Sigrid Beer: „Es gibt in Nordrhein-Westfalen keinen Maulkorb für Lehrerinnen und Lehrer!“

Antrag der CDU zu angeblichen Maulkörben für LehrerInnen

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in Nordrhein-Westfalen keinen Maulkorb für Lehrerinnen und Lehrer – weder wurde er von der Landesregierung noch von einzelnen Ministerinnen und Ministern ausgesprochen. Das will ich am Anfang meiner Rede sehr deutlich sagen.
(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])
Diese Schulministerin ist jede Woche seit Dienstantritt vor Ort. Sie ist in Schulen präsent. Sie ist für Eltern präsent, für Kolleginnen und Kollegen präsent und jederzeit zum Gespräch bereit. Sie hat die Bildungskonferenz initiiert, gemeinsam mit der Ministerpräsidentin dazu eingeladen und sie moderiert – in einem Beteiligungsverfahren, das es bisher bundesweit so noch nicht gegeben hat.
Jeder in diesem Land ist aufgefordert, sich an der notwendigen Schulentwicklung zu beteiligen – egal, ob Lehrerin oder Lehrer, ob Eltern, ob Schülerinnen oder auch Schulverwaltung. Jeder, der Kritik übt, ist willkommen. Kritik sollte aber fachgerecht, aufrichtig und redlich sein.
Sehr geehrte Frau Kollegin Vogt, was Sie gerade nach der Akteneinsicht gemacht haben, ist unredlich und einer seriösen Schulpolitik aufs Gröbste unwürdig. Das ist politische Instrumentalisierung der Offenlegung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie stellen sich natürlich hierhin – man erzählt nicht darüber – und versuchen, eine Legende zu bilden und Nebelkerzen zu streuen. Das ist wirklich unwürdig.
(Petra Vogt [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
– Sie können am Ende meiner Rede Ihre Frage stellen. Ich beantworte sie gern, um meine Redezeit zu erweitern. Jetzt möchte ich gerne durchgehend reden.
Aber ich frage mich natürlich: Woher haben Sie eigentlich Ihre Fantasien? Ich will den Faden aufnehmen, den die Kollegin Hendricks gerade schon gezogen hat. Das kann ich mir nur so erklären, dass Sie immer noch die Muster schwarz-gelben Handelns im Kopf haben, die wir zwischen 2005 und 2010 erlebt haben, nämlich im Schulressort.
Wissen Sie, was es da gerade zum Ende der Legislaturperiode gab? Eine Ministerin mit Maulkorb. Sie wurde nämlich gar nicht mehr in die Öffentlichkeit gelassen. Sie durfte gerade einmal Blumensträuße verteilen. Die politischen Reden hat der Staatssekretär gehalten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie war nicht in der Lage, noch irgendeine bildungspolitische Entscheidung zu begleiten.
(Beifall von den GRÜNEN – Widerspruch von der CDU)
Der Staatssekretär hat sich eher als politischer Kommissar entpuppt, als seiner Rolle der Verwaltungsleitung eines Hauses gerecht zu werden. Das muss man doch deutlich sagen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Sie wissen doch auch von den Anrufen in den Chefredaktionen, wenn mal kritische Berichterstattung und Kommentare vorgelegen haben. Sie wissen auch von der Klagedrohung an die Opposition – sowohl an Frau Löhrmann als auch an mich –, weil wir aufgedeckt haben, dass es ein Pressesprecher nicht ganz genau mit der Wahrheit genommen hat, als es um das erste Zentralabitur ging.
Sie wissen doch auch, dass Kollegen und Kolleginnen persönlich einbestellt worden sind, nachdem sie sich auf Podien über die Schulpolitik des Landes geäußert haben.
Sie wissen hoffentlich auch, dass es der Staatssekretär mit dem Fahnden im Ministerium sehr genau genommen hat, wenn er dachte, Informationen seien vielleicht nicht so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hat.
Wenn Sie solche Informationen und solche Fantasien über Ihre Politik von 2005 bis 2010 im Kopf haben, kann ich Ihre Reaktion sehr gut verstehen. Aber diese Landesregierung, dieses Kabinett und diese Ministerin stehen für eine andere Politik, für eine demokratische Beteiligungskultur in diesem Land. Das werden wir heute unmissverständlich miteinander feststellen. – Danke schön. Jetzt freue ich mich auf die Frage von Frau Vogt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Zwischenzeitlich hat sich Frau Kollegin Vogt zu einer Kurzintervention gemeldet.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Noch besser!)
Die führt sie jetzt auch durch.
Petra Vogt (CDU): Sehr geehrte Frau Kollegin Beer, ist Ihnen der Fall eines Schulleiters bekannt, der sich bei einer Veranstaltung mit einem Anliegen an die Schulministerin wandte, die Schulministerin ihm daraufhin sagte, er möge ihr das bitte in einem Brief mitteilen, der Schulleiter das tat und danach ernsthaften Ärger mit der Schulaufsicht bekommen hat?
Sigrid Beer (GRÜNE): Wieder so eine Ihrer Darstellungen. Dieser Fall ist mir absolut nicht bekannt.
(Zurufe)
Das ist genau dieses Nebelkerzenwerfen und Nicht-Offenlegen, was wir eben auch schon erlebt haben. Das wird sehr deutlich und ist Ihre Taktik in der ganzen Geschichte. Sie können das alles ja auch gar nicht nachweisen. Die Fälle sind mir nicht bekannt.
(Zurufe)
– Wir haben eben erlebt, wie Sie hier agieren. Ich habe es betont: Die Ministerin ist im Land unterwegs, ist offen für Gespräche. Das machen wir auch, nehmen jede Kritik gerne auf. Dass hinterher Dinge nicht so umgesetzt werden – das betrifft auch die Kritik im Anhörungsprozess –, gehört zu den demokratischen Aushandlungs- und Entscheidungsprozessen, und das hat dann jeder nach einer Diskussion auch zu akzeptieren. Das ist, glaube ich, das Wesentliche, was dazu zu sagen ist.
(Beifall von den GRÜNEN)

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