Mehrdad Mostofizadeh: „Sie treten mit Ihrem Verhalten die Interessen Nordrhein-Westfalens mit Füßen“

Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU zum Ausscheiden des Portigon-Chefs

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal kommt man sich vor wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“. Ich habe mir gestern Abend die Mühe gemacht, die Sitzung des HFA noch einmal auf DVD anzuhören.
(Zuruf: Da gab es ein Fußballspiel!)
– Das habe ich hinterher gemacht! – Exakt wortgleich hat Herr Witzel heute wieder das vorgetragen, was er letzte Woche Donnerstag gesagt hat. Der Unterschied zu heute – zu „Täglich grüßt das Murmeltier“ – ist, dass man da noch die Aussicht hatte, Andie MacDowell im Park zu treffen. Hier sieht man nur Herrn Witzel wieder.
(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)
Herr Kollege Börschel hat vorhin vorgetragen, wie es sich mit der Ausschussreise für den HFA verhalten sollte. Ich möchte noch eines hinzufügen: Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat in seiner Weisheit auch vorgeschlagen, die nächste Haushaltsklausur auf Schloss Krickenbeck stattfinden zu lassen. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Na und? Warum soll sich die Finanzministerkonferenz nicht in einem Schloss auf Stralsund treffen können? Sie suggerieren doch hier dem Parlament und vor allem der Öffentlichkeit – darum geht es doch am Ende des Tages –, als wenn da eine Lustreise stattgefunden hätte. Ich weiß, dass zum Beispiel die Finanzministerin von Schleswig-Holstein Gespräche – und zwar über inhaltliche Dinge – mit unserem Finanzminister geführt hat.
Da wird es dann interessant. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Unser Finanzminister hat sich in dieser Woche aus meiner Sicht sehr zutreffend zur Frage des Länderfinanzausgleichs etwas ausgeführt. Da wurden Punkte angesprochen, die ich für sehr bedenkenswert halte, nämlich zum Beispiel die Frage der Transparenz des Länderfinanzausgleiches, die Frage, inwieweit die Kommunen in unserem Land im Hinblick auf dieses Thema ausreichend berücksichtigt werden und inwieweit die zurückgehenden Gelder, die der Bund für den Ost-Soli aufwenden muss, künftig im vertikalen und im horizontalen Finanzausgleich verwendet werden.
Das mag Sie alles nicht interessieren. Oder Sie schicken Herrn Kampeter vor, der sagt – ich habe mir das aufgeschrieben –: Es ist ein Treppenwitz, dass sich der Finanzminister um diese Fragen bemüht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie machen sich um NRW nicht verdient, sondern Sie treten mit Ihrem Verhalten die Interessen Nordrhein-Westfalens mit Füßen. Das kann ich Ihnen an dieser Stelle nur mitgeben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich war in der Obleuterunde am 6. Mai dabei. Der Finanzminister hat – genauso wie der Vorsitzende des Aufsichtsrates – ausführlich Stellung bezogen. Es gab auch kein Zeitlimit. Man hätte weitere Fragen stellen können. Man hätte die Erörterung im HFA auch erneut aufnehmen können. Herr Messal stand ausdrücklich zur Verfügung. Wir haben – ich habe mir das auf besagter DVD gestern noch einmal angeguckt – eine Stunde und zehn Minuten lang über diesen Sachverhalt beraten. Dort sind keine zusätzlichen Fragen aufgekommen.
Aber Sie haben etwas anderes gemacht, worauf Herr Börschel eben schon hingewiesen hat, Herr Kollege Witzel: Sie haben, obwohl Sie es besser wussten, die alten Spekulationen in den Raum gestellt – genauso wie heute Morgen.
Es geht einzig und allein um die Frage: Soll Herr Voigtländer zu Bedingungen, die die Geschäftsleitung ihm vorgelegt hat, einen neuen Vertrag bekommen?
(Ralf Witzel [FDP]: Er hat doch einen!)
Soll er ihn annehmen? Oder soll er andere Konditionen bekommen? – Herr Voigtländer hat dieses Angebot abgelehnt. Insofern hat der Aufsichtsrat aus meiner Sicht die einzig logische Konsequenz gezogen und gesagt: Dann trennen wir uns eben voneinander, denn wir sind nicht bereit, auf diesem Weg höhere Konditionen bereitzustellen.
