Josefine Paul: „Die aktuelle Lohnlücke zwischen Frauen und Männern liegt immer noch bei 22 Prozent.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn Sie bei der Umsetzung von Gleichstellungspolitik genauso fix gewesen wären wie bei der Fragestunde, wäre das für die Frauen in diesem Land sicherlich eine sehr gute Nachricht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der März ist in diesem Jahr quasi ein frauenpolitischer Kampfmonat, angefangen mit dem 8. März, dem Internationalen Frauentag. Am vergangenen Samstag ging es mit dem Equal Pay Day weiter, um den sich auch dieser Antrag dreht. Und letzten Montag haben wir eine große Veranstaltung auf dem Girls‘ Day gehabt. Mit dem Girls‘ Day werden wir uns auch morgen noch inhaltlich beschäftigen – selbstverständlich auch mit dem Boys‘ Day.
Es ist schön, dass dieser frauenpolitische Kampfmonat auch in den parlamentarischen Debatten dieses Hauses seinen Niederschlag findet. Es ist auch schön, dass die CDU mit einem eigenen Beitrag in die Debatte einsteigt, obwohl ich gleich zu Anfang betonen möchte, dass Ihre Lobhudelei auf all die großartigen Dinge, die in Berlin durch Ihre Bundesregierung in Gang gesetzt werden, wie ich finde, ein bisschen zu kurz gesprungen ist. Aber darauf werden wir noch kommen.
Warum begehen wir im Jahr 2014 eigentlich immer noch den Equal Pay Day? Das lässt sich relativ plakativ damit deutlich machen, dass die aktuelle Lohnlücke zwischen Frauen und Männern immer noch bei 22 % liegt. Wir als Grüne sagen schon seit vielen Jahren, dass Frauen 100 % verdienen. Aber mit dem auch von der CDU vorgeschlagenen Verfahren werden wir wahrscheinlich noch 100 Jahre auf 100 % warten müssen.
Lassen Sie mich an einigen Beispielen verdeutlichen, wie unterschiedlich das auch von Berufsgruppe zu Berufsgruppe ist. Zahntechnikerinnen und Zahntechniker haben eine Lohnlücke von 27 %, Bankkauffrauen und Bankkaufmänner von 19 %. Auch zwischen Juristinnen und Juristen gibt es immer noch eine Lohnlücke von zumindest 2 %.
Der von uns vorgelegte Antrag beschäftigt sich nun aus gutem Grund mit der Entgeltdiskriminierung im öffentlichen Dienst; denn der öffentliche Dienst hat aus unserer Sicht eine Vorbildfunktion. Auch wenn es hier in Sachen Entgeltgleichheit schon ein bisschen besser aussieht, ist das doch immer noch nicht zufriedenstellend. Während die allgemeine Lohnungleichheit bei 22 % liegt, beträgt sie im öffentlichen Dienst immerhin noch 9 %. Da bedarf es Verbesserungen.
Unseres Erachtens bedarf es zuerst einmal einer gründlichen Analyse. Dazu haben wir zwei Verfahren zur Prüfung vorgeschlagen, liebe CDU-Fraktion: zum einen das eg-check-Verfahren und zum anderen das auch von Ihnen erwähnte Logib-D-Verfahren. Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass das Logib-D-Verfahren, das Sie in Ihrem Entschließungsantrag breit dargestellt haben, einen Beitrag dazu leisten kann; denn bevor man etwas anständig beheben kann, muss man es erst einmal vernünftig analysiert haben – zum Beispiel unter der Fragestellung, welche diskriminierenden Aspekte und strukturellen Hemmnisse es auch im öffentlichen Dienst gibt, obwohl wir ein vermeintlich geschlechtsneutrales Tarifrecht haben.
Hier ist schon angesprochen worden, dass es dort auch um die unterschiedliche Bewertung von sogenannten Frauenberufen und Männerberufen geht. Die unterschiedliche Bezahlung lässt bereits erkennen und erahnen, dass hier gerade um diese Zuschreibung geht. Dass das aber keine objektiven Kriterien sind, können wir schon allein daran feststellen, dass das Bildungsniveau von Frauen und Mädchen heute sehr hoch ist. Sie sind qualifiziert. Sie haben sogar die besseren Berufsabschlüsse.
Wenn man sich die Lebensverlaufsperspektive von Frauen ansieht, ergibt sich allerdings Erstaunliches. Am Anfang sieht es vielleicht noch ganz gut aus. Für Berufseinsteigerinnen ist die Lohnlücke noch relativ gering. Bis zum Renteneintritt wird aus dem Gender Pay Gap aber das sogenannte Gender Pension Gap von bis zu 57 %. Der Unterschied der Rentenansprüche von Frauen und Männern beträgt tatsächlich bis zu 57 %. Das macht etwas ganz Trauriges deutlich: In diesem Land ist Altersarmut weiblich.
Daran haben Ihre Bundesgesetze leider auch nichts geändert. Sie haben sich jetzt auf die Schulter geklopft und gesagt, was Sie schon alles gemacht hätten. Viel mehr als warme Worte sind dabei aber nicht herausgekommen. Denn woran liegt es denn, dass Frauen im Lebensverlauf so viel schlechtere Chancen haben und so viel schlechtere Altersanwartschaften erwerben? Es liegt doch unter anderem daran, dass Sie mit dem Betreuungsgeld und dem Ehegattensplitting Frauen dazu animieren, aus dem Berufsleben auszusteigen.
(Ina Scharrenbach [CDU]: Quatsch!)
Sie animieren Frauen dazu, aus dem Berufsleben auszusteigen und die Perspektive auf eine eigene Existenzsicherung dranzugeben. Gleichzeitig – das ist das Perfide daran – haben Sie mit dem neuen Unterhaltsrecht den Frauen auch noch aufgedrückt, dass sie bei einem Scheitern der Ehe innerhalb von einem Jahr selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen müssen. Das ist paradox.
Darum ist es auch scheinheilig, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen: Wir machen in Berlin ganz viel Tolles für die Entgeltgleichheit der Frauen. – Das ist schlicht und ergreifend nicht richtig.
(Beifall von Manuela Grochowiak-Schmieding [GRÜNE])
Wenn Sie tatsächlich etwas für die Entgeltgleichheit tun wollen, dann machen Sie ein vernünftiges Entgeltgleichheitsgesetz, in dem es Transparenzregeln gibt, sodass Frauen auch wirklich erfahren, dass sie weniger verdienen, damit sie sich ernsthaft dagegen zur Wehr setzen können. Das ist das, was wir brauchen. Da können Sie in Berlin mit anpacken, wenn Sie wirklich etwas für die Frauen in diesem Land tun wollen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)