Dr. Birgit Beisheim zum Bereich Wirtschaft, Industrie, Mittelstand und Handwerk

Landeshaushalt 2014 zweite Lesung

Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Bombis, zusammenfassend kann ich zu Ihrer Rede eigentlich nur sagen, dass jetzt klar ist, warum die FDP mehr und mehr an Bedeutungslosigkeit verliert.
(Demonstrativer Beifall von der FDP – Beifall von der SPD – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Eben! Sie sind noch auf dem Weg dahin!)
Der Entwurf der Landesregierung für den Einzelplan 14 setzt wie in den Jahren zuvor eindeutige Prioritäten beim Mittelstand und der Strukturförderung. Herr Wüst, es heißt in dem Lied „müssen wir nicht darben“ und nicht „müssen wir nicht sparen“.
Trotz einer Reduzierung der Ausgaben von insgesamt 42 Millionen € unternehmen wir alle Anstrengungen, um die Unternehmen, die hier vor Ort Arbeitsplätze schaffen und erhalten, die Verantwortung für ihre Belegschaften und ihr Umfeld unternehmen, zu unterstützen. Aber wir werden nicht hinnehmen, wenn Unternehmen bestehende Verträge zwischen den Tarifpartnern missachten, wie das in den letzten Wochen geschehen ist. Überall dort, wo Verträge gebrochen werden, wird ein solches Vorgehen von uns missbilligt. Wir werden die betroffenen Unternehmer an ihre soziale Verantwortung erinnern. Vertrauen ist keine Einbahnstraße, meine Damen und Herren.
Unsere Politik zielt auf eine eindeutige Unterstützung des Mittelstands ab. Deshalb haben wir die bisherigen Mittel zur Förderung der mittelständischen Unternehmen und freien Berufe erhalten. Das fördert die positive wirtschaftliche Entwicklung und sichert Beschäftigung.
Mit dem Mittelstandsförderungsgesetz und der darin verankerten Mittelstandsverträglichkeitsprüfung von Initiativen der Landesregierung haben wir darüber hinaus ein wichtiges Instrument geschaffen, mit dem die Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns von kleinen und mittleren Unternehmen noch weiter verbessert werden können.
Das Handwerk nimmt in Nordrhein-Westfalen wirtschaftspolitisch eine besondere Rolle ein, denn jedes vierte Unternehmen in unserem Land gehört zum Handwerk. Jeder fünfte Arbeitsplatz wird von ihm gestellt. Darüber hinaus trägt das Handwerk in besonderem Maße zur ökologischen Erneuerung, zur Ausbildung und zur regionalen Wertschöpfung bei. Wir werden auch zukünftig über die Handwerksinitiative Aktivitäten zur Steigerung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit unterstützen und damit für eine gesunde Entwicklung dieses so wichtigen Wirtschaftszweiges sorgen.
Herr Bombis, als Unternehmerin und Gründerin kann ich Ihnen sagen, dass gerade die Initiativen und Instrumente zur Existenzgründung und Existenzsicherung hier in Nordrhein-Westfalen gut sind.
Ein besonderes Augenmerk sollte dabei zukünftig aus meiner Sicht allerdings auf dem Betriebsübergang liegen, denn viel zu viele Unternehmen finden keine Nachfolgelösung und müssen daher ihren Betrieb auflösen. Hier gibt es noch viele Potenziale, die es zu fördern gilt. Deshalb leisten wir mit dem Beratungsprogramm Wirtschaft NRW weitere Unterstützung, um gegründete Unternehmen zu stabilisieren und somit einen nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten.
In diesen Zusammenhang gehört auch, dass wir als rot-grüne Regierungskoalition eine Initiative in den Landtag eingebracht haben, mit der wir speziell die gemeinwohlorientierte Wirtschaft stärker unterstützen wollen. Das hat nichts mit Wachstumsbremsen zu tun, sondern ist als Anregung, als zusätzliche Schaffung von Möglichkeiten und Potenzialen gedacht, die gerade in diesem Bereich schlummern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn gerade bei der Energiewende, im wohnungswirtschaftlichen Wandel oder speziell bei der Nahversorgung im ländlichen Raum ist eben diese Unternehmensform von zunehmender Bedeutung.
