Verena Schäffer: „Es gibt durchaus für Real- und Hauptschulabgängerinnen und -abgänger die Möglichkeit, in die Polizei zu kommen und das Studium zu absolvieren.“

Antrag der CDU zu Ausbildung bei der Polizei

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns einig: Der Polizeiberuf ist ein äußerst interessanter, vielfältiger und spannender Beruf. Zum Glück gibt es auch heute noch viele junge Menschen, die sich für diesen Beruf interessieren und sich auch tatsächlich bewerben. Die Zahlen sind von Herrn Lohn gerade genannt worden.
Wir hatten in den letzten Jahren immer Bewerberzahlen zwischen 7.000 und 7.500. Zuletzt waren es, glaube ich, über 8.200 Bewerberinnen und Bewerber, die sich für diesen Beruf interessieren und in das Bewerbungsverfahren gehen. Ich finde, das sind sehr erfreuliche Zahlen; denn natürlich sollte die Polizei die Möglichkeit haben, jeweils die Besten eines Jahrgangs auszuwählen.
Im CDU-Antrag wird auf die Abbrecherquote bei den Polizeianwärterinnen und -anwärtern Bezug genommen, also bei denjenigen, die ihre Ausbildung nicht abschließen. Es ist gerade darauf hingewiesen worden, dass wir im Haushaltsentwurf 2014 eine Einstellungsermächtigung von 1.500 Kommissaranwärterinnen und -anwärtern haben, wobei die Zahl von 1.400 nur in dem Maße überschritten werden darf, wie Anwärterinnen und Anwärter im Ausbildungsjahrgang drei Jahre zuvor die Ausbildung abgebrochen haben. Das heißt, dass wir hier die Abbrecherquote auffangen und damit gewährleisten wollen, dass nach wie vor genügend Polizistinnen und Polizisten im Dienst ankommen.
Ich möchte gerne noch einen anderen Aspekt in die Debatte einbringen, den ich für diese Diskussion wichtig finde. Ich glaube nämlich, man muss sich anschauen, wer sich bei der Polizei bewirbt. Mittlerweile gehen erfreulicherweise sehr viele Frauen in den Polizeidienst. Wir haben zwar immer noch mehr männliche als weibliche Bewerber, aber bei denjenigen, die die Ausbildung anfangen, ist das Verhältnis ungefähr fifty-fifty. Das finde ich sehr erfreulich.
Wir haben aber noch ein Manko beim Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund, die nicht dementsprechend im Polizeidienst ankommen, der doch eigentlich ein Spiegelbild der Gesellschaft sein sollte. In Nordrhein-Westfalen hat ungefähr ein Viertel der Menschen einen Migrationshintergrund. Menschen – Jugendliche –, die diesen Hintergrund haben, bringen ganz andere Kompetenzen mit, häufig auch eine Mehrsprachigkeit. Ich glaube, dass das der Polizei gut tun würde.
Ich weiß, dass die Polizei in NRW auch schon versucht, Migrantinnen und Migranten anzuwerben, aber ich finde – auch wenn man sich die Zahlen anschaut –, es sind noch zu wenige. Ungefähr 12 bis 15 % der Bewerberinnen und Bewerber haben einen Migrationshintergrund. Von denen, die eingestellt werden, also den Kommissaranwärterinnen und ‑anwärtern, haben dann aber nur 11 % einen Migrationshintergrund.
Da stellt sich schon die Frage: Wo verlieren wir die? – Ich habe gelesen, dass es auch an den Sprachtests liegt, also an der Beherrschung der deutschen Sprache. Klar ist natürlich, dass man keine Abstriche machen kann, weil es um klare juristische Aussagen im Polizeidienst geht. Ich finde, es ist aber schon eine Frage, wie wir es schaffen, mehr Migrantinnen und Migranten für den Polizeidienst zu begeistern.
Wenn jemand mehr als nur Deutsch sprechen kann – zum Beispiel Türkisch, Arabisch usw. –, wäre es vielleicht eine Möglichkeit, diese Fähigkeit beziehungsweise Kompetenz im Auswahlverfahren stärker zu gewichten. Darüber müssen wir tatsächlich noch einmal sprechen: Wie schaffen wir es, mehr Migrantinnen und Migranten für die Polizei anzuwerben, damit sich das Spiegelbild der Gesellschaft in der Polizei wiederfindet?
(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])
Ich glaube, es wäre ein sehr hoher Gewinn für die Polizei und die Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen insgesamt, wenn wir das schaffen würden.
(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])
Ansonsten ist es schon angesprochen worden: Es gibt durchaus für Real- und Hauptschulabgängerinnen und -abgänger die Möglichkeit, in die Polizei zu kommen und das Studium zu absolvieren. Ich finde gut, dass wir alle einer Meinung sind, dass wir am Studium und der zweigeteilten Laufbahn festhalten wollen. Es ist meines Erachtens für Nordrhein-Westfalen ein großer Gewinn, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten studiert haben müssen.
Aber die Frage, wer einen Zugang zum Studium hat, ist schon relevant. Es gibt heute schon Zugangsmöglichkeiten für diejenigen, die kein Abitur haben. Ich nenne den Meisterbrief im Handwerk oder die zweijährige Berufsausbildung mit anschließender dreijähriger beruflicher Tätigkeit, die es möglich machen, zu studieren.
Zum CDU-Antrag! Wir haben momentan durchaus eine ausreichende Zahl von Bewerberinnen und Bewerbern. Das kann sich natürlich ändern. Deshalb bin ich durchaus der Meinung, dass man sich das Thema noch einmal anschauen kann und sogar muss. Auch stellt sich die Frage, ob es bei den Fähigkeiten, die die Bewerberinnen und Bewerber mitbringen, nicht eine größere Bandbreite geben müsste, und ob es nicht sinnvoll ist, auch andere Personenkreise so zu qualifizieren, dass sie teilnehmen können oder ihnen die Zugänge ermöglicht werden.
Dazu müssen wir tiefer in die Zahlen einsteigen. Das wünsche ich mir für die entsprechende Debatte im Ausschuss.
(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

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