Gudrun Zentis: „Wir fordern eine Gleichbehandlung aller bergwerksbetroffenen Menschen in NRW.“

Antrag von SPD und GRÜNEN zur Beweislastumkehr beim Braunkohletagebau

Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Augenhöhe zwischen Unternehmen und Betroffenen bei der Bergschadensregulierung zu schaffen, die Anrufungs‑ und die Schlichtungsstelle zu bündeln und die Ausweitung der Beweislastumkehr sind Ziele unseres gemeinsamen Antrags. Das hört sich so einfach an, stellt sich allerdings nach den Erfahrungen der Vergangenheit nicht so einfach dar.
Im Steinkohlenbergbau ist die Schlichtungsstelle aktiv und schlichtet bei Streitigkeiten zwischen den beteiligten Bergbauunternehmen und den Betroffenen erfolgreich für alle Seiten. Bergwerksnachfolgeunternehmen wie ThyssenKrupp Real Estate oder E.ON Montan sind nicht am Schlichtungsverfahren beteiligt. Wir fordern ausdrücklich, dass sich auch diese Unternehmen daran beteiligen.
Nachdrücklich und vehement fordern wir auch, dass sich das Bergbaufolgeunternehmen Cavity, dessen Geschäftsbereich den stillgelegten Salzbergbau im Kreis Wesel abdeckt, einer Schlichtungsstelle bedient. Zunehmend werden Klagen von Betroffenen an uns herangetragen, die mit dieser Firma in Verhandlungen stehen und ihre Schäden nicht begründen können. Die Beteiligung am Schlichtungsverfahren würde auch den Betroffenen ermöglichen, sich auf Augenhöhe ihrer Rechte zu bedienen und diese geltend zu machen, und das alles mit einem finanziellen Aufwand, der einem gerichtlichen Verfahren nicht gleichkommt.
Im Braunkohlenbergbau ist seit 2009 die Anrufungsstelle in Köln tätig. Sie ist den Bergschadensbetroffenen im Rheinischen Revier leider immer noch weitestgehend unbekannt. Für einige der Betroffenen ist sie auch fast unerreichbar, weil große Löcher dazwischenliegen. Sie haben Schwierigkeiten, überhaupt dahin zu kommen.
(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])
Die Anrufungsstelle ist ähnlich, aber nicht gleich aufgebaut und strukturiert wie die Schlichtungsstelle des Steinkohlenbergbaus. Wir sehen hier Potenzial, die Arbeit mit einheitlichen Strukturen effektiver zu machen. Auch ist eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit erforderlich, damit Betroffene wissen, wohin sie sich wenden können, wenn sie eine gerichtliche Entscheidung scheuen bzw. diese Auseinandersetzungsform wegen des ungewissen Ausgangs nicht wollen oder sich nicht leisten können.
Nachteilig für die Akzeptanz der Anrufungsstelle bzw. Schlichtungsstelle ist es – so sehen wir es –, dass der Schlichterspruch nicht rechtsverbindlich ist. Auch hier bitten wir die Landesregierung tätig zu werden, damit mit den Bergwerksunternehmen eine Vereinbarung getroffen werden kann, dass nach entsprechenden, teils langwierigen, mit Gutachten untermauerten Verfahren ein rechtsverbindlicher Spruch für beide Seiten seine Gültigkeit hat.
Betonen möchte ich, dass die Bergwerksunternehmen dies alles freiwillig im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung machen und auch finanzieren. Das trägt sicherlich zur größeren Akzeptanz und Reputation der beteiligten Unternehmen bei.
Entsprechend unserem Koalitionsvertrag fordern wir die Landesregierung auf, nun zügig tätig zu werden, um eine Gleichbehandlung aller bergwerksbetroffenen Menschen zu erreichen. Herrn Wirtz, der gestern äußerte, dass wir als Koalitionsfraktionen keine Taten folgen ließen, kann ich nur sagen – wie es auch Herr Münstermann eben getan hat –: Günstiger als jetzt war der Zeitpunkt für die Betroffenen des übertägigen Braunkohlenbergbaus noch nie, gleiche Rechte zu erzielen. Unser Antrag ist bezüglich des Zeitpunkts hervorragend gewählt. Grundlage ist ja kein Gesetz des Landes – dann wäre es einfach für uns –, sondern ein Gesetz des Bundes.
Wir wollen eine erfolgreiche Bundesratsinitiative im Sinne der Betroffenen starten. Ich muss Ihnen, den Damen und Herren der CDU, sagen: Sie haben es in der Hand, die bestehenden Ungerechtigkeiten zwischen dem Steinkohlenbergbau und dem restlichen Bergbau zu ändern. Die CDU im Bundestag mit Frau Merkel ist gefragt, soll die Initiative für die Betroffenen erfolgreich sein.
Sie brüsten sich damit, stärker zu sein als der Landesverband Ihrer Schwesterpartei CSU. Diese will Betreuungsgeld und Pkw-Maut. Und Sie? Mir ist eine ähnlich lautstarke Äußerung …
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.
Gudrun Elisabeth Zentis (GRÜNE): Ich komme zum Ende.
… zur Beweislastumkehr von Ihnen nicht bekannt. Ich hoffe, ich höre sie bald. Sie haben es in der Hand, dies jetzt in den Koalitionsvertrag einzubringen. Dafür hätten Sie dann meine Achtung. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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