Daniela Schneckenburger: „Qualität ist aus unserer Sicht ein wichtiges Merkmal nachhaltigen Wirtschaftens“

Gemeinsamer Antrag zum Meisterbrief

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Erfolg hat immer viele Väter, auch Mütter. Herr Spiecker, ich freue mich, dass Sie einen Erfolg in dem gemeinsamen Antrag sehen. Das ist nicht zuletzt auch dem rot-grünen Entschließungsantrag zu verdanken. Das hätte man an der Stelle auch erwähnen können. Insbesondere angesichts der Vorgänge am Rande des letzten Plenums wäre das sachgerecht gewesen.
Aber gut, bei aller Notwendigkeit der politischen Differenzierung ist es richtig und gut, dass fast alle Fraktionen im Landtag Nordrhein-Westfalen – in der Tat, wir sind nicht alle einig, aber vier von fünf Fraktionen – bereit sind, sich an die Seite der Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen zu stellen. Das sind kleine, das sind mittlere Unternehmen. Das sind auch größere mittlere Unternehmen in Nordrhein-Westfalen.
Worum geht es? Es geht darum, dass die EU den Meisterabschluss – ich würde nicht sagen Meisterzwang – zur Disposition zunächst gestellt hat, dann einen Teilrückzieher gemacht und vorsichtiger formuliert hat, aber immerhin eine in Deutschland aus gutem Grund gewachsene Tradition der Meisterprüfung im Handwerk, der Meisterqualifikation infrage gestellt hat.
Für uns ist das ein wichtiger Wettbewerbsvorteil, auch im europäischen Vergleich. Es geht dabei nicht nur um die Qualität der Leistung, sondern es geht auch um Qualität von Aus- und Weiterbildung. Da leisten nämlich die Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland einen wesentlichen Anteil. Wenn man ins Ausland geht, dann sieht man, dass das duale System auch im internationalen Vergleich ein Vorbild ist, um das wir beneidet werden. Qualität ist aus unserer Sicht ein wichtiges Merkmal nachhaltigen Wirtschaftens.
Ich will auch dazu sagen, dass die Reform der Handwerksnovelle 2004, mit der die damalige Bundesregierung den Meisterbrief als Zutrittsschwelle von 94 aus 41 Handwerksberufe gesenkt hat, auch ihre Berechtigung und Rationalität hat. Man muss genau hinsehen, welche Gewerke aufgrund ihrer Gefahrengeneigtheit eine hohe fachliche Qualifikation erfordern und an welchen Stellen es auch sinnvoll war, die Zutrittsschranke zu senken.
Diese Diskussion wurde 2003 geführt. Ich glaube, dass die damals gefundene Lösung auch eine sinnvolle und richtige war. Insofern geht es aus unserer Sicht nicht darum, mit dieser Debatte die Novelle rückabzuwickeln, sondern deutlich zu machen: Ja, es ist gut, dass wir ein hohes Qualifikationsniveau im Handwerk haben. Ja, das Handwerk ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein Nordrhein-Westfalens. Ja, das Handwerk trägt enorm viel zur Ausbildung und Qualifikation und damit dazu bei, dieses Qualifikationsniveau zu erhalten.
Jetzt muss man sich aber noch einmal genau ansehen, welche Entwicklung im Handwerk seit der Handwerksnovelle 2004 eingesetzt hat und wie sich die Zahl beispielsweise der Solo-Selbstständigen und die Betriebsstruktur entwickelt hat. Bislang hatten wir eine Situation, da gab es sehr viele stabile Kleinbetriebe, häufig in der Größenklasse von fünf bis 20 Beschäftigten im Handwerk. Diese Entwicklung hat sich seit der Handwerksnovelle verändert.
Es lässt sich beobachten, dass die Ein-Personen-Unternehmen ebenso wie Kleinstunternehmen mit zwei bis vier Beschäftigten zugenommen haben. Das ist zunächst einmal wünschenswert, aber nur dann, wenn es gelingt, dass diese Unternehmen auch in eine dauerhafte wirtschaftliche Entwicklung kommen.
Wenn die Zahl der Insolvenzen parallel dazu steigt, wenn zu vermuten ist, dass es sich fast um Scheinselbständigkeit handelt, weil Unternehmen oftmals aus einer abhängigen Beschäftigung heraus auf den Markt gegangen sind, dann wäre das eine Entwicklung, die anders zu beurteilen wäre. Darum macht es viel Sinn, sich die Evaluation der Handwerksnovelle mit dieser Perspektive vorzunehmen, gerade mit Blick auf die Entwicklung der Selbständigkeit und der Insolvenzen. Dass man das nicht nur auf nordrhein-westfälischer Ebene tut, sondern dass man das bundesweit macht, erscheint aus unserer Sicht auch naheliegend.
Insofern ist mir der Piraten-Antrag an der Stelle überhaupt nicht verständlich, in dem so getan wird, als ob wir uns in einem abgegrenzten Bereich bewegen würden. Das macht keinen Sinn. Den Antrag werden wir auch aus diesem Grund ablehnen.
Ich glaube aber, dass die Diskussion um die Evaluation wichtig ist, um dann beurteilen zu können, ob es Änderungsbedarf an der Handwerksnovelle von 2004 gibt oder ob man sagen kann: Die Dinge sind richtig gelaufen und richtig gemacht worden, und wir unterstützen gemeinsam …
Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende!
Daniela Schneckenburger (GRÜNE): … das Handwerk in Nordrhein-Westfalen, auch für die Zukunft. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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