Mehrdad Mostofizadeh: „CDU und SPD tragen als Koalition im Bund gemeinsam Verantwortung. Sie müssen sich dieser Verantwortung als Parteien auch gemeinsam stellen.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zum Bundesteilhabegesetz

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will an eine Bemerkung anknüpfen, die ich gestern Nachmittag auch schon bei einem anderen Tagesordnungspunkt gebracht habe. In der letzten Plenarsitzung hat die FDP mir vorgeworfen, dass ich Zitate des kommunalpolitischen Sprechers der FDP aus der letzten Legislaturperiode vortragen habe, dass ich gesagt habe, dass
(Kai Abruszat [FDP]: Herr Engel!)
Herr Engel – das war 2009 – unter anderem vorgetragen habe, dass Oberhausen den Haushaltsausgleich aus eigener Kraft schaffen müsse.
Wenn ich mir dann den heutigen parteipolitischen Antrag der CDU anschaue, dann beschleicht mich Sorge, weil Sie es nicht über sich bringen, die Interessen der Kommunen Nordrhein-Westfalens in Fragen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs auch im Bund vorzutragen. Das finde ich ausgesprochen schade und befremdlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Warum sage ich das an dieser Stelle? – 2010 gab es – Kollege Kämmerling hat darauf hingewiesen – einen Konsens, dass wir die Interessen der Kommunen auch gegenüber dem Bund vertreten müssen. Wenn Sie uns jetzt als Replik auf unseren Antrag ins Stammbuch schreiben, dass wir erst einmal unsere Hausaufgaben machen müssten, dass schon die Verfassung festschreibe, dass das Land und die Landesregierung für die Kommunen zuständig seien, dann macht das nur eines deutlich: Sie halten uns sicherlich nicht vor, dass wir nicht den Text der Verfassung kennen, sondern Sie wollen davon ablenken, dass Norbert Barthle, Obmann im Haushaltsausschuss des Bundestages, für die Koalition und vonseiten der CDU festgestellt hat, dass das, was bereits 2013 versprochen war – nämlich eine Entlastung von 5 Milliarden € für die Kommunen bundesweit –, infrage gestellt wird. Das stellen Sie mit dieser Formulierung infrage, und das finde ich abenteuerlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben ein Versprechen der alten Bundesregierung, dass es in der neuen Legislaturperiode eine Entlastung um 5 Milliarden € geben werde. Ich räume ein, dass auch unser Antrag dem Zeitablauf ein Stück weit Rechnung trägt. Aber damit dies nicht falsch interpretiert wird – der Antrag ist sehr filigran formuliert –, will ich noch auf ein paar Punkte hinweisen:
Wir haben gesagt, dass spätestens 2017 die volle Entlastung aus dem Bundesteilhabegesetz greifen muss. Wenn man den Mechanismus kennt, dann weiß man, dass dies voraussetzt, dass deutlich früher – spätestens im nächsten Jahr – erste größere Entlastungsstufen greifen.
Aus der Bemerkung, dass wir eine Verteilung der KdU wollen – ich habe gehört, dass die B-Länder sich das jetzt ganz anders vorstellen –, wird deutlich, dass wir dies zusätzlich fordern, denn solange die 5-Milliarden-Euro-Entlastung nicht kommt, muss an anderer Stelle zusätzlich etwas geschehen.
Dass Sie sich hier im Landtag der Argumentation von Herrn Dr. Schäuble anschließen, der Bund habe doch schon so viel für die Kommunen getan – etwa die volle Entlastung bei der Grundsicherung im Alter im Jahre 2014 –, und das als Entschuldigung dafür anführen, dass das 5-Milliarden-Euro-Versprechen nicht gehalten wird, macht mich fassungslos.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich hoffe, dass Sie das demnächst unterlassen. Dass CDU und SPD auf Bundesebene eine Koalition geschlossen haben, entspricht doch Ihren Parteitagsbeschlüssen. Warum Sie jetzt anfangen, im Landtagsplenum Probleme der Bundeskoalition in der Weise auszutragen, dass Sie Namen von Ministern nennen – in diesem Falle den von Frau Nahles – und suggerieren, ihre Zuständigkeit sei ein Problem für Nordrhein-Westfalen, verstehe ich nicht. Sie tragen als Koalition im Bund gemeinsam Verantwortung. Sie müssen sich dieser Verantwortung als Parteien auch gemeinsam stellen. Alles andere wäre Rosstäuscherei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Und von der SPD!)
Ich bitte darum, dass wir zu der Gemeinsamkeit zurückkommen, die wir 2010 formuliert haben. Das setzt voraus, dass wir die Entlastungen, die wir im Land Nordrhein-Westfalen vorgenommen haben …Wir können gerne in der Sache darüber streiten, ob der Weg der Verteilung der richtige ist. Der Kollege Abruszat ist an der Stelle auch immer ganz Feuer und Flamme. Möglicherweise setzen wir die Parameter falsch an. Darüber können wir diskutieren.
Aber dass wir uns im Landtag in der Frage auseinanderdividieren lassen, ob 5 Milliarden € als Entlastung kommen müssen und ob sie schnell kommen müssen, finde ich nicht in Ordnung, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir sollten unsere Möglichkeiten sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat – in dem Fall im Wesentlichen im Bundesrat – ins Spiel bringen, statt parteipolitisches Geplänkel zu veranstalten. Das aber macht die CDU mit ihrem Antrag ganz eindeutig.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Letzte Bemerkung: Unser Antrag dient erkennbar dazu, die Vorbereitungen zum Stichwort „Bundesteilhabegesetz“ und das, was wir gestern im Zusammenhang mit dem bundesstaatlichen Ausgleich diskutiert haben, vorzubereiten und aus Sicht Nordrhein-Westfalens Pflöcke zu setzen. Das kann aber nur dann erfolgreich sein, wenn wir an einem Strang ziehen.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich eindringlich darum, dass unserem Antrag zugestimmt wird. Die Differenzen und Nuancen, die es an anderer Stelle gibt, können wir gerne auf bundespolitischer Ebene austauschen. Aber im Bundesrat müssen wir zueinanderstehen und deutlich machen, dass KdU und die Entlastung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen großes Gewicht im Bundesrat haben müssen, denn sonst wird Nordrhein-Westfalen auf der Strecke eine ganze Menge Schaden nehmen. Dass der für unsere Kommunen und das Land sehr wichtige Altschuldenfonds dann auch noch in den Hintergrund tritt, daran können wir alle kein Interesse haben.
Ob eine Formulierung hier im Landtag einmal ein bisschen rechts- oder linksherum gedreht wird, interessiert in drei Jahren niemanden mehr. Aber ob wir im Bundesrat massiv aufgetreten sind und unsere Interessen vertreten haben, das wird Auswirkungen für die nächsten zwei Jahrzehnte haben. – Vielen Dank, liebe Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)