Herbert Goldmann: „Richtig ist vielmehr, dass die Landesregierung der räumlichen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen durch den LEP einen nachhaltigen Rahmen gibt.“

Anträge von CDU und FDP zum Landesentwicklungsplan

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Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen gehört zu den 20 größten Wirtschafts- und Industriestandorten weltweit. Warum sage ich das? Nordrhein-Westfalen ist ein Industrieland und wird ein Industrieland bleiben. Der Ihnen vorliegende Entwurf der Landesregierung zum LEP unterstützt diesen Anspruch ausdrücklich.
(Beifall von den GRÜNEN)
Da hilft es auch wenig, eine vermeintlich ökologische Schwerlastigkeit des Entwurfs zu Lasten der wirtschaftlichen Entwicklung von Unternehmen, der arbeitenden Bevölkerung oder der kommunalen Familie hervorzuheben. Wenn der FDP-Fraktionsvorsitzende in diesem Zusammenhang davon spricht, SPD und Grüne wollten Nordrhein-Westfalen zu einem Freilichtmuseum machen, ist ihm zwar die mediale Aufmerksamkeit sicher, aber eine solche Aussage ist und bleibt dennoch völliger Blödsinn.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ein LEP-Entwurf, der jedem Grundzentrum nachlesbar Entwicklungspotentiale einräumt, erdrosselt weder die Wirtschaft noch schränkt er die kommunale Planungshoheit oder die ländlichen Räume in unzumutbarer Weise ein.
(Christof Rasche [FDP]: Fragen Sie einmal die betroffenen Kommunen!)
Richtig ist vielmehr, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Landesregierung der räumlichen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen durch den LEP einen nachhaltigen Rahmen gibt. Nordrhein-Westfalen verfügt, wie übrigens nahezu alle Regionen in Deutschland und in Europa, nur über begrenzte Ressourcen in Bezug auf verfügbaren Boden und verwertbare Bodenschätze. Weil das so ist, gehört es zu den herausragenden Verpflichtungen einer jeden Landesregierung, der Nutzung der vorhandenen Ressourcen sparsam und effektiv im Ausgleich privater und öffentlicher Interessen einen nachhaltigen und verlässlichen Rahmen zu geben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Glauben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, das sehen mittlerweile die meisten Wirtschaftsvertreter so. Die anderen werden es so sehen, wenn eine optimale Versorgung zunehmend schwieriger werden sollte, auch wenn die offiziellen Stellungnahmen doch eher einer Worst-Case-Betrachtung folgen. Wir können und dürfen im Hinblick auf die Lebensqualität zukünftiger Generationen ebenso wie mit Blick auf die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Nordrhein-Westfalen nicht einfach nach dem Motto „Wir machen mal weiter so“ verfahren.
Die FDP-Ideologie des heutigen Antrags liest sich zusammengefasst so: Alles, was wirtschaftlich und planerisch möglich und gewünscht ist, muss auch erlaubt sein. Das ist zwar legitim aus dem Blickwinkel von Teilen der Wirtschaft und deren Interessenverbänden. Für eine Partei, die vorgibt, politischen Gestaltungswillen zu haben, ist eine solch einseitige Ausrichtung fast schon eine Bankrotterklärung.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock zulassen?
Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Aber natürlich.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Dann bitte.
Holger Ellerbrock (FDP): Herr Kollege, könnten Sie sich von einer statischen Betrachtungsweise trennen hinsichtlich der Flächenproblematik und einer dynamischen Betrachtungsweise nähern dergestalt, dass man ein rollierendes System einführt? Das heißt zum Beispiel, Brachflächen, die nicht genutzt werden können aus den unterschiedlichsten Gründen, wieder Freiraumfunktionen zuzuführen und stattdessen andernorts heute mit Freiraum versehene Flächen in Gewerbe- oder Wohnsiedlungsbereiche umzuwandeln.

Wenn wir da zusätzlich ein über die derzeitig gegebenen Möglichkeiten hinausgehendes Denken einführen würden, könnten Sie sich dem nähern?
Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Ich finde, das ist ein ausgesprochen spannender Ansatz. Da nehme ich Sie gerne beim Wort. Diese Diskussion würde ich gerne auf der Fachausschussebene oder auch im privaten Dialog mit Ihnen führen.
Der Landesentwicklungsplanentwurf gibt eine Vielfalt von Diskussions- und Betrachtungsmöglichkeiten, wobei man auch mit Blick auf die zukünftige Gestaltung des Landes durchaus zu einer einvernehmlichen Sprachregelung und strategischen Ausrichtung kommen kann.
Worum geht es also bei der Landesentwicklungsplanung? Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Schutz natürlicher Ressourcen. Dabei ist es doch eigentlich nur logisch, dass Eingriffe in etwas Vorhandenes, das aber nur begrenzt verfügbar ist, einen verständlichen und verbindlichen Rahmen für alle Beteiligten benötigen.
Das erwartet die Wirtschaft, das erwarten die Kommunen, das erwarten auch die Menschen im Lande von uns. Aber wenn Sie, Herr Ellerbrock, bei Ihrem Pressegespräch sagen, der Flächenverbrauch regele sich von selbst, dann glaube ich, dass Sie die reale kommunale Flächenpolitik in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich verschlafen haben.
In vielen Regionen des Landes gibt es immer noch einen ruinösen Wettbewerb innerhalb der kommunalen Familie. Ich nenne hier beispielhaft das Abwerben von jungen Familien, von Unternehmen – auch aus unmittelbarer Nachbarschaft – und den Bereich der Abfallwirtschaft als Ganzes. Auch das gehört zur Wahrheit dazu, wenn wir über eine flächensparende Siedlungsentwicklung streiten.
Herr Ellerbrock, wenn Sie ausführen, dass auch der ländliche Raum Entwicklungschancen braucht, dann bin ich ganz bei Ihnen. Aber dann lassen Sie uns doch darüber sprechen, ob nicht die Festlegungen im LEP-Entwurf teilräumlich differenzierter betrachtet werden müssen, als dies bislang vorgesehen ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind in einer Entwurfsphase mit rund 1.500 Einwendungen zu vielen Themen, die sich auch im LEP 1995 wiederfinden. Ich denke, einer inhaltlich sinnvollen Diskussion kann sich bei der Komplexität des Themas niemand verschließen.
Ich möchte kurz auf den CDU-Antrag „Die Landesregierung muss beim Landesentwicklungsplan Transparenz herstellen“ eingehen. Noch nie in der Geschichte der Landesentwicklungsplanung hat es eine so umfangreiche Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung gegeben wie beim vorliegenden LEP-Entwurf mit rund 50 öffentlichen Veranstaltungen und einer sechsmonatigen Auslegungsphase.
(Beifall von den GRÜNEN)
Etliche Stellungnahmen der öffentlichen Träger stehen bereits im Netz. Bei privaten Einwendern und sensiblen Unternehmerdaten sind datenschutzrechtliche Belange im Vorfeld abzuklären.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Achten Sie bitte auf die Redezeit.
Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Okay. – CDU-Antrag und Antrag der Piraten haben sich aus meiner Sicht entledigt. Eine Belehrung zur Herstellung von Transparenz braucht diese Landesregierung nun wahrlich nicht,
(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Na ja!)
insbesondere unter dem Eindruck, dass die bis 2010 regierende CDU/FDP-Mehrheit selbst keinen eigenen LEP-Entwurf zustande gebracht hat. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)