Im ländlichen Raum hat auch das Thema „Tourismus“ eine besondere Bedeutung, die schon Herr Eiskirch angesprochen hat. Mit einem Bruttoumsatz von 31,3 Milliarden € in Nordrhein-Westfalen trägt dieser Sektor mit rund 3,5 % zum Volkseinkommen bei. Hierbei existieren und entstehen Arbeitsplätze, die in den jeweiligen Regionen dringend benötigt werden und dort einen nachhaltigem Impuls auslösen. Deshalb begrüßen wir die Erhöhung der Förderung des Tourismus um 400.000 € ausdrücklich und bringen damit zum Ausdruck, dass die Destination Nordrhein-Westfalen für uns trotz knapper Kassen eine besondere Aufmerksamkeit erfährt.
Meine Damen und Herren, ich will nur kurz auf die neue EU-Förderperiode eingehen und nicht wiederholen, was Kollege Eiskirch dazu bereits ausgeführt hat. Es war eine wirklich gute Nachricht für Nordrhein-Westfalen, dass es offenbar für die Jahre 2014 bis 2020 mehr Geld im Rahmen des EFRE-Förderprogramms gibt.
Insgesamt schaffen wir mit diesem Haushaltsentwurf und den dort abgebildeten Prioritäten die Voraussetzungen, die wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens nachhaltig positiv zu beeinflussen. Das tun wir vor dem Hintergrund der unklaren wirtschaftlichen Lage in Europa und der Notwendigkeit zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, die wir als Rot-Grün sehr ernst nehmen.
(Widerspruch von der FDP)
Aber leider fehlt die Ernsthaftigkeit bei den Einsparvorschlägen der CDU komplett. Eher scheint dort das Pi-mal-Daumen-Prinzip als mathematische Grundrechenart zu gelten. So schlagen Sie eine Abschaffung des Tariftreue- und Vergabegesetzes vor und erwarten zusätzliche Mittel durch den Wegfall des Personals bei der Prüfbehörde.
(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Fragen Sie mal die Handwerker!)
Anscheinend sind der CDU in Nordrhein-Westfalen unter Einbeziehung des aktuellen Koalitionsvertrags, aber auch der FDP Dinge wie die Einhaltung von Mindestlohn, die Frauenförderung, die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der Ausschluss von Kinderarbeit und ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen bei der Produktion im Ausland und weitere Maßnahmen zur fairen Beschaffung nichts wert. Das finde ich sehr schade.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der zweite Vorschlag mit wirtschaftspolitischem Bezug hat es aber in sich. Sie schlagen im Kapitel Steuern eine Erhöhung des Baransatzes um 50 Millionen € vor und begründen das mit neuen Wachstumsimpulsen durch eine von Ihnen geplante Umsetzung der wirtschaftspolitischen Empfehlung des Beratungsunternehmens McKinsey. Ich empfinde diese Art der Herangehensweise und Operationen im politischen Raum jedoch als schlichte Arbeitsverweigerung. Denn die reine Übernahme von Handlungsempfehlungen einer Beratungsfirma ist für mich wirklich keine große Herausforderung.
(Zuruf: Das machen die doch immer so!)
Was die Kurzstudie von McKinsey allerdings ausweist – und das ist wirklich ein richtiger und wichtiger Gedanke, den man in Zukunft betrachten muss – ist der Gedanke, dass es industriepolitisch wichtig ist, das Thema „Recycling“ noch einmal etwas genauer zu beleuchten. Dazu reicht der Gedanke an eine einzige Recyclinganlage aber nicht aus. Das wäre zu kurz gegriffen bzw. eine zu einfache Darstellung dieses richtigen Ansatzes. Von wirklicher industriepolitischer Bedeutung für Nordrhein-Westfalen ist ein nachhaltiges, industrielles Stoffstrommanagement. Und in diesem Punkt gilt es zukünftig vor allem diejenigen Lücken zu schließen, die sich zwischen der technischen Machbarkeit und der Wirtschaftlichkeit auftun. Und auch Minister Duin hat diesbezüglich bereits darauf hingewiesen, dass die Landesregierung dort tätig sei.
Wo also sollen die 50 Millionen € herkommen, die Sie herbeifantasieren? Nordrhein-Westfalen braucht einen verlässlichen politischen Partner und eine Landesregierung, die einen eindeutigen, klaren Kurs fährt. Und ich finde, an diesem Haushalt wird eines klar: Das ist Rot-Grün, und es sind nicht die Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Plenums. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)