Manuela Grochowiak-Schmieding: „Der Bund schiebt die Verantwortung für die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes den Kommunen und auch dem Land zu.“

Antrag der CDU zur Schulsozialarbeit

Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach allen bisher geführten Diskussionen zur bundesfinanzierten Schulsozialarbeit sollten wir davon ausgehen können, dass zumindest die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker dieses Hohen Hauses den Unterschied zwischen jener Schulsozialarbeit, die die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes möglich macht, und der schon lange in den Kommunen stattfindenden pädagogisch ausgerichteten Schulsozialarbeit kennen.
Der uns nun von der CDU vorgelegte Antrag belehrt uns jedoch eines Schlechteren; denn darin wird einiges durcheinandergeworfen, meine Damen und Herren von der CDU. Frau Kollegin Bunse, Sie haben gerade Ihre Irritation in dieser Angelegenheit noch einmal bestätigt. In dem Antrag werden pädagogische Schulsozialarbeit und zuführende Schulsozialarbeit zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes vermengt und dann auch noch ein bisschen mit dem Thema „Finanzkraftstärkung der Kommunen“ verrührt.
Immerhin haben auch Sie von der CDU zunächst erkannt, dass es zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes der zuführenden Schulsozialarbeit bedarf.
Die Mittel, die der Bund hierfür zur Verfügung stellte, also der Aufschlag auf die Kosten der Unterkunft in Höhe von 2,8 Prozentpunkten, mutiert bei Ihnen dann allerdings zur „Finanzkraftstärkung der kommunalen Ebene“. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Tatsächlich setzen die Kommunen mit der Arbeit der BuT-bezogenen Schulsozialarbeit eine Leistung um, zu der der Bund aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 verpflichtet ist. Von einer finanziellen Entlastung kann bei den Mitteln, die der Bund in den letzten drei Jahren hierzu gewährt hat, also nicht die Rede sein.
Vielmehr schiebt der Bund mit seiner Weigerung, für die BuT-bezogene Schulsozialarbeit weiterhin die finanzielle Beteiligung zu übernehmen, die Verantwortung für die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes den Kommunen und auch dem Land zu;
(Beifall von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)
denn nichts anderes bedeutet die Absicht, dem Land und damit indirekt auch den Kommunen die Kosten für die zuführende Schulsozialarbeit aufzubürden.
(Beifall von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Sigrid Beer [GRÜNE])
An dieser Stelle sei noch einmal festgehalten: Von Entlastung der Kommunen kann auch nicht die Rede sein, wenn der Bund die noch nicht zweckentsprechend verausgabten BuT-Mittel aus dem Jahre 2012 zurückfordert, obwohl weder das Gesetz noch die Verordnung zur Umsetzung der Revision eine Rückzahlung vorsehen. Die Kommunen in NRW werden dabei mit rund 70 Millionen € belastet, die sie in den nächsten drei Monaten – das passiert jetzt gerade – vom Bund weniger an KdU-Mitteln erhalten sollen. Ich weiß nicht, ob das bei Ihnen auch unter „nachhaltige Finanzkraftstärkung der Kommunen“ läuft. Für mich ist das mehr ein Raubzug durch die kommunalen Kassen.
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Doch zurück zu Ihrem Antrag: Darin skizzieren Sie die bundesfinanzierte Schulsozialarbeit ganz richtig als „Teil einer präventiven Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik“, die „schwerpunktmäßig die Vermittlung von Leistungen aus dem BuT an eine bestimmte Zielgruppe berechtigter Kinder“ umfasst, um dann zu erklären, die Förderung dieser Maßnahme sei deshalb auf drei Jahre begrenzt worden, weil abzusehen gewesen sei, dass sich nach diesem Zeitraum „die Notwendigkeit einer Hilfestellung reduzieren würde“.
(Minister Guntram Schneider: Tja!)
Die gestiegene Inanspruchnahme der Leistungen aus dem BuT nehmen Sie dann auch noch als Bestätigung für diese Behauptung. Das ist geradezu perfide. Die steigende Inanspruchnahme der Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes ist doch gerade das Ergebnis intensiver zuführender Schulsozialarbeit.
(Beifall von den GRÜNEN und Minister Guntram Schneider)
Zu guter Letzt kommen Sie auch noch mit der Behauptung um die Ecke, die pädagogische oder, wie Sie es nennen, originäre Schulsozialarbeit sei Aufgabe des Landes, und fordern die Finanzierung durch das Land. Dabei lassen Sie offenbar völlig außer Acht, dass die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft, die wir in NRW seit Jahrzehnten haben, eine klare Aufgabenverteilung vorsieht. Demnach hat das Land die Aufgabe, für das lehrende Personal Sorge zu tragen, während für die räumliche und sächliche Ausstattung und das nicht lehrende Personal die Kommunen zuständig sind.
Nichtsdestotrotz hat sich das Land bereit erklärt, die Kommunen hierbei zu unterstützen – wohlgemerkt als freiwillige Aufgabe. So weist unter anderem der Haushalt für 2014 genau 147 Planstellen für die Schulpsychologie und 90 Planstellen für die Schulverwaltungsassistenz aus.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Wir unterscheiden zwischen der pädagogischen Schulsozialarbeit und der zuführenden Schulsozialarbeit zur Umsetzung des BuT. Für Erstere sind die Kommunen zuständig, für Letztere der Bund. Wir Grüne sehen die Notwendigkeit, diese Schulsozialarbeit fortzuführen.
Vizepräsident Daniel Düngel: Die Redezeit, Frau Kollegin.
Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE): Nach wie vor sehen wir den Bund in der Pflicht, diese Unterstützungsarbeit zu finanzieren. Dementsprechend hat der Landtag Nordrhein-Westfalen bereits im April 2014 mit Mehrheit den Beschluss gefasst, die Bundesregierung dazu aufzufordern, die zuführende Schulsozialarbeit als weitere Leistung in den Katalog des Bildungs- und Teilhabepaketes aufzunehmen.
Liebe Kolleginnen von der CDU, Ihr Antrag ist nicht nur sachlich falsch; er ist einfach ein plumper Versuch, dem Land eine Verantwortung aufzubürden, die ganz klar beim Bund liegt. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

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