Dr. Birgit Beisheim: „Wir werden alle bestehenden Mittel nutzen, um zum einen den Unternehmen diese Verantwortung bewusst zu machen und zum anderen die generellen Möglichkeiten zum Bruch von Tarifvereinbarungen zu begrenzen.“

Eilantrag von SPD und GRÜNEN zum Tarifbruch bei Outokumpu

Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Eiskirch ist mir ein Satz von Jean Paul Getty eingefallen. Bei ihm heißt es, wenn ich mich recht erinnere, ungefähr: Wenn man einem Menschen trauen kann, erübrigt sich ein Vertrag. Wenn man ihm aber nicht trauen kann, ist ein Vertrag nutzlos.
Vertrauen ist gerade für die Tarifpartnerschaft in unserem Land wichtig. Gerade auch in Krisenzeiten gelingt es oftmals, zwischen Unternehmen und Belegschaften Regelungen zu vereinbaren, die einerseits der Unternehmensseite die Möglichkeit geben, flexibel auf wirtschaftliche Probleme zu reagieren, bei denen aber andererseits auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie ihre Familien nicht aus den Augen verloren werden.
„Pacta sunt servanda“ ist ein altes Prinzip der Vertragstreue. Doch das scheint – so ist es auch den Ausführungen von Herrn Eiskirch zu entnehmen gewesen – in diesen Tagen immer öfter nicht mehr zu gelten. Aktuell gibt es zwei Fälle dazu. Wir sprechen jetzt über Outokumpu. Ich möchte aber daran erinnern, dass wir das Gleiche schon einmal im April dieses Jahres bei der FAG Schaeffler mit Standort in Wuppertal erlebt haben.
Im Falle Schaeffler wurde im April dieses Jahres bekanntgeben, dass von insgesamt 1.500 Arbeitsplätzen die Hälfte dort vor dem Aus stünden. Das war umso unverständlicher, wenn man berücksichtigt, dass die Belegschaft bereits seit 2008 massiv zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens beiträgt.
So arbeiten die Beschäftigten in Wuppertal unter anderem unentgeltlich fünf Stunden pro Woche mehr, als ursprünglich vereinbart war. Es ist schlicht enttäuschend, wenn auf Unternehmensseite das Engagement der Belegschaft nicht honoriert wird. Anstatt die Bemühungen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu honorieren, werden die Belegschaft und ihre Familien verunsichert, die noch vor kurzem eindrucksvoll ihre Verbundenheit unter Beweis gestellt haben.
Was helfen Regelungen, was nützen noch Gespräche, wenn sich eine von zwei Vertragsseiten nicht an geltende Vereinbarungen hält? Was nützen Ankündigungen, man wolle mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen offen und konstruktiv diskutieren, wenn zuvor Vertrauen so massiv beschädigt wurde? Offene und konstruktive Gespräche sind vor diesen Hintergründen wirklich schwer vorstellbar, meine Damen und Herren.
Schaut man auf die Homepage von Outokumpu, findet man dort – mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich gerne zitieren – folgendes Statement:
„Nachhaltigkeit war schon immer … ein zentrales Element unserer Strategie.“
Weiter heißt es:
„Wir stellen den Menschen … einen sicheren Arbeitsplatz zur Verfügung.“
Ich empfehle daher der Unternehmensleitung, noch einmal auf ihre eigene Homepage zu schauen. Vielleicht bekommt man dann einen anderen Blick.
Mit dem vorliegenden Antrag soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die rot-grüne Regierungskoalition die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Blick hat. Dazu gehört selbstverständlich auch die Einhaltung von Tarifverträgen. Ich kann mich nur Herrn Kollegen Eiskirch anschließen. Auch ich hätte mich gefreut, wenn sich auch in diesem Fall – wie schon einmal geschehen – eine breitere Mehrheit in diesem Hohen Hause dazu gefunden hätte. Wir werden alle bestehenden Mittel nutzen, um zum einen den Unternehmen diese Verantwortung bewusst zu machen und zum anderen die generellen Möglichkeiten zum Bruch von Tarifvereinbarungen zu begrenzen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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