Norwich Rüße zum Bereich Landwirtschaft

Landeshaushalt 2014 zweite Lesung

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beiträge der Vorredner haben mir gezeigt, dass wir in der Tat die Probleme alle erkennen, aber wir doch sehr unterschiedliche Lösungswege sehen.
Herr Höne, ein Vorwurf, denke ich, ist vollkommen falsch, nämlich dass dieser Minister nicht für alle Landwirte da wäre. Ich glaube, es ist genau umgekehrt: Sie versuchen einen Keil hineinzutreiben. Sie versuchen an der Stelle es so darzustellen, als ob es so wäre, dass sich dieser Minister nicht um die konventionelle Landwirtschaft kümmern würde.
Eines ist aber auch klar: Wir haben große Probleme, die eben auch mit der Form der Landwirtschaft, wie wir sie aktuell haben, zusammenhängen. Die Diskussion um Großmastanlagen wird uns weiter beschäftigen und damit zusammenhängend auch der Filtererlass.
Wen trifft denn der Filtererlass? Haben Sie sich den einmal genau angesehen? Der betrifft nur einen kleinen Teil der Betriebe, nämlich diejenigen Betriebe, die in eine Größenordnung von über 2.000 Schweinemastplätzen hineingewachsen sind. Das ist ein kleiner Anteil. Sie tun so, als wären das alle Betriebe, außer vielleicht die ökologischen Betriebe, weil die ja sowieso bevorzugt werden. Nein, der Minister hat hier eine konkrete Lösung vorgelegt.
Wenn es dann im Einzelfall ein Problem gibt, muss man sich genau ansehen, wie man das lösen kann. Vielleicht kann man es aber auch nicht lösen, weil dann in einer bestimmten Ortslage die Emissionen tatsächlich zu groß sind und es sinnvoll wäre, wenn an der Stelle nicht ein Stall entsteht, der Emissionen erbringt.
Wir haben weitere große Probleme, an denen man nicht vorbeikommt. Wir haben das Problem zunehmender Konzentration auf bestimmte Früchte. Da muss man gar nicht gleich von Monokultur reden, aber es ist doch deutlich, dass wir im Münsterland viel zu viel Mais haben. Wir haben das Problem ständig wachsender Gärresteberge und gleichzeitig wachsender Gülleströme. Das ist einfach so.
Kollege Sundermann hat ja eben auch schon angesprochen, dass die Nitratwerte wieder deutlich schlechter geworden sind. Wir hatten in den letzten 20 Jahren gedacht, mit den Wasserkooperationen, die uns jährlich 8 Millionen € kosten, befänden wir uns eigentlich auf einem guten Weg. Aber der landwirtschaftliche Intensivierungsprozess hat in wenigen Jahren dazu geführt, dass sich alles wieder gedreht hat. Das kann nicht in unserem Interesse sein. Dann kommen wir an einen Punkt, wo man kontrollierend und regulierend eingreifen muss. Es geht dann nicht anders. Da können Sie nicht sagen, wir lassen das alles laufen. Dann haben Sie keine andere Möglichkeit. Herr Papke, Sie grinsen verschmitzt, aber Sie stimmen mir an der Stelle sicher zu.
Ich will auch daran erinnern, als es in den letzten Jahren darum ging, wie wir die Güllemengen in den Griff bekommen, was alles seitens des Ministers getan worden ist. Bezüglich der Gülleimporte aus den Niederlanden hat es große Verhandlungen gegeben, um die wegzubekommen oder steuern zu können. Mit dem Herbsterlass haben wir zudem über die Regulierung erreicht, dass im Herbst nicht mehr die Güllefluten nach dem Motto anfallen, wir leeren einmal unsere Behälter, damit wir über den Winter auskommen. Nein, die Gülle wird jetzt so eingesetzt, dass sie mehr pflanzenverträglich wirken kann und nicht ins Grundwasser absickert. Das war dann erst einmal vielleicht ein Alleingang von NRW. Wenn Sie aber einmal genau hinsehen, werden Sie sehen, dass die Abstimmung zwischen NRW und Niedersachsen, die dabei sehr wichtig ist, funktioniert. Damit gehen die beiden großen Veredelungszentren in Deutschland da Hand in Hand. Von daher ist auch das dann nicht mehr so zu sehen.
