Mario Krüger: „Ist es denn richtig, wenn von der Bundesebene im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teil-habegesetz beziehungsweise Schulsozialarbeit Gelder zurückgefordert werden?“

Antrag der CDU zum Stärkungspakt

Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Herr Präsident! Michael Hübner, du hast mit den Worten begonnen: Das war eine beeindruckende Rede. Ich fand die nicht beeindruckend. Aber wir wollen die Ausführungen von Herrn Kuper nicht nach seiner Rede beurteilen. Sie ist auch ein wenig von der Tagesverfassung abhängig. Da hängt man auch schon mal durch.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
– Mir geht das auch schon mal so. Insofern habe ich durchaus Verständnis und will es auch nicht zum Maßstab machen. Ich will das, was er als Anliegen vorgetragen hat, nach dem bewerten, was er in diesem Zusammenhang als Antrag eingebracht hat. Bevor wir das machen, sollten wir uns erst einmal auf eine gemeinsame Ausgangslage verständigen. Die haben Sie auch in Ihrem Antrag angesprochen.
Herr Kuper, Sie haben ausgeführt, die Finanznot der Kommunen ist seit Jahren bekannt. – Da haben Sie recht. Alleine die Kassenkredite der NRW-Kommunen sind in der Zeit von 2005 bis 2010 von 10 auf 20 Milliarden € angestiegen, sprich: haben sich verdoppelt.
Jetzt müssen wir uns erinnern: Wer war denn seinerzeit 2005 bis 2010 in der Regierungsverantwortung? – Das war, soweit ich weiß, die CDU/FDP-geführte Landesregierung. Dann schauen wir uns an – normalerweise würde man sagen, es gibt einen unmittelbaren Handlungsbedarf –, was in dem Zusammenhang gemacht worden ist. Sie werden feststellen, dass da ein Raubzug durch die kommunalen Kassen zur Konsolidierung des Landeshaushaltes vorgenommen worden ist.
Ich habe das in früheren Beiträgen an vielen Beispielen deutlich gemacht. Herr Kollege Hübner hat das Stichwort „Grunderwerbsteuer“ und „Befrachtungen“ genannt. Man kann auch die Kommunalisierung der Versorgungsämter nennen. Man kann auch die Umweltbehörden nennen, die den Kommunen damals zugetragen worden sind, oder auch die Frage eines Kassenabrechnungsgesetzes etc., etc. Ich führe das hier nur einmal in Kürze aus. Das kann man auch länger machen.
Das tollste Ding, das Sie, Herr Kuper, respektive Sie und Ihre Mannen und Frauen, sich erlaubt haben, waren die Eingriffe bzw. Nichteingriffe in das Gemeindefinanzierungsgesetz. Über Jahre hinweg ist keine Aktualisierung der Daten vorgenommen worden mit der Konsequenz, dass wir eine erhebliche Schieflage gehabt haben bezogen auf die Frage: Wie geht man eigentlich mit den sozialen Lasten um? Natürlich vordergründig zur Stärkung der Regionen, die stärker sind, aber zum Nachteil der strukturschwachen Gemeinden.
Daher kommt unter anderem die Erklärung, weshalb die Kassenkredite während Ihrer Regierungszeit um 10 auf 20 Milliarden € angestiegen sind bzw. sich verdoppelt haben. Sie haben keinen Handlungsbedarf gesehen, hier tätig zu werden. Wir haben das sehr wohl gemacht, und zwar unmittelbar mit Übernahme der Regierungsgeschäfte. Wir haben gesagt, wir brauchen einen „Stärkungspakt Stadtfinanzen“.
Dann gab es einen Streit darüber, wie er durchfinanziert werden soll. Nach Abwägung der finanziellen Möglichkeiten des Landes haben wir uns darauf verständigt, 3 1/2 Milliarden € innerhalb des Zeitraumes zur Verfügung zu stellen. Das ist für den Landeshaushalt noch irgendwie darstellbar. Aus Ihrer Fraktion gab es Hinweise, Herr Kuper, das reiche nicht aus, das müsse verdoppelt werden. Wie es finanziert werden soll? – Keine Ansage!
Wenn ich mir die Äußerung Ihres ehemaligen Fraktionsvorsitzenden, Herrn Laumann, zur Gemüte führe, im letzten Jahr vorgetragen anlässlich der Haushaltsberatung 2013, dann sagte er zu der Finanzierung: Wir als Landesgesetzgeber haben eigentlich gar kein Geld dafür, respektive könne der Stärkungspakt mit Landesgeldern nicht entsprechend aufgefüllt werden.
