Matthi Bolte: „Dieses eCall-System muss höchsten Datenschutzstandards genügen und sie sicherstellen.“

Antrag der FDP zum "ecall"-Notrufsystem

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Rehbaum, mir sind bisher noch nicht so viele Fälle von Niederländern, die in nordrhein-westfälischen Schlaglöchern verschwunden sind, begegnet. Vielleicht liefern Sie uns da noch etwas nach.
Wir haben heute einen ganz interessanten Antrag von der FDP zu einem Thema vorgelegt bekommen, das eine Debatte verspricht, die von Interesse sein wird. Der eCall – das haben wir gehört – hat von der Grundanlage her ein ehrenwertes Ziel, nämlich die Anzahl von Verkehrsunfallopfern zu reduzieren.
Wir haben aber auf der anderen Seite – auch das ist in Ihrer Stellungnahme schon deutlich geworden – eine Reihe von Fragen, die dabei noch geklärt werden müssen. Das ist insbesondere das Thema Datenschutz, das die antragstellende Fraktion thematisiert. Es gibt aber auch andere technische Fragen, die noch diskutiert werden müssen. Von daher, so glaube ich, fahren wir mit der allseits beliebten differenzierten Position in dieser ersten Befassung ganz gut.
Der eCall soll zu einem schnellen Erreichen des Unfallortes durch die Helferinnen und Helfer und Einsatzkräfte führen. Dabei setzt er aber auf der technischen Seite an. Mir ist in dieser Debatte wichtig, auch noch die Seite zu beleuchten, dass wir insgesamt die Steigerung der Verkehrssicherheit im Auge behalten müssen. Das lässt sich nicht alleine durch ein technisches System herbeiführen, sondern auch das menschliche Verhalten muss dabei im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen. Dadurch, sich hinterher alleine auf den Hilferuf zu konzentrieren, werden Unfälle eben nicht verhindert.
Schauen wir uns zwei Zahlen an, die ich bemerkenswert finde: Ein Drittel der Unfälle wird durch überhöhte Geschwindigkeit herbeigeführt und ein weiteres Drittel durch Alkoholkonsum. Hier stellt sich durchaus die Frage, wie wir es schaffen, dauerhaft die Einhaltung von Tempolimits zu kontrollieren. Genauso geht es um Prävention. Ich glaube, diese Themen sollten in diesem Zusammenhang mitdiskutiert werden, weil es hier einfach einen Sinnzusammenhang gibt.
Wenn wir uns jetzt aber das eCall-System selbst anschauen, dann sehen wir, dass es hier offene Fragen gibt. Sie wurden in den Stellungnahmen des Bundesrates ebenso wie in dem Beratungsgang im Europäischen Parlament schon benannt. Diese Stellungnahmen wurden angesprochen und sind durchaus lesenswert.
Es geht dort um die mögliche Erstellung von Bewegungsprofilen, es geht darum, wie diese Daten durch Sicherheitsbehörden ausgenutzt werden könnten, es geht um die Rekonstruktion von gefahrenen Strecken, es geht um die Frage, wie kontrolliert wird, dass das schlafende System auch wirklich schläft, und schließlich geht es natürlich auch – das ist eben auch schon angesprochen worden – um den Zugriff durch Dritte; insbesondere Versicherungen werden hier ja immer wieder genannt.
Das alles sind Fragen, auf die der Bundesrat, wie gesagt, in seinen Stellungnahmen eingeht.
Aus allen Stellungnahmen, die wir bisher zu dieser Thematik erhalten haben, wird klar, dass dieses eCall-System, wenn es ein solches geben wird, höchsten Datenschutzstandards genügen und sie sicherstellen muss. Dazu gilt es dann eben, die entsprechenden Maßnahmen im Beratungsgang zur Verordnung zu diskutieren. Denn wenn man ein solches System einführen will, dann kann man das nur, indem man – das ist natürlich das klassische Datenschutzinstrumentarium – rechtliche, technische und organisatorische Maßnahmen vorschaltet, mit denen eben Vorkehrungen im Sinne des Datenschutzes getroffen werden.
Darüber hinaus müssen aber auch andere technische Fragen – auch das wurde von einigen Vorrednern angesprochen – beantwortet werden, bei denen es zum Beispiel um die Ausstattung der Leitstellen, um den Realisierungszeitraum und natürlich auch um die technische Infrastruktur und die Systemsicherheit geht. All diese Fragestellung müssen geklärt werden.
Ich glaube, wenn wir diese Diskussion bzw. Debatte breit aufstellen, dann wird sie sehr interessant werden. Ich habe in der ersten Befassung hier im Plenum auch schon wahrgenommen, dass es durchaus ein fraktionsübergreifendes Interesse gibt, dieses Thema von den verschiedenen Seiten her stärker zu beleuchten. In diesem Sinne blicke ich der Debatte im Ausschuss mit sehr großem Interesse entgegen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)