Dagmar Hanses: „Allein die Strafbarkeit ist nicht die Lösung – und das ist auch nicht umfassender Opferschutz.“

Antrag der CDU zum besseren Schutz von Stalking-Opfern

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Erscheinungsformen von Stalking sind vielfältig und stellen das Leben der Opfer nicht selten komplett auf den Kopf. Erhebliche Traumatisierungen sind die Folge. Opfer fühlen sich oft den Tätern – da bleibe ich in dem Fall bei der männlichen Form, weil es häufiger Männer sind als Frauen, aber auch Frauen – hilflos ausgesetzt. Auch nach Stalking-Attacken sind die Opfer noch länger betroffen.
Die Strafbarkeit der Nachstellung ist ein besonders schwieriges Feld. Stalking besteht aus einer Vielzahl von belästigenden Handlungen, die häufig jede für sich allein eben nicht strafbar ist. Eine SMS, ein übler Brief, einmal im Hauseingang gestanden – das sind Verhaltensweisen, die den Strafbarkeitsbereich noch nicht tangieren. Doch die Summe und die narzisstische Persönlichkeit der Täterinnen und Täter machen die große Belastung für die Opfer aus.
Doch allein die Strafbarkeit ist nicht die Lösung – und das ist auch nicht umfassender Opferschutz. Unsere Präventionsansätze haben das Ziel, Opfer erst gar nicht zu Opfern werden zu lassen. Wir setzen auf Information, die Bündelung von Kompetenzen der Hilfesysteme und der Strafverfolgungsbehörden. Ich möchte auch an dieser Stelle auf die Homepage des Landes „stalking-nrw.de“ verweisen. Das ist ein Netzwerk, an das sich Helferinnen und Helfer, Angehörige, Opfer und auch Täterinnen und Täter wenden können.
Die Enthaltung des Justizministers in der Justizministerkonferenz begrüßen wir, Herr Kollege Kamieth. Denn die Enthaltung bedeutet nicht „keine Meinung haben“. Sie sollten als Parlamentarier eigentlich wissen, dass eine Enthaltung eine differenzierte Haltung deutlich machen kann.
Und das, was Sie so platt in Ihrem Antrag fordern, die Umwandlung von einem Erfolgsdelikt in ein Eignungsdelikt, ist aus unserer Sicht problematisch und nicht so einfach zu realisieren. Wir wollen uns das gerne gemeinsam im Ausschuss anschauen und sind gespannt, zu welchem Ergebnis wir kommen.
Kollegin Lüders hat es schon angesprochen: Copy & Paste können nicht nur die Piraten, das kann auch die CDU. Es waren viele Bausteine aus dem CDU-Antrag aus Rheinland-Pfalz zu finden, aber auch aus dem rot-grünen Antrag in Rheinland-Pfalz. Vielen Dank für die Übernahme!
Ein Problem haben wir jetzt schon mit Ihrem Antrag – ich möchte schon einmal darauf hinweisen –: Die angezeigten Delikte mit den Verurteilungen ins Verhältnis zu setzen und aufgrund dessen Rückschlüsse auf die Wirksamkeit eines Paragrafen des Strafgesetzbuches zu ziehen, das finden wir zumindest fragwürdig und problematisch.
(Beifall von Matthi Bolte [GRÜNE])
Dass das Strafgesetzbuch eindeutig bundesrechtlich verankert ist, wissen wir alle. Ich möchte Ihnen noch zur Ausschussberatung die Frage mit auf den Weg geben: Welcher Bundesregierung traut die CDU da nicht? Welche Bundesregierung kritisiert die CDU mit ihrem Antrag? Ist es die Bundesregierung von 2007, die die Änderungen im StGB vorgenommen hat? Ist es die Große Koalition gewesen? War es die letzte Bundesregierung – als Sie den Antrag formuliert haben, war die schwarz-gelbe Bundesregierung wahrscheinlich noch im Amt –, oder ist es die frisch ins Amt getretene neue Bundesregierung? Wir wissen es nicht.
Selbstverständlich freuen wir uns auf die Beratungen im Ausschuss. Es steht NRW immer gut zu Gesicht, sich mit problematischen Bereichen wie Stalking zu beschäftigen. Wir schauen mal, was es da an neuen Erkenntnissen gibt und wie Sie dann mit Ihrer Bundesregierung umgehen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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