Andrea Asch: „Ihr Verhalten zeigt, dass es Ihnen letztendlich nicht um den Schutz der Kinder geht, sondern sich politisch zu profilieren.“

Gesetzentwurf von CDU, FDP und Piraten zum Ausbau des Kinderschutzes

Andrea Asch (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne! Wir wissen: Der Sachverhalt, den wir heute Abend erörtern, war bereits Gegenstand einer Anhörung des AFKJ, des damals federführenden Ausschuss, und des AGS für den Antrag der CDU-Fraktion.
Sofern sich die Sachverständigen zu diesem Thema geäußert haben, waren deren Stellungnahmen gegenüber dem Vorschlag der CDU überwiegend kritisch. Das müssen wir sehr ernst nehmen, denn genau aus diesem Grunde machen wir eine Anhörung, um die Wahrnehmung und Einschätzung von Sachverständigen zu dem betreffenden Gegenstand zu bekommen.
Ich möchte Ihnen die ablehnenden Stellungnahmen einmal aufzählen. Ich habe sie mir in Vorbereitung auf die heutigen Beratungen noch einmal genau durchgelesen:
Es war die Freie Wohlfahrtspflege, es waren die Landschaftsverbände, es war sogar die Ärztekammer NRW, es waren das Deutsche Jugendinstitut, Prof. Ziegler von der Uni Bielefeld und der Kinderschutzbund. Das Votum des Kinderschutzbundes sollten wir, wenn es um die Interessen und um den Schutz der Kinder geht, besonders ernst nehmen. Alle diese Gruppen haben sich ablehnend und kritisch gegenüber dem Vorhaben der CDU-Fraktion geäußert.
Meine Damen und Herren, Sie können das alle noch einmal nachlesen. Ich empfehle Ihnen von den drei antragstellenden Fraktionen, noch einmal sehr genau in die Unterlagen der Anhörung hineinzuschauen. Das ist sehr komplex. Die Stellungnahmen sind hoch differenziert. Aber alle Sachverständigen, die ich eben aufgezählt habe, haben sich gegen den Antrag der CDU-Fraktion ausgesprochen.
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Asch, der Kollege Kern …
Andrea Asch (GRÜNE): Ich möchte gerne fortfahren. Gleichwohl bringen Sie hier einen Gesetzentwurf ein, der genau diesen Antrag ausführt und wiederholt.
Was in diesem Zusammenhang besonders irritiert, ist Ihr Verhalten im Ausschuss. Es ist eben schon einmal erwähnt worden. Ich muss sagen: Wir als regierungstragende Fraktion haben – weil wir noch Beratungsbedarf hatten – darum gebeten, diesen Punkt zu schieben. Es ist guter parlamentarischer Brauch, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf einen solchen Beratungsbedarf einzugehen und dem Antrag auf Verschiebung zuzustimmen. Das haben Sie nicht getan, sondern Sie haben uns sozusagen zur Abstimmung gezwungen. Das ist kein kollegiales Verhalten.
(Heiterkeit von der CDU – Widerspruch von Marcel Hafke [FDP])
Wir haben als grüne Fraktion morgen noch ein Gespräch mit RISKID, auf das ich verwiesen habe. Ich habe darum gebeten, unseren Beratungsbedarf ernst zu nehmen. Das haben Sie nicht getan. Das zeigt sehr deutlich, dass es Ihnen nicht um eine einvernehmliche und konstruktive Lösung geht,
(Beifall von den GRÜNEN)
sondern es wird allzu deutlich, dass Sie daraus politisches Kapital schlagen wollen. Das ist verwerflich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Widerspruch von Josef Hovenjürgen [CDU])
Ihr Verhalten zeigt, dass es Ihnen letztendlich nicht um die Lösung und den Schutz der Kinder geht, sondern Ihnen geht es darum, sich politisch zu profilieren. Das ist nicht in Ordnung.
(Beifall von den GRÜNEN – Marcel Hafke [FDP]: Was wollen Sie denn machen, Frau Asch?)
Sie instrumentalisieren den Kinderschutz für Ihre parteipolitischen Interessen. Wir haben bis jetzt in diesem Haus die gute Praxis gehabt, bestimmte Themen, zu denen auch der Kinderschutz gehört, aus den parteipolitischen Debatten und dem parteipolitischen Gezänk herauszuhalten. Wir hatten immer diese Linie, die Sie jetzt verlassen haben, indem Sie uns zur Abstimmung gezwungen haben, indem Sie den Konsens nicht weiter suchen.
(Christof Rasche [FDP]: Sie haben doch überhaupt keine Linie!)
Jetzt entlarven Sie sich selbst, indem Sie die Federführung für dieses Thema aus dem Familienausschuss herausnehmen und in den AGS schieben, die Debatte, die wir miteinander geführt haben, sozusagen durchbrechen. Damit entlarven Sie sich ein Stück selbst.
Ich kann Ihnen nur sagen und Sie im Interesse der Kinder bitten: Kehren Sie zum Konsens und der guten Tradition im Landtag zurück, den Kinderschutz nicht in den politischen Streit zu ziehen, sondern im Konsens zu beraten! Hören Sie auf, Ihr parteipolitisches Süppchen auf Kosten und auf dem Rücken der Kinder zu kochen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Frau Kollegin Asch, bleiben Sie bitte am Redepult!
(Die Abgeordnete begibt sich zu ihrem Platz.)
– Frau Kollegin Asch, ich würde Sie herzlich bitten, wieder an das Redepult zu kommen. Herr Kollege Kern hat sich nämlich zu einer Kurzintervention gemeldet und bekommt jetzt das Mikrofon freigeschaltet.
Walter Kern (CDU): Besten Dank, Frau Präsidentin! Liebe Andrea Asch, das, was hier gerade vorgetragen wurde, kam mir sehr pharisäerhaft von euch vor. Ihr habt – das möchte ich hier auch zu Protokoll geben – als regierungstragende Fraktionen elf Monate nicht auf den Kinderschutzantrag der Fraktionen reagiert. Elfe Monate!
(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)
Ihr habt eine dritte Verschiebung beantragt. Ich persönlich habe den Eindruck – das will ich sehr deutlich sagen –, dass Ihr euch mit eurer Fraktion in der Arbeit hinter der Regierung verschanzt, aber in den Fraktionen selber die Arbeit aufgegeben habt und nur noch polemisch auftretet.
In der Anhörung wurde deutlich die Sinnhaftigkeit des Antrags insbesondere von den Kinderärzten unterstützt. Als Vorstandsmitglied des Kinderschutzbundes Nordrhein-Westfalen möchte ich meine persönliche Meinung äußern, dass es uns und mir persönlich nicht darum geht, politisch in irgendeiner Weise Kapital aus einer Sache zu schlagen, sondern dass es darum geht, die Kinder, die betroffen sind, wirklich zu schützen. Das ist in der Debatte sehr deutlich herausgekommen.
(Beifall von der CDU und der FDP)
Ich nehme das Angebot an. Aufgrund von Hinweisen der Regierungsfraktionen haben wir dies in den Bereich „Arbeit, Gesundheit und Soziales“ transportiert, zumal auch von Herrn Garbrecht, dem Ausschussvorsitzenden, interveniert wurde, dass es dorthin gehöre. Dem haben wir auch entsprochen.
Ich bitte darum, dass wir im weiteren Verlauf des Verfahrens zu einem einstimmigen Antrag aller Fraktionen kommen. Der Ball liegt übrigens bei euch und nicht bei uns.
(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Danke schön, Herr Kern. – Frau Kollegin Asch.
Andrea Asch (GRÜNE): Es ist richtig: Der Antrag wurde schon vor geraumer Zeit eingebracht. Es ist aber auch richtig, dass es einen neuen Tatbestand gibt, und dieser neue Tatbestand besteht darin, dass Sie einen Gesetzentwurf eingebracht haben und wir natürlich in der gebotenen Art und Weise auf diesen reagieren wollten. Das haben wir im Ausschuss auch zur Sprache gebracht, lieber Walter Kern.
Eines ist doch vollkommen klar, lieber Walter: Auch ihr wisst, dass man aus der Oppositionsrolle heraus Mehrheiten für seine Anträge organisieren muss, wenn man sie denn tatsächlich zur Umsetzung bringen will. Das gilt zumindest, wenn man umsetzungsorientiert arbeitet.
(Zurufe von der FDP)
Diese Bereitschaft, zu gemeinsamen Lösungen zu kommen, ist in der letzten Woche im Ausschuss konterkariert worden.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das ist ja jetzt lächerlich, Frau Asch!)
Das zeigt uns, dass Sie nicht an einer Lösung dieses Problems und an einer mehrheitlichen Verabschiedung interessiert sind, sondern dass Ihnen vielmehr daran gelegen ist, dieses Thema parteipolitisch auszunutzen. Insofern kann ich mich nur wiederholen: Auch die Opposition weiß, dass man, um Mehrheiten zu organisieren, die Mehrheitsfraktion sozusagen mit ins Boot holen sollte. Aber das ist letzte Woche ganz bewusst nicht passiert. Im Gegenteil: Wir wurden in eine Abstimmung gezwungen, die wir so nicht gewollt haben.
(Beifall von den GRÜNEN)

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