Berlin muss Kommunen unmittelbar entlasten

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
jetzt hat die CDU/CSU im Bundestag die Katze aus dem Sack gelassen. Der Obmann im Haushaltsausschuss, Norbert Barthle, hat erklärt, dass die Koalition zwar noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetz zur Eingliederungshilfe(Bundesteilhabegesetz) machen wolle, aber die finanzielle Entlastung in Höhe von etwa fünf Milliarden Euro erst nach 2017 in der nächsten Legislaturperiode stattfinden soll.
Bis dahin, so Barthle, müssen sich die Kommunen mit der einen Milliarde Euro Entlastung pro Jahr bundesweit  begnügen. Diese Milliarden kämen dann erst ab 2015 und nicht sofort. Barthle findet, dass es den Kommunen im Ganzen gut gehe und auch deutlich besser als dem Bund. Die bestehenden Unterschiede müssten die Länder ausgleichen.
Damit stehen CDU und SPD auch in NRW unter Erklärungsdruck. Diesen wollen wir mit einem Musterantrag weiter aufbauen. Im Antragstext ist beschrieben, was wir fordern, und warum es gerade für NRW so wichtig ist, dass das Geld bald kommt und auch die versprochenen fünf Milliarden Euro bald und nicht erst 2018 kommen.
Bitte bringt den Text so oder verändert in eurem Rat bzw. Kreistag ein. Hilfestellung kann euch Rainer Lagemann, unser wissenschaftlicher Mitarbeiter für Kommunales, geben (rainer.lagemann@landtag.nrw.de, Tel. 0211-8842561).
Mit grünen Grüßen
Mario Krüger

Musterantrag:

Schwarz-rote Koalition muss vertragstreu bleiben und Kommunen unmittelbar entlasten
Wir fordern die Bundesregierung auf, die Kommunen bereits vor der  Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes  umgehend noch in 2014 um die zugesagte eine Milliarde Euro zu entlasten. Die Städte und Gemeinden in NRW warten dringend auf ein deutliches und klares Signal angesichts ihrer hohen Verschuldung und ihrer trotz guter Konjunktur angespannten Haushaltslage. Für diese Entwicklung ist insbesondere der hohe Anteil an kommunal nur wenig zu beeinflussenden Kosten der sozialen Sicherung verantwortlich. Die Umsetzung könnte durch eine befristete Erhöhung des Bundesanteils an den Kosten der Unterkunft realisiert werden. Davon profitieren vor allem die strukturschwachen Kommunen, die eine Entlastung besonders dringend benötigen.
Wir fordern weiter: Die beim Stabilitätspakt  und auch mit dem Koalitionsvertrag versprochenen insgesamt  fünf Milliarden Euro Entlastung pro Jahr müssen spätestens 2015 die Kommunen erreichen.
Wir fordern, dass die Reform der Eingliederungshilfe schnellstens  angegangen werden muss. Die Kommunen sollen diese Aufgabe  auch in der Zukunft  bürgernah und fachlich kompetent im Sinne der betroffenen Menschen umsetzen und dürfen daher mit den damit verbundenen  finanziellen Herausforderungen nicht allein gelassen werden. Die Leistungen für Menschen mit Behinderungen müssen aus der Sozialhilfe herausgelöst und in einem Bundesteilhabegesetz das den Ansprüchen der UN-Behindertenrechtskonvention gerecht wird neu geregelt werden. Mit diesem Gesetz muss gleichzeitig eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe gesichert werden.
Die Zahl der Menschen mit Behinderung und Unterstützungsbedarf steigt jedes Jahr weiter an, entsprechend wachsen die Kosten dynamisch in erheblicher Höhe weiter. Eine dynamische Weiterentwicklung der Entlastung ist aber bisher nicht in den Plänen der Großen Koalition erkennbar.  Daher fordern wir, dass das Instrument Bundesteilhabegesetz hierzu eine sichere Antwort geben muss, damit die Entlastung der Kommunen nicht durch einen weiteren Kostenanstieg aufgezehrt wird.
Begründung:
Bereits die alte schwarz-gelbe Bundesregierung hatte bei den Verhandlungen zum Stabilitätspakt den Kommunen in Deutschland eine Entlastung von rund fünf Milliarden Euro zugesagt. Für NRW würde dies eine Verbesserung in der Größenordnung von mehr als einer Milliarde Euro bedeuten. Leider hält die neue schwarz-rote Bundesregierung diese Zusage nicht ein. Der Obmann der CDU/CSU im Haushaltsausschuss Norbert Barthle sagte, dass ein Bundesteilhabegesetz  frühestens 2017 kommt und die damit verbundene Entlastung erst 2018. Bis dahin soll es bundesweit erst ab 2015 zu Entlastungen von lediglich einer Milliarde Euro kommen. Dieses ist angesichts der Finanzlage und den gemachten Versprechungen völlig indiskutabel. Auch weitere mögliche Verbesserungen wie z.B. die Erweiterung der Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer bleiben aus. Das ist kein gutes Signal für die Kommunen.
Die schwarz-rote Koalition muss vertragstreu bleiben und darf die Kommunen nicht im Regen stehen lassen. Ohne ein klares Signal des Bundes werden die besonderen Anstrengungen des Landes Nordrhein-Westfalen zur Wiederherstellung und Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit auf eine besondere Belastungsprobe gestellt. Seit Antritt der Regierungsverantwortung im Jahr 2010 hat die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen besondere Anstrengungen zur Rettung der Kommunen vorgenommen. Strukturell werden die Städte und Gemeinden durch eine Stärkung der Gemeindefinanzierung und eine Entlastung bei Fachgesetzen wie der Finanzierung der deutschen Einheit oder des Ausbaus der Kindertagesstätten um rund eine Milliarde Euro aus Landesmitteln entlastet. Darin sind gezielte Maßnahmen für notleidende Kommunen von rund 400 Millionen Euro jährlich enthalten. Ferner hat der Wechsel der Mehrheiten im Bundesrat dazu geführt, dass im Rahmen der Verhandlungen zur Hartz-Reform (Bildungspaket) die Kommunen in NRW vom Bund bei der Grundsicherung im Alter um rund eine weitere Milliarde Euro entlastet werden.

