Reiner Priggen: „Sie von der Opposition können sich leichtfertig darüber hinwegsetzen, weil Sie in der Lage sind, hier zu reden, ohne in der Verantwortung zu sein. Wir können das nicht.“

Gesetzentwurf zur Beamtenbesoldung

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Kollegin Frau Gebhard, keine Antwort ist auch eine Antwort.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich hatte heute Morgen auf der Fahrt in den Landtag schon das Vergnügen, Herrn Lindner im Radio zu hören. Jetzt habe ich Herrn Laumann gehört. Und ich muss Ihnen sagen: Für die Krokodilstränen, die Sie hier eben vergossen haben, müsste Minister Remmel die Deiche am Niederrhein ab morgen höher bauen.
(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Kollege Laumann, Sie haben eben etwas zur Beteiligung der Arbeitnehmer gesagt. Sie haben ja manchmal ein kurzes Gedächtnis, darum möchte ich Sie gerne an Folgendes erinnern: Sie haben das Landespersonalvertretungsgesetz geändert; Sie haben PEM eingeführt; Sie haben Personalabbau betrieben. Wie hat es denn da mit den Arbeitnehmerrechten bei Ihnen ausgesehen?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
Sie zeigen auf andere, wissen aber sehr genau, was Sie selbst damals gemacht haben. Ihr Verhalten heute fällt daher eindeutig unter die Rubrik „Krokodilstränen“.
Sie haben vorhin gesagt: Wir wissen, dass die Haushaltslage schwierig ist. – Das ist richtig. Alle betonen immer die Notwendigkeit, dass gespart werden muss. Aber bei jeder konkreten Maßnahme, die wir vorschlagen – egal ob größer oder kleiner –, machen sich CDU oder FDP einen schlanken Fuß. Sie beschäftigen sich mit den Sparnotwendigkeiten, aber leider nicht konkret in der Sache.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Jetzt fordern Sie eine vollständige Umsetzung des Tarifvertrages.
(Lutz Lienenkämper [CDU]: Hören Sie doch mal genau zu! – Weitere Zurufe von der CDU)
Statt dort Abstriche hinzunehmen, wollen Sie das Personal reduzieren.
(Zurufe von der CDU)
– Sie haben Zahlen genannt; darauf komme ich gleich noch zu sprechen. – Glaubt denn irgendjemand hier im Saal, dass die Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition hinter uns stünden und uns unterstützen würden, wenn wir ein umfangreiches Personalabbauprogramm zwecks Einsparungen durchziehen würden?
(Zuruf von der CDU: Ja!)
Das glaubt doch niemand! Sie wären sofort weg und würden uns von der anderen Seite angreifen.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
– Lieber Kollege Lienenkämper, die CDU hat eine ganz besonders originelle Art an Personaleinsparvