Dr. Ruth Seidl: „Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung sind kein Gegensatz.“

Antrag der CDU zu den Gehältern von Hochschulrektoren

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Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist doch in der Tat absurdes Theater, Frau Freimuth und Herr Berger, was Sie uns hier heute mit Ihrer Pseudobetroffenheit und mit Ihren kriminalistischen Einlassungen vorspielen.
(Beifall von den GRÜNEN – Karl Schultheis [SPD]: Nicht nur kriminalistisch!)
Dazu kann man nur sagen – wie der Kollege Bell das eben auch schon angemerkt hat –: Sie gehen nicht gerade sparsam mit markigen Sprüchen um. Da ist die Rede von offenkundigem Geheimnisverrat, massiver Verunsicherung, nachhaltiger Zerstörung, Misstrauen, Bevormundung, bürokratischem Steuerungswillen, Rechtsbruch, zukunftsfeindlichen Plänen und skandalösen Vorgängen.
(Zuruf von der CDU: Das ist doch so!)
Und das alles in einer wilden Mischung aus Anschuldigungen, Spekulationen und Verschwörungstheorie!
Für mich stellt sich die Frage, welchen fachlichen Anspruch Sie an sich selbst und welchen Anspruch Ihre Fraktion an eine seriöse Oppositionspolitik haben.
Wenn Sie die Frage stellen, Herr Dr. Berger, warum wir nicht darüber diskutieren, was Bund und Länder gemeinsam für eine Verbesserung der Grundfinanzierung an den Hochschulen tun können, dann sage ich Ihnen, dass Sie uns mit Ihren aktuellen Sondersitzungen, Ihren Anträgen und Fragestellungen nach dem Motto: „Hat Frau Ministerin Schulze das Parlament belogen?“, von den entscheidenden Sachdebatten ablenken.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie sprechen ganz konkret die 6 Milliarden € an,
(Armin Laschet [CDU]: 9 Milliarden €!)
die der Bund für Bildung insgesamt bereitstellen will. Mich würde hier und heute schon interessieren, wie konkret und für welche Maßnahmen dieses Geld eigentlich fließen soll. Außer einer unverbindlichen Zusage auf dem Papier ist mir bislang nichts bekannt. Frau Wanka wäre gut beraten, endlich einmal klare Vorschläge auf den Tisch zu legen.
(Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wie geht es denn konkret weiter mit dem Hochschulpakt zur Schaffung neuer Studienplätze auch nach 2020? Wo ist denn Ihre Antwort auf die richtige Forderung nach Erhöhung der Programmpauschale? Wie genau wollen Sie den Hochschulen denn das Geld für eine Grundfinanzierung zur Verfügung stellen, wenn sich im Grundgesetz nichts ändert? Wie gehen Sie eigentlich das konkrete Problem der unsicheren Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und der prekären Arbeitsverhältnisse an den Hochschulen an?
Stattdessen unterhalten wir uns hier über vermeintliche Skandale und müssen uns wirklich zum x-ten Mal Ihre ideologischen Vorhaltungen zur angeblichen Abschaffung der Hochschulfreiheit in Nordrhein-Westfalen anhören.
Dabei wissen Sie genauso gut wie wir, dass es schon aus rechtlichen Gründen geboten ist, das neue Steuerungsmodell von Hochschulrat, Leitungsebene und Senat, das mit dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz deutlich über das Ziel hinaus geschossen ist, auf eine saubere rechtliche Grundlage zu stellen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es gibt Nachsteuerungsbedarf bei der Rektorenwahl und bei der Rückführung von Entscheidungskompetenzen auf den Senat.
Haben Sie eigentlich all die Verfassungsgerichtsurteile in den verschiedenen Bundesländern – in Brandenburg, in Hamburg, in Bayern – nicht gelesen? Haben Sie sich gar nicht damit beschäftigt?
Hier muss das letzte Wort bei der Hochschule liegen und nicht beim Hochschulrat. Diese nicht unwesentlichen Korrekturen zur Stärkung der Kollegialorgane und nicht zuletzt zur Sicherung der Wissenschaftsfreiheit sieht der aktuelle Gesetzentwurf vor.
Wir begrüßen es sehr – ich sage das ausdrücklich noch einmal –, dass dieser Gesetzentwurf zeitnah in den Landtag eingebracht werden soll, damit das eigentliche parlamentarische Verfahren mit einer öffentlichen Anhörung aller wichtigen Akteure beginnen kann. Dabei ist klar, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass nach der Struck’schen Logik kein Gesetz den Landtag so verlässt, wie es hineingekommen ist.
(Zuruf: Schau‘n wir mal!)
Das beherzigen auch die Koalitionspartner von Rot-Grün, Frau Freimuth und Herr Berger – ob Sie das nun gerne hören wollen oder nicht. Ich frage Sie, was für ein Parlamentsverständnis hinter Ihren Äußerungen steht, die Sie eben einfach mal so in die Runde gegeben haben.
Ich sage Ihnen: Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung in Bezug auf gute Lehre, nachhaltige Forschung, Gleichstellung und faire Arbeitsverhältnisse muss keineswegs einhergehen mit der Einschränkung von Autonomie und erst recht nicht mit der Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.
(Beifall von den GRÜNEN)
Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung sind eben kein Gegensatz.
Eines ist auch klar: Wir haben eine exzellente Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen, auf die wir stolz sind und die wir stärken wollen. Wir haben die Mittel für die Hochschulen trotz der schwierigen Haushaltslage in den letzten Jahren kontinuierlich und erheblich steigern können, sodass die Hochschulen in der Lage waren, auch den doppelten Abiturjahrgang hervorragend zu bewältigen.
Deshalb ist das Märchen von der Rückentwicklung der Hochschulfreiheit, das Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ununterbrochen verbreiten, eine ziemliche Unverschämtheit.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Nein, das ist Fakt!)
Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde ich mich freuen, wenn wir bald auf einer sachlichen Grundlage miteinander über das reden könnten, was für unsere Hochschulpolitik und für das Land Nordrhein-Westfalen wirklich wichtig und entscheidend ist. Die heute vorliegenden Anträge von CDU und FDP tragen zu dieser Versachlichung sicher nicht bei. Ich kann jetzt schon sagen, dass wir sie ablehnen werden. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)