in unserer Gesellschaft verdient, und vor allem im Interesse unserer Kinder. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den Mäkeleien der FDP-Fraktion: Herr Hafke, wir haben schon immer geahnt, dass die FDP mit Gerechtigkeit nicht viel am Hut hat. Das haben Sie hier auch wieder gezeigt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es geht darum, Ungleiches ungleich zu behandeln. Das haben Sie nicht verstanden. So richten Sie Ihre Politik nicht aus, aber wir tun das. Und wenn es zum Beispiel im Kreis Höxter und in Herford weniger Kinder mit Migrationshintergrund gibt als in Gelsenkirchen oder in Bochum, dann bekommen Gelsenkirchen und Bochum natürlich mehr Sprachfördermittel. So ist das eben. Und das ist gerecht. Das ist das Prinzip, nach dem wir handeln.
(Beifall von den GRÜNEN)
Leider müssen wir immer wieder ein bisschen Nachhilfeunterricht geben.
(Zuruf von Bernhard Tenhumberg [CDU])
Es geht um die Sachverständigenanhörung. Herr Tenhumberg, Sie erwähnen immer wieder die Erhöhungspauschale von 1,5 %. Wer hat diese 1,5 % denn in das Gesetz geschrieben? Wer hat das denn gemacht? Das waren Sie, gemeinsam mit der FDP-Fraktion!
(Bernhard Tenhumberg [CDU]: Wer hat das unterschrieben?)
Und jetzt nehmen Sie diejenigen als Kronzeugen, die das kritisieren. Das ist doch hanebüchen. Das ist doch nicht mehr ernst zu nehmen.
Sie wissen genau – Frau Göppert hat das in der Anhörung gesagt –: Wenn Sie diese 1,5 % erhöhen, dann werden wir vors Landesverfassungsgericht gehen, weil die Kommunen das mittragen müssen. – Diese Grundlage haben Sie gelegt. Wir können das jetzt nicht mehr reparieren. Wir sind mit 400 Millionen € in Vorleistung getreten. Das wollen Sie nicht mit nachvollziehen. Das zeigt nur: Sie sind nicht bereit, tatsächlich mehr für die Kinder zu tun.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin.
Andrea Asch (GRÜNE): Ihnen geht es nicht um die Kitas und die Kinder, Ihnen geht es um Ihre eigene Profilierung. Und das ist nicht in Ordnung.
(Beifall von den GRÜNEN)

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