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Sternberg?
Norwich Rüße (GRÜNE): Ja, bitte.
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Herr Sternberg.
Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Danke schön, dass ich die Zwischenfrage stellen kann. Herr Rüße, Sie haben vorhin gesagt, dass im Münsterland der Maisanbau so zugenommen habe. Hat das vielleicht auch etwas damit zu tun, dass Ihre Parteifreundin, die damalige Ministerin Bärbel Höhn, den Landwirten gesagt hat, sie seien die Ölscheichs von morgen, und die Biogasanlagen massiv gefördert hat?
Norwich Rüße (GRÜNE): Lieber Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg, ja, das hat einen gewissen Zusammenhang und den erkläre ich Ihnen jetzt. Frau Höhn hat auf Veranstaltungen immer Folgendes gesagt: Wir möchten angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Betriebe den Landwirtschaften mehr Standbeine ermöglichen. Wir möchten, dass sie ökologischen Landbau machen können, dass sie ihre Produkte direkt vermarkten, dass sie Energiewirte werden. – Genau das hat sie gesagt. Sie hat sich das aber nie so vorgestellt, dass die Landwirte gleich alles auf einmal machen. Das ist das Problem, das wir im Münsterland haben.
Schauen Sie einmal genau hin, seit wann wir den Bau der Biogasanlagen haben, seit wann es so geboomt hat. Das war nach Einführung des NawaRo-Bonus. Da sind nicht wir beteiligt, sondern Sie waren beteiligt gewesen. Wir haben von 600 Biogasanlagen 200 allein in den Jahren 2009, 2010 bekommen. Das ist doch genau Ihr Verdienst.
Also, Bärbel Höhn hat den Landwirten neue Möglichkeiten empfohlen, aber Bärbel Höhn war verantwortlich dafür, dass es von der Landwirtschaft falsch umgesetzt worden ist.
Meine Damen und Herren, es ist gut, dass Sie das Problem angesprochen haben. Die Diskussionen um die Großmastanlagen, um die Biogasanlagen zeigen ja, dass sich Landwirtschaft immer stärker von ihrem Ursprung entfernt und wir auch immer größere Diskussionen über Landwirtschaft haben.
Wir begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass wir einen zarten Einstieg in die europäische Agrarreform bekommen haben, dass Fruchtfolgen in der Landwirtschaft wieder mitgedacht, wenn auch nicht ausreichend umgesetzt werden müssen, und dass es ökologische Vorrangflächen geben wird. Das alles ist ein erster Einstieg und die Erkenntnis, dass Landwirtschaft bei Weitem nicht umweltgerecht genug ist.
An dieser Stelle möchte ich unserem Minister einen ausdrücklichen Dank aussprechen, dass er im Rahmen der AMK die Interessen unseres Bundeslandes – das ist eben auch ein paar Mal angesprochen worden – so gut vertreten hat, dass wir in der Tat bei den Mitteln der zweiten Säule deutlich zugelegt haben.
Insgesamt ist aus unserer Sicht der Agrarhaushalt gut aufgestellt, insbesondere die kleinen Bausteine, die Sie hier so kritisiert haben, an denen Sie sich so reiben, Herr Höne, wie beispielsweise das 100-Kantinen-Programm, die Infokampagne Ökolandbau. Das sind meines Erachtens genau die kleinen Bausteine, die uns perspektivisch voranbringen, wo Neues gedacht wird, wo neue Impulse hineinkommen. Von daher ist es genau wichtig und richtig, dass wir an der Stelle Dinge ausprobieren, anschieben und auch neue Wege gehen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der FDP)