„Gerecht ist, was Bildungschancen, Arbeit und soziale Gleichheit schafft“

Manuela Grochowiak-Schmieding meint:

Zum fünften Mal wird dieser 20. Februar als „Welttag der sozialen Gerechtigkeit“ begangen. Er ist im Jahr 2009 von der UNO ins Leben gerufen worden, um darauf aufmerksam zu machen, dass wir vom Ziel der sozialen Gerechtigkeit noch weit entfernt sind.
Soziale Gerechtigkeit ist ein wichtiger Garant für Frieden zwischen einzelnen Nationen. Der Oberbegriff meint eine gerechte Einkommensverteilung und gleiche Bildungschancen für alle, soziale Gleichheit und Generationengerechtigkeit. Weltweit ist die soziale Gerechtigkeit bedroht durch Armut, Ausgrenzung, Ungleichheiten oder mangelnde Teilhabe. Auch die Gleichstellung der Geschlechter und der Zugang aller Menschen zu gesellschaftlichem Wohlstand müssen enorm verstärkt werden, um das Ziel soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Auch in Deutschland – einem wohlhabenden Land – kann von sozialer Gerechtigkeit keine Rede sein. Soziale Gerechtigkeit wird hierzulande zwar als Bestreben der Sozialpolitik gesehen:  So sollen den Bürgerinnen und Bürgern Teilhabe an den Gütern der Gemeinschaft garantiert sowie eine angemessene Mindestsicherheit zur Führung eines selbstbestimmten Lebens in Würde und Selbstachtung gewährleistet werden. Doch die Realität sieht anders aus.
Die Einkommensarmut hat zugenommen. Einen Skandal stellt die hohe Kinderarmut dar. Fast 19 Prozent, das sind 2,4 Millionen Kinder und Jugendliche, sind arm oder von Armut bedroht, weil ihre Familien ein zu geringes Haushaltseinkommen haben. Oftmals fehlt es an elementaren Dingen wie vernünftigem Wohnraum, angemessener Kleidung oder einem regelmäßigen warmen Mittagessen. Zudem sind die Bildungschancen ungerecht verteilt. Noch immer spielt der soziale Status der Eltern eines Kindes eine große Rolle für seinen Bildungserfolg.
Das Gegenteil von gerecht sind auch die täglichen Diskriminierungen im Alltag vieler Menschen. Und dass die Zuwanderung wird in zu hohem Maße als Risiko statt als Chance bewertet wird, ist falsch. Das sind nur einige Punkte, die zum Ergebnis der Bertelsmann-Studie „Soziale Gerechtigkeit in der OECD – Wo steht Deutschland“ beigetragen haben, die Deutschland im europäischen Gerechtigkeitsindex nur ein Platz im Mittelfeld zuweist.
Damit die tatsächliche und gefühlte soziale Ungerechtigkeit nicht noch weiter zunimmt, sondern damit es gerechter zugeht, ist noch viel zu tun.

  • Soziale Arbeitsgerechtigkeit: Wir brauchen faire Löhne, also keine Ungleichheiten zwischen festangestellten Arbeitern und Leiharbeitern oder zwischen Männern und Frauen sowie sichere Arbeitsverhältnisse. Ältere und auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderung sollen vorbehaltlos gebunden werden.  
  • Soziale Bildungsgerechtigkeit: Längeres gemeinsames Lernen statt frühem Aussortieren erhöht die soziale Bildungsgerechtigkeit.
  • Flexiblere Arbeitsmodelle können die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und insbesondere Frauen die Möglichkeit bieten, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
  • Eine gerechtere Gesundheitsversorgung kann durch die Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin erreicht werden. Eine solidarische Bürgerversicherung stellt die gerechtere Alternative dar.
  • Und last but not least muss der inklusive Gedanke in allen Lebensbereichen verankert und verwirklicht werden, um allen Menschen eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.