Martin-Sebastian Abel: „Die Rasseliste in Nordrhein-Westfalen ist Ausdruck von gemachten Erfahrungen.“

Gesetzentwurf der Piraten zum Landeshundegesetz

Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben es schon gehört: Das Landeshundegesetz NRW ist 2003 in Kraft getreten. Es wurde gemäß der Vorgabe nach fünf Jahren evaluiert, und zwar von der damaligen schwarz-gelben Landesregierung. Der Evaluationsbericht des damaligen Ministers Uhlenberg, der jetzt amtierende Präsident, kam zu dem Ergebnis, dass sich das Landeshundegesetz insgesamt bewährt habe, und gab keine Änderungsempfehlung. Der zuständige Umweltausschuss ist einvernehmlich, das heißt mit allen Fraktionen, diesem Votum gefolgt.
Wie zuletzt in Thüringen sind auch andere Bundesländer einer Kategorisierung gefolgt. Derzeit gibt es in insgesamt 15 Bundesländern Gesetze oder Verordnungen, die an Rasselisten in unterschiedlicher Art und Weise anknüpfen. Auch in diesen anderen Ländern gab es darüber Diskussionen – wie zum Beispiel 2011, also noch ziemlich aktuell und frisch, in Thüringen –, ob die Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden aufgrund der Rassezugehörigkeit sinnvoll und zulässig sei.
Ich will auf die Punkte eingehen, die im Wesentlichen zur Entscheidung beitragen. Die Rasseliste in Nordrhein-Westfalen ist Ausdruck von gemachten Erfahrungen. Sie ist Ergebnis akzeptierter Erfahrungswerte. Diese Regelung hat also nichts mit einer Stigmatisierung der Rassen oder Halter dieser Rassen zu tun, Frau Kollegin Brand, sondern sie ist vielmehr Reaktion auf die Wahrscheinlichkeit, dass hier viel mehr passieren kann, als wenn andere Hunderassen zubeißen.
Ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zur Gefahr werden kann – das haben die Vorrednerinnen und Vorredner allesamt richtig festgestellt –, hängt natürlich von einer Vielzahl von Faktoren ab: neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines Tieres etwa von der Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen Einflüssen, aber vor allen Dingen von der Zuverlässigkeit und von der Sachkunde der Halterin.
Das Gesetz knüpft daher sowohl mit der Rasseliste an die physische Beschaffenheit der Tiere als auch durch die Regelung diverser Halterpflichten an die Verantwortlichkeit der Halterin an. Es ist keineswegs so, dass hier alleine auf die Listenlösung fokussiert werden kann.
Nach wie vor gilt: Eine solche Kategorisierung nach Hunderassen steht im Einklang mit der Beschlusslage der Innenministerkonferenz. Die 14 im Landeshundegesetz aufgeführten Hunderassen, aufgeteilt auf zwei Kategorien, entsprechen einer Empfehlung, auf die sich die Tierschutzreferenten von Bund und Ländern im Jahre 2001 verständigt haben. Darüber hinaus entspricht es dem Grundsatz der Gesetzeslage anderer Bundesländer.
Das Bundesverfassungsgericht hat zudem in einem Grundsatzurteil aus dem Jahre 2004 die Heranziehung von Rassekategorien zur Bekämpfung der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren ausdrücklich für verfassungskonform erklärt und damit in der Diskussion über das Für und Wider so genannter Rasselisten einen rechtlichen Beitrag gegeben.
Ihr Antrag steht zur Überweisung an. Sicherlich kann man im Ausschuss noch ausführlicher darüber beraten. Wir sollten uns dann auch im Lichte der Entscheidungen der anderen Länder die Zeit nehmen, die Erfahrungen von dort auszuwerten und ausführlich die Frage zu beraten, ob sich mit Blick auf das Resultat – sprich einen spürbaren Rückgang von gefährlichen Beißvorfällen – eine solche Regelung bewährt hat.
Am Ende will ich auf einen wichtigen Punkt Ihres Antrages eingehen, den Sie auch in Ihrer Rede hervorgehoben haben, nämlich auf die Situation in den Tierheimen. Auch wenn ich glaube, dass sich das Gesetz bewährt hat und ausgewogen ist, sind wir uns natürlich der Herausforderungen bewusst, mit denen Tierheime durch die Unterbringung von gefährlichen Hunden konfrontiert sind. Wie Sie wissen, leistet das Land bereits jetzt freiwillig Unterstützung im Rahmen eines Förderprogramms für Tierheime. Das hat vielerorts – insbesondere in den Kommunen, wo die Mittel knapp sind – schon zu einer spürbaren Verbesserung geführt.
Bei meinen Besuchen und Gespräche in Tierheimen habe ich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht bzw. sehr unterschiedliche Situationen angetroffen. Beispielsweise werden Hundetrainer engagiert. Es werden gezielt Paten gesucht, die solche Hunde erst einmal unter Aufsicht kennenlernen. Natürlich werden potenzielle Halterinnen und Halter auf die Sachkundeprüfung vorbereitet.
Oft sind die Tierheime und deren Träger aufgrund knapper städtischer Mittel überfordert. Hier sei nur ganz kurz die Problematik der Tiere angerissen, die von Polizei und Ordnungsamt in die Tierheime gebracht werden, für die die Tierheime meist aber nicht genügend Kompensation erhalten. Vielleicht gibt es hier Lösungen, mit den Trägern des Tierschutzes im Sinne der Tiere Verbesserungen – etwa durch Synergieeffekte, regionale Fokussierungen und Spezialisierung bestimmter Tierheime – zu erreichen. All das können wir gerne im Ausschuss beraten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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