Mehrdad Mostofizadeh: „Das Bundesteilhabegesetz soll so schnell wie möglich kommen.“

Antrag der FDP zur Eingliederungshilfe

Mehrdad Mostofizadeh

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich wundert bei so viel Einigkeit, dass die Politik dann doch irgendwie anders funktioniert. Das müssen dann Satellitenmenschen sein, die offensichtlich aktive Politik gestalten.
Herr Kollege Kuper, um bei Ihrer letzten Bemerkung anzufangen und auch auf die FDP einzugehen: Was die FDP in den letzten zwei Tagen hier abgezogen hat und auch morgen noch abziehen wird, ist: Man ist aus dem Bundestag raus, man ist aus der Bundesregierung raus. Jetzt kann man alles, was man immer schon nicht verantworten musste, den anderen auf den Wunschzettel schreiben.
(Beifall von Mario Krüger [GRÜNE])
Wenn der Kollege Abruszat von ritualhaftem Verhalten vorhin spricht und mich in einer Debatte anspricht, in der ich mich nicht einmal zu Wort gemeldet habe, dann würde ich einfach mal den Antrag, der seine Unterschrift trägt, zurate ziehen, in dem auf das Jahr 1982 wieder Bezug genommen wird und die Absenkung des Verbundsatzes bemängelt und als Ausgangspunkt der Verschlechterung der kommunalen Finanzsituation in Nordrhein-Westfalen genommen wird.
Nur, Herr Kollege Abruszat, was Sie vergessen, ist Folgendes: Sie haben dem Antrag, den Sie erwähnen und auf den Sie sich beziehen, am 29.10.2010 in diesem Landtag nicht einmal zugestimmt. Es waren die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen, die diesen Antrag verfasst haben,
(Kai Abruszat [FDP]: Rituale!)
in schwierigen Verhandlungen durchgesetzt haben, von denen einige Punkte – da komme ich noch einmal auf den Kollegen Kuper zu sprechen – auch höchst interessant sind. Es würde sich möglicherweise lohnen, den Antrag auch noch einmal zurate zu ziehen und die Beschlussfassung anzugucken.
In der Beschlussfassung steht nämlich unter anderem, dass man – wir haben es nicht Stärkungspakt genannt – Maßnahmen zur Entschuldung von notleidenden Kommunen ergreift und dass diese notleidenden Kommunen auch ihren eigenen Anteil zur Restrukturierung beitragen müssen. Das steht ausdrücklich in einem Antrag, den die CDU-Fraktion mit verfasst und mit beschlossen und in diesem Landtag zur Abstimmung gestellt hat.
Nach vorne, Herr Kuper! Ich kann nicht ganz verstehen, dass Sie Ihre eigene Bundesregierung in dieser Hinsicht ein Stück weit aus der Verantwortung entlassen. Die alte Bundesregierung aus FDP und CDU – und dabei stimme ich Herr Abruszat wieder ausdrücklich zu – hatte bereits versprochen, eine Entlastung in der Größenordnung von 5 Milliarden € bundesweit den Kommunen zugute kommen zu lassen, und zwar ohne Nebenwirkungen und mit sofortiger Wirkung. Das ist zumindest unsere Interpretation der Fiskalpaktverhandlungen, die wir dort geführt haben. Also: Entlastung ab 2014, spätestens 2015, und zwar in voller Höhe von 5 Milliarden €, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Zum zweiten Punkt, der in diesem Zusammenhang auch nicht zu vergessen ist: Herr Kuper hat davon gesprochen, das Bundesteilhabegesetz sei eine komplizierte Veranstaltung. Dem will ich überhaupt nicht widersprechen. Das ist so, aber zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass man fachliche Standards setzen muss. Dazu muss man sich möglicherweise mit Bundeländern wie Niedersachsen oder Baden-Württemberg – das sind ja beides auch Landesregierungen, an denen wir maßgeblich beteiligt sind – darüber auseinandersetzen, ob man deren Standard oder vielleicht den Standard haben will, der in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung der Leistungen, die wir hier angesprochen haben, üblich ist. Das möchte ich ausdrücklich hinzufügen.
Was mich allerdings erstaunt, Herr Kollege Abruszat, ist die Feststellung, dass diese steuerlichen Effekte, die Sie in Ihrem Antrag aufführen und im Gutachten beschrieben werden, offensichtlich erst ab dem 23.09.2013 eintreten.
(Minister Guntram Schneider: Genau!)
Mir ist völlig neu, dass das erst seit dem Tag der Fall ist.
(Kai Abruszat [FDP]: Sie haben es ja noch nie thematisiert! Ohne unseren Antrag hätten Sie das gar nicht thematisiert!)
Herr Abruszat, es ist klar, dass es solche Effekte gibt. Wir diskutieren dauernd bei Maßnahmen der Wirtschaftsförderung und der Städtebauförderung, dass der Bund natürlich über steuerliche Effekte davon profitiert. Deswegen fordern wir solche Tatbestände, die Sie von der FDP dann wiederum immer wieder als unnötige Geldausgaben maskieren wollen, auch ausdrücklich ein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das seht ihr mir an der Stelle nach. Ich hoffe, dass wir auf der Basis des Antrags von 2010 gemeinsam dafür streiten, die Entlastung in der Größenordnung von 5 Milliarden € – respektive 1 Milliarde € für Nordrhein-Westfalen sofort – möglichst rasch umzusetzen.
(Beifall von Marc Herter [SPD])
Und da dies wohl nicht sofort über ein Bundesteilhabegesetz möglich ist, sollte es eben über die Umsatzsteuer oder andere Entlastungsmaßnahmen geschehen. Da sind wir ganz frei in der Gestaltung. Das Bundesteilhabegesetz sollte allerdings so schnell wie möglich kommen; denn es ist fachlich notwendig und in der Sache geboten. Insofern könnten wir dem FDP-Antrag von der Anlage her folgen. Mit welcher liberalen Leichtigkeit dieser jedoch dahergeschrieben ist, erstaunt uns allerdings auch.
(Beifall von den GRÜNEN – Minister Guntram Schneider: Das kann man wohl sagen! So ist es!)

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