Herbert Goldmann: „Dreieinhalb Jahre der intensiven Vorbereitung wären für die Tonne, wenn wir ihrem Antrag folgen würden.“

Antrag der CDU zum Landesentwicklungsplan

Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss gestehen, dass mich auf der politischen Ebene so schnell nichts aus der Fassung bringt. Aber der heute zur Beratung anstehende CDU-Antrag mit seiner Kernforderung hat mich in seinem blinden Aktionismus ziemlich sprachlos gemacht.
Wir haben uns in der letzten Plenarsitzung vor 14 Tagen inhaltlich mit dem LEP-Entwurf beschäftigt. Die CDU hatte in einer aus meiner Sicht konstruktiven Debatte leider nur wenig beizusteuern. Ich kritisiere heute nicht, dass sich die CDU außerstande gesehen hat, Erkenntnisse aus dieser Debatte zu ziehen. Ich kritisiere noch nicht einmal, dass die CDU den FDP-Antrag von vor 14 Tagen und insbesondere die Resolution des Rates der Stadt Warstein vom 31. März dieses Jahres in weiten Teilen anscheinend abgekupfert hat. Aber wer einen solchen Antrag stellt wie Sie heute, der kann und will nicht ernst genommen werden.
Die CDU-Forderung lautet – Herr Eiskirch hat gerade darauf hingewiesen –, die Landesregierung möge ihren missglückten LEP-Entwurf sofort zurückziehen. Sie soll ihn nicht inhaltlich – auf der Grundlage von 1.500 Stellungnahmen, die sie auswertet – überarbeiten und fortschreiben, nein, die Forderung lautet schlicht und ergreifend, die Landesregierung solle ihren LEP-Entwurf sofort zurückziehen.
Hat sich die CDU dabei etwas gedacht? – Wohl kaum.
(Lachen von André Kuper [CDU] und weiteren Abgeordneten der CDU)
Spielen wir die Forderung einmal durch: Ein Zurückziehen des vorliegenden Antrags bedeutet faktisch den bedingungslosen Stopp des gesamten bislang durchgeführten formalrechtlichen Verfahrens. Dreieinhalb Jahre der intensiven Vorbereitung wären für die Tonne. – Okay, das könnte ja so sein. Man hätte zwar einen Haufen Geld verschwendet, aber mit einer soliden Haushaltspolitik hat es die CDU ja ohnehin nicht.
(Zurufe von der CDU)
Was wollen Sie – ich spreche Sie direkt an, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – den 1.500 Einwenderinnen und Einwendern sagen, die sich in einem auf rund sechs Monate angelegten Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligungsverfahren intensiv mit allen Facetten des LEP-Entwurfs auseinandergesetzt haben? Soll das auch alles für die Tonne sein, und dann drückt man mal eben auf „Neustart“? Ich bezweifele ernsthaft, dass Sie sich mit den Konsequenzen Ihres Antrags auch nur ansatzweise auseinandergesetzt haben.
Kommen wir zu Ihrer epochalen Begründung: Der Landesregierung schlägt eine massive Protestwelle für ihren LEP-Entwurf entgegen. – Ist Ihnen mal durch den Kopf gegangen, dass der vorliegende Entwurf, wenn die unterschiedlichen Ansprüche an den Raum von kommunaler Seite einerseits und den Umweltverbänden andererseits kritisiert werden, gar nicht so schlecht sein kann, weil er nämlich einen ausgewogenen Ausgleich unterschiedlicher Raumansprüche widerspiegelt?
Ich habe es vor zwei Wochen an dieser Stelle betont: Eine Landesentwicklungsplanung, die sich darauf reduziert, dass alles, was wirtschaftlich und planerisch möglich und gewünscht ist, auch erlaubt werden muss, bedeutet faktisch die Aufgabe jedes Gestaltungsanspruchs. – Das, was Sie machen, ist eine politische Bankrotterklärung.
Kommen wir zu den Fakten: Der noch gültige LEP aus 1995 ist nach meinem Kenntnisstand der älteste aller Bundesländer. Globalisierung, demografische Entwicklung und technologischer Fortschritt haben zwischenzeitlich zu wesentlichen Veränderungen und damit zu neuen Anforderungen an den Raum geführt. Antworten der CDU hierauf – Fehlanzeige! Die schwarz-gelbe Landesregierung hat bis 2010 selbst nichts zustande gebracht. Sie haben noch nicht mal eine Entwurfsfassung zur Diskussion vorlegen können, als der LEP 15 Jahre alt war.
Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich aus einem Schreiben der damaligen Wirtschaftsministerin Christa Thoben vom 25. März 2008, Vorlage 14/1698, zitieren:
„Die nun beabsichtigte Vorverlegung der Kommunalwahl würde bedeuten, dass noch die alten Kommunalparlamente zu einem Landesentwicklungsplan für die nächsten 15 Jahre beschließen würden. Dies ist m. E. nicht vertretbar; …“
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Kein Kommunalparlament wird für 15 Jahre gewählt. Das Argument zieht also überhaupt nicht. Sie haben damals schlicht die Auseinandersetzung vor der Kommunalwahl gescheut und aus dem Grund dafür gesorgt, dass der neue LEP erst in der nachfolgenden Legislaturperiode förmlich aufgestellt und in Kraft gesetzt werden konnte. Sie haben sich, wie man so sagt, einen schlanken Fuß gemacht. Das war nicht im Sinne einer vorausschauenden Landesplanung, sondern das war einfach nur feige und konfliktscheu.
Regionalräte haben über den gleichen LEP-Entwurf beraten wie Sie auch, wie alle politischen Parteien. Sie haben sich einem konstruktiven Diskussionsprozess nicht verweigert. Das, was Sie machen, hat mit seriöser Landesentwicklungspolitik nichts zu tun. – Danke sehr.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)