Wir haben sehr wohl mit Blick auf die Stufe 2 und die Kritik aus dem kommunalen Raum in Bezug auf die Solidarumlage gesagt: Wir rüsten hier noch einmal nach, bringen weitere 500 Millionen € ein. Das heißt, 70 % der Gelder, die im Rahmen des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“ verteilt werden, kommen aus Landeskassen – und das ist ein hervorragender Wert.
Ich würde empfehlen: Schauen Sie sich einmal an, wie die Entschuldungsprogramme in anderen Bundesländern aussehen! Da haben wir teilweise Quoten von 10 % bis 30 %, und der Rest stammt sozusagen aus der kommunalen Familie.
Wenn Sie sich einmal die absoluten Zahlen ansehen würden – Herr Kuper, es wäre schön, wenn Sie auch zuhörten –, würden Sie feststellen, dass, bezogen auf die absoluten Zahlen, NRW weit vorne liegt, auch wenn Sie das herunterbrechen.
Jetzt – das Thema war ja „Ausgangslage“- zu Ihrem eigentlichen Antrag. In ihm schreiben Sie in Absatz 1, dass die Frist 31.12.2013 zur Evaluierung der Stufe 1 bereits ergebnislos verstrichen ist. Im zweiten Absatz schreiben Sie, dass die geplante Evaluierung ausschließlich unter Beteiligung der Gemeindeprüfungsanstalt und der kommunalen Spitzenverbände – unter Auswertung der Controlling-Berichte – zum Stichtag 15.04.2014 erfolgen soll. Da frage ich mich: Was ist eigentlich wahr? Entweder ist die Frist verstrichen, oder man ist noch im Verfahren.
Sie wissen selbst, dass wir noch im Verfahren sind und gesagt haben, dass hinsichtlich der Evaluierung die Haushaltsrechnungen des Haushaltsjahres 2013 zugrunde gelegt werden. Das Haushaltsjahr endete zum 31.12.2013. Nach Vorlage der Haushaltsrechnungen werden die entsprechenden Prüfungen im zweiten Quartal durch die Kommunalaufsicht – unter Beteiligung der Gemeindeprüfungsanstalt – vorgenommen.
Sie, Herr Kuper, sagen, dass die betroffenen Kommunen keine Möglichkeit hätten, dazu Stellung zu nehmen. – Auch das ist Quatsch. Es gibt ein Schreiben der Städte Witten und Dorsten vom 3. April 2014. Dieses Schreiben haben wir sowohl an das Innenministerium als auch an alle Vorsitzenden der Landtagsfraktionen geschickt. Es müsste Ihnen eigentlich auch bekannt sein. Darin nehmen die Bürgermeister der Städte Witten und Dorsten – das sind im Übrigen Stärkungspaktkommunen – im Detail zum Thema „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ Stellung.
Sie führen aus, dass der Stärkungspakt nicht greifen würde. Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Einschätzung kommen. Einerseits sagen Sie, dass es noch keine Evaluierung gibt, andererseits stellen Sie fest, dass er nicht greift.
Herr Kuper, im September letzten Jahres haben wir einen ersten Sachstandsbericht – und zwar bezogen auf das Haushaltsjahr 2012 – bekommen. Darin ist sehr wohl ausgeführt worden, dass die Konsolidierungsziele, die zwischen den Beteiligten vereinbart worden sind, übererfüllt wurden. Anknüpfend an die Aussagen von Herrn Hübner stelle ich fest, dass davon 30 % im Rahmen von Einnahmeverbesserungen erzielt wurden und dass 70 % auf eigene Anstrengungen entfallen.
Wenn Sie den Kommunen – mit Blick auf die Zeit – helfen wollen, Herr Kuper, sollten Sie da anders herangehen. Dann sollten Sie Ihre Aufgaben auf der Bundesebene erledigen. Dabei geht es beispielsweise um folgende Fragen: Wann kommt die Kostenentlastung zum Thema „Eingliederungshilfe“? Ist es denn richtig, wenn von der Bundesebene im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Teilhabegesetz beziehungsweise Schulsozialarbeit Gelder zurückgefordert werden? Ist es denn richtig, dass Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, bezogen auf die Übernahme der Kosten der Unterkunft, besser als Nordrhein-Westfalen gestellt werden? – Das sind Ihre Aufgaben, und ich würde mich freuen, wenn Sie diese angehen würden. Dabei würden wir Ihnen gerne helfen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)