Wir brauchen bessere Ansätze, um Plastikmüll zu vermeiden

Hans Christian Markert meint:

Die EU sagt den Plastiktüten in Europa den Kampf an. Die Mitgliedstaaten sollen bei den Instrumenten – Verbot oder Abgaben – wählen können. Fakt ist: Die Plastik-„Vermüllung“ schreitet voran. Tonnenweise Plastik verschmutzt unsere Weltmeere, und unsere Produktions- und Konsummuster befördern immer mehr Kunststoff-Partikel in unser Abwasser: aus Zahnpasten und Shampoos oder durch Abrieb aus unserer Kleidung. Es ist wichtig, dieses Umweltthema endlich entschlossen anzugehen. Richtig ist auch, eine europäische Lösung zu finden.  

Dem richtigen Vorstoß der EU fehlt es jedoch an der Kreativität bei den Instrumenten, um den selbst von unseren modernen Kläranlagen nur unzureichend erfassten Kunststoffabfluss nachhaltig einzudämmen. Verbote erzeugen häufig eine kontraproduktive Abwehrhaltung bei VerbraucherInnen und KonsumentInnen. Zumal die aufgeklärten VerbraucherInnen selbstverständlich längst zur Stofftragetasche greifen oder Plastiktüten zumindest x-fach wiederverwenden. Abgaben können unsozial ausgestaltet und verstanden werden. Ein Recyclingsystem müsste erst aufwendig etabliert werden – mit zeitlichem und bürokratischem Aufwand.  

Einmal mehr wird deutlich: Wir müssen den Lebenszyklus eines Produktes von Anfang an und über den schlichten Gebrauch in den Mittelpunkt der Betrachtung stellen, statt nachgelagerten Umweltschutz zu betreiben. Diese Erkenntnis ist nicht neu. „Kosten des Umweltschutzes sind Kosten der Produktion“, so wurde es schon in den ‚Freiburger Thesen‘ von sozialliberalen Vordenkern in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts formuliert.  

Genau hier setzen wir mit der Enquete-Kommission zur nachhaltigen Zukunft der Chemieindustrie in Nordrhein-Westfalen an. Wir brauchen andere Rohstoffbasen in der Kunststoffproduktion. Solche, die die Rohstoff-Wiederverwendung grundsätzlich und flächendeckend tatsächlich ermöglichen. Und solche, die zumindest rückstandslos natürlich abbaubar sind. Die Umweltpolitik der Zukunft denkt in Kreisläufen und ist nicht länger nachgelagerter Umweltschutz. Vermeidungsansätze (Suffizienz) stehen auf dem Weg dahin gleichberechtigt neben dem schonenden Rohstoffeinsatz (Effizienz). So kann der Weg aus unserer Plünder- und Plundergesellschaft gelingen. Übrigens jenseits eines gerade in der Umwelt- und Verbraucherpolitik weit verbreiteten Verbotsansatzes. Wir müssen die Gesellschaft in ihrer Breite für diesen Ansatz gewinnen. Auch bei der Frage, wie ich meine Lebensmittel nach Hause trage, muss gelten: Mündigkeit statt Bevormundung.