Lieber Kollege Witzel, so viel – ich sage mal – Intelligenz und so viel Kombinationsgabe haben auch Sie, dass Sie wissen: Ein Vertrag, der zwischen zwei Parteien ausgehandelt wird – bei dem es um die Frage einer höheren Bezahlung ging – hat auch über den Zeitpunkt des Besitzes durch das Land Nordrhein-Westfalen hinaus Bestand. Wenn er höhere Konditionen erhalten würde, müsste der neue Eigentümer die bezahlen. Und das drückt den Preis. Dass man das bei Verhandlungen mit ins Kalkül zieht, – zumindest stelle ich mir das so vor –, sollten auch Sie kombinieren können.
Insofern ist das Verhalten – zumindest so, wie es uns berichtet wurde – in keiner Weise zu bemängeln. Denn wir als Land, PFS, Portigon und die EAA können sich nicht nur mit dem Hinweis, dass Zeitdruck besteht oder man anderer Auffassung ist, von einzelnen Leuten Konditionen aufdrücken lassen.
Das ist genauso, wie wenn ein Fußballspieler keinen neuen Vertrag bekommt, obwohl er gut zum Verein passt. Weil man sich über die Konditionen nicht einigen kann, hat Herr Voigtländer das Angebot, das ihm gemacht wurde, abgelehnt. Insofern ist die Konsequenz gezogen worden, dass man sich trennt.
Ich möchte noch eines hinzufügen: Wir haben in zehn Tagen Kommunal- und Europawahl. Das Verhalten von CDU und FDP steht da in einem ganz besonderen Licht. Sie haben – worüber in den nächsten Tagen möglicherweise auch noch zu sprechen sein wird – gestern eine Klage in Sachen Effizienzteam eingereicht, obwohl Ihnen der Sachverhalt seit über anderthalb Jahren bekannt ist und wir uns in den Gremien vor einem dreiviertel Jahr ausführlich unterhalten haben. Aber natürlich haben Sie den Zeitpunkt „zehn Tage vor der Wahl“ abgewartet.
Sie haben heute eine Debatte, die man im Wesentlichen in nichtöffentlicher Sitzung in den Gremien führen muss, weil es um Personal- und Finanzierungsfragen geht, die der Geheimhaltung unterworfen und auch strafrechtlich bewehrt sind, wenn man gegen sie verstößt, neu aufzuwärmen versucht, nur um eines zu tun: Es geht Ihnen nicht um die Sache, sondern es geht Ihnen einzig und allein darum, hier ein Gefecht zu führen, um der Öffentlichkeit zu suggerieren, dass irgendetwas faul ist, weshalb man bei der Kommunal- und der Europawahl CDU und FDP wählen müsse. Das ist, finde ich, schändliche Parteipolitik. Und das passt sehr gut zu Ihrem inhaltslosen Wahlkampf,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
den Sie in den letzten Wochen geführt haben. Ich glaube aber, der wird nicht aufgehen. Ich verwahre mich gegen Ihre Art und Weise, Politik zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen haben mittlerweile seit Jahrzehnten immer darauf hingewiesen, dass Reisen, die Ausschüsse machen – seien sie in der Kommune oder im Landtag –, gut begründet sein müssen. Sie müssen ein inhaltliches Programm haben, sie müssen zielgerichtet sein, und sie sollten gut vorbereitet sein.
Der Finanzminister hat nach meiner Erinnerung bereits vor Monaten, mindestens bei der Aufstellung der Terminplanung des HFA, auf alle seine Abwesenheiten hingewiesen, hat dies schriftlich mitgeteilt, und die Obleute sind darüber informiert worden.
Die Finanzministerkonferenz ist nach dem, was ich weiß, intensiv vorbereitet worden; der Finanzminister hat entsprechende inhaltliche Punkte vorgetragen. Das unterscheidet sich von dem, was im HFA geplant war, nämlich eine Ausschussreise zu machen, für die man zunächst das Ziel festlegt und sich dann die inhaltlichen Programmpunkte überlegt.
(Christian Möbius [CDU]: So ein Blödsinn!)
