Norwich Rüße: „Die Haltung von Schafen hat einen hohen Wert, weil sie regional ist, weil sie den Tieren in einem hohen Maße gerecht wird und weil sie für den Naturschutz und für die Artenvielfalt eine große Rolle spielt.“

Gemeinsamer Antrag zur Zukunft der Schafhaltung

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schäferinnen und Schäfer! Schafe sind ziemlich spannende und vielseitige Nutztiere. Sie liefern Milch, Wolle, Fett, Fleisch und Leder – also eigentlich fast alles, was man so braucht, um zu überleben. Man kann aus Schafsdärmen sogar Saiten für Tennisschläger machen und Musikinstrumente damit bespannen.
Ihre allerwichtigste Aufgabe ist mittlerweile aber sicherlich, dass sie als „lebende Rasenmäher“ unsere Kulturlandschaft frei halten und vor allem – das hat Norbert Meesters erwähnt – unsere Deiche sichern, festigen und pflegen.
Leider ist Schafhaltung in finanzieller Hinsicht seit Jahren nicht mehr besonders attraktiv. Wären nicht jede Menge Begeisterung, Hartnäckigkeit und starkes Engagement vorhanden, ich glaube, dann hätten wir hier in Nordrhein-Westfalen noch sehr viel weniger Schafe, als wir jetzt schon haben.
Dass viele Schäferinnen und Schäfer in den letzten Jahren die Lust an der Schafhaltung leider verloren haben, zeigt ein Blick auf die nackten Zahlen – es wurde eben schon erwähnt –: Der Schafbestand hat sich im letzten Jahrzehnt deutschlandweit und auch hier in NRW fast halbiert.
Vor diesem Hintergrund war es richtig, dass sich die Schafhalter in den letzten Jahren verstärkt an die Öffentlichkeit gewandt und auch uns als Politik über ihre Lage informiert haben.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Diesen Dialogprozess führen wir ja schon ein bisschen länger. Wir führen ihn zum Beispiel auch entlang der Jagd. In dem Bereich gibt es ja auch manchmal gewisse Konflikte. Wir haben oft zusammengesessen. Ich habe zahlreiche Mails zur Schafhaltung erhalten. Ich war vor Ort bei Schafhaltern.
Wir hatten an einem Abend eine gute Veranstaltung mit der Interessengemeinschaft Oberbergischer Schafhalter, bei der ich eine Menge von deren Problemen erfahren habe. Ausdrücklich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle – Sie sitzen derzeit oben auf der Tribüne – für Ihr ehrenamtliches Engagement, das Sie für alle Schäferinnen und Schäfer leisten. Alle profitieren davon. Die Arbeit, das Ganze in der Öffentlichkeit darzustellen, liegt aber oft nur auf wenigen Schultern.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und den PIRATEN)
Wenn Sie nicht so auf uns zugegangen wären, uns Ihre Lage nicht erklärt hätten, dann, glaube ich, würden wir hier heute nicht über diesen Antrag reden können, dann gäbe es ihn vielleicht gar nicht.
Dass der Antrag mittlerweile anscheinend so gut geworden ist, dass er von allen Fraktionen, die hier im Haus vertreten sind, mitgetragen wird, freut mich besonders. Denn dadurch geben wir zwei starke Signale in die Landschaft nach draußen: ein Signal der Wertschätzung an die Schäferinnen und Schäfer, aber auch – und das ist viel wichtiger – ein Signal der Geschlossenheit an die agrarpolitischen Entscheider, dass wir in Nordrhein-Westfalen wollen, dass Schafhaltung in der Agrarpolitik wieder stärker berücksichtigt und stärker gefördert wird.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)
Meine Damen und Herren, die Haltung von Schafen hat einen hohen Wert, weil sie regional ist, weil sie den Tieren in einem hohen Maße gerecht wird und weil sie für den Naturschutz und für die Artenvielfalt eine große Rolle spielt.
Weil das so ist und weil wir aus diesen Gründen heraus die Schafhaltung erhalten wollen, muss aber auch dafür gesorgt werden, dass Schafhalter mit ihren Produkten Geld verdienen können. Denn ohne Geld zu verdienen, macht das Ganze keinen Spaß. So ehrlich muss man sein.
Deshalb ist mir ein Punkt in dem Antrag besonders wichtig, nämlich der, dafür zu sorgen, dass die Vermarktung der Produkte aus der Schafhaltung deutlich verbessert wird. Da gibt es ja auch eine Chance; denn bei Umfragen betonen die Menschen immer, wie wichtig ihnen regionale Produkte sind. Aber echte Regionalität kann natürlich nur dort entstehen, wo es auch regionale Verarbeitungsstrukturen gibt. Schafhaltung kann die Produkte dafür liefern. Schafhaltung wäre aus meiner Sicht sogar absolut ideal – das passiert ja auch oft – für eine regionale Vermarktung. Wenn ich aber Gesprächen entnehme, dass die Schafe teilweise 100 km weit gefahren werden müssen, weil es vor Ort keinen Schlachter mehr gibt, der die Vermarktung übernehmen könnte, dann zeigt mir das, dass wir da aktiv werden müssen.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass der Antrag, den wir hier gemeinsam beschließen, nur der erste Schritt sein kann. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber entscheidend ist natürlich das, was danach folgen muss, nämlich die konkrete Umsetzung der geforderten Maßnahmen. Ich glaube aber, dass wir, weil wir diesen Antrag gemeinsam beschließen, eine gute Grundlage für die entsprechende Umsetzung haben.
Zum Schluss – wir haben in der Agrarpolitik ja gelegentlich Differenzen – will ich mich an dieser Stelle ausdrücklich dafür bedanken, dass wir heute diesen Antrag gemeinsam beschließen und ihn nicht mehr in den Ausschuss überweisen, was ja ursprünglich mal vorgesehen war.
(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)
Ich freue mich darüber, dass wir uns einig sind, dass die Schafhaltung hier in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland eine deutlich stärkere Unterstützung verdient als bisher. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und den PIRATEN)

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