Hintergrund-Informationen zum Koalitionsvertrag:

Bundesteilhabegesetz/Eingliederungshilfe

Keine Regelungen zum Zeitpunkt der Fünf-Milliarden-Euro-Entlastung und zur Eine-Milliarde-Euro-Entlastung bis zur Verabschiedung des Bundesteilhabegesetz
Keine konkrete Aussage zu der von den Bundesländern geforderten Einführung eines einkommensunabhängigen Bundesteilhabegeldes für Menschen mit Behinderungen. Ebenso offen bleibt die Verteilung der Entlastungsbeiträge auf die einzelnen Bundesländer
Keine Antwort auf die Frage, ob sich der Bund und wenn ja, wie sich der Bund an der Ausgabendynamik der Eingliederungshilfen beteiligt

Finanzierung von Hochschulen, Schulen, Kitas und Kinderkrippen

Welche Mittel für die einzelnen Bereiche des Bildungspakets (1,5 Milliarden Euro pro Jahr) vorgesehen sind, lässt der Koalitionsvertrag offen.
Inwieweit die kommunale Ebene von diesen Mitteln profitiert, ist unklar.
Ob ein weiteres Investitionsprogramm zur Sicherstellung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung kommt, ist offen. Entsprechende Haushaltsmittel werden nicht genannt. Ebenso ist unklar, wie die landesseitige und die kommunale Ko-Finanzierung aussehen soll.

Öffentliche Verkehrsinfrastruktur

Welche Mittel für die einzelnen Bereiche der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur (Bundesfernstraßen, -wasserstraßen, -schienenwege, kommunale Infrastrukturen) aus dem Fünf-Milliarden-Euro-Paket (1,25 Milliarden Euro pro Jahr) und ob überhaupt Finanzmittel in die kommunale Infrastruktur bereitgestellt werden, lässt der Koalitionsvertrag offen.
Erste Aussagen lassen erkennen, dass ausschließlich Verkehrsträger des Bundes gefördert werden sollen.

Städtebauförderung

Die Städtebaufördermittel werden von bisher 100 auf 700 Millionen aufgestockt.
Bleiben die bisherigen Verteilungsschlüssel bestehen, erhält NRW 15,5 Prozent der Bundesmittel, d.h. 93 Millionen Euro zusätzlich (Gesamt: 108,5 Mio. Euro).
Diese zusätzlichen Bundesmittel müssen mit 90 Millionen Euro durch das Land und weiteren 56 Millionen Euro durch die Kommunen kofinanziert werden.

Eingliederung Arbeitssuchender

Die Finanzmittel zur Eingliederung Arbeitsuchender sollen um 1,4 Milliarden Euro angehoben werden.
Die Haushaltsmittel des Bundesarbeitsministeriums werden allerdings nicht entsprechend angehoben.
Vielmehr ist daran gedacht, nicht verausgabte Mittel des Bundesarbeitsministeriums für Eingliederungsleistungen im SGB II ab 2015 zu übertragen.

Breitbandausbau

Um das Ziel eines flächendeckenden Breitbandausbaus mit einer Übertragungsleistung von mind. 50 Mbit/s bis zum 2018 zu erreichen, sind nach konservativen Berechnungen bei einer Versorgungsquote von 95 Prozent mindestens 12 Milliarden Euro erforderlich. Wird eine 100-prozentige Versorgung mit 50 Mbit/s angestrebt, dann werden mindestens 20 Milliarden € benötigt.
Zusätzliche Gelder will die große Koalition allerdings nicht bereitstellen.
Lediglich im Rahmen der EU-Förderprogramme „Regionale Wirtschaftsförderung“ und „Verbesserung der Agrarstruktur“ können Fördermittel für den Breitbandausbau bereitgestellt werden, die allerdings von den Bundesländer und Kommunen kofinanziert werden müssen.
Resümee: Eine völlig unzureichende Finanzierung  

Energieeffizienz

Als zweite Säule der Energiewende wird die Energieeffizienz im Koalitionsvertrag benannt.
Aus dem Klima- und Energiefond sollen einzelne Maßnahmen der Wirtschaft, Kommunen und Privathaushalte finanziert werden.
Ob diesbezüglich zusätzliche Mittel bereitgestellt werden, lässt der Koalitionsvertrag offen.
Im Zusammenhang mit der bisherigen Finanzierung des Klima- und Energiefonds aus den Erlösen des CO2-Zertifikatehandels und der rückläufigen Einnahmenentwicklung ist nicht zu erwarten, dass weitere Effizienzmaßnahmen finanziert werden können.

Herzliche Grüße
Mario Krüger MdL

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