Das unterscheidet sich im Übrigen auch, Herr Kollege Witzel, von dem, wie wir früher damit umgegangen sind, als zum Beispiel Frau Kollegin Brunn den Haushalts- und Finanzausschuss geleitet hat. Dort haben wir zum Beispiel sehr ausführlich eine Reise nach Stockholm vorbereitet, wo unter anderem der kommunale Finanzausgleich in Schweden untersucht wurde, der sich fundamental von dem unterscheidet, was hier in Nordrhein-Westfalen bzw. in Deutschland passiert. Man hat sich die Steuerbehörde und die Erfassung von Steuern angeschaut und sich insbesondere mit der Frage befasst, wie man mit dem Steuergeheimnis umgeht. Viele dieser Punkte diskutieren wir auch dank der Initiative unseres Finanzministers ja jetzt sehr intensiv. Das hat auch zu einigen Veränderungen in Deutschland geführt bezüglich der Fragen von Selbstanzeigen und Bankgeheimnis sowie anderer damit zusammenhängenden Fragen.
Ich habe eben schon das Beispiel Krickenbeck angeführt. Warum soll der Haushalts- und Finanzausschuss nicht auch auf Schloss Krickenbeck tagen können, wenn diese Tagungsstätte zur Verfügung steht und dort inhaltlich wichtige Punkte verhandelt werden wie zum Beispiel den Landeshaushalt 2015.
Sie führen nun an, dass der Finanzminister auf Schloss Granitz bzw. auf bedeutenden Schlössern in Stralsund war und sich dort um wichtige inhaltliche Punkte, unter anderem um den Länderfinanzausgleich, den ich eben angeführt habe – andere Punkte hat der Finanzminister vorgetragen –, kümmert, die für Nordrhein-Westfalen von weitreichender Bedeutung sind. Sie versuchen, das mit Schmutz zu bewerfen. Für sich nehmen Sie wie selbstverständlich in Anspruch, in angemessenen Räumen zu tagen und einen Fahrer zur Verfügung zu haben. Ich selbst würde es vielleicht anders machen und mal mit dem Fahrrad fahren. Ich weiß, dass zum Beispiel Herr Murrack, der Büroleiter des Finanzministers, regelmäßig mit dem Fahrrad zum Landtag kommt, weil er damit schneller ist als mit dem Auto. Das ist doch so kleines Karo.
Sie fragen, wer wann mit dem Schiff wo entlanggefahren ist. Stellen Sie demnächst jemanden vor das Haus des Finanzministers in Bochum, um zu prüfen, wann er morgens losgeht und wann er im Büro des Finanzministeriums ist? Prüfen Sie, ob er es vielleicht zwischendurch noch hätte schaffen können, den finanzpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion anzurufen, um eine wichtige Mitteilung durchzugeben? So können wir nicht miteinander umgehen.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das macht er aus dem Auto!)
Wenn es der Finanzminister in einer Krise des Landes, wo die WestLB vor dem Zusammenbruch steht, vorgezogen hätte, eine Lustreise zu machen, wie Sie es suggerieren, wären wir mit Sicherheit die ersten gewesen, die ihm die Ohren langgezogen hätten. Dafür gibt es aber überhaupt keinen Anlass.
Die Frage der Zukunft der PFS können wir stundenlang in Sondersitzungen herauf- und herunterberaten. Die Frage, wie der Finanzausgleich ausgestaltet werden soll, haben wir hier mehrfach in langen Sitzungen und Anhörungen erörtert.
Herr Kollege Witzel, Sie haben jetzt dreimal die Spekulation in den Raum gestellt, es würde überhaupt nicht stimmen, was der Finanzminister vorträgt, ob er es von Stralsund aus, von hier aus oder im Sitzungssaal der CDU sagt. Wenn Sie ihm nicht glauben wollen, dann tun Sie es eben nicht. Wenn Sie Spekulationen in den Raum stellen wollen, die zu weiteren Spekulationen führen, dann tun Sie es eben. Das machen Sie, seitdem Sie im HFA angetreten sind. Darin unterscheiden Sie sich unangenehm von Ihrer Vorgängerin. Das wissen Sie auch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Sie unterscheiden sich massiv von einer sachgerechten und zielgerichteten Haushalts- und Finanzpolitik.
Herr Kollege Stein, Sie sitzen möglicherweise auch noch drei Jahre im Ausschuss. Sie betteln darum, bei der CDU aufgenommen zu werden, und wollen unbedingt in diese Fraktion. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich kann nur sagen: Viel Spaß und viel Erfolg mit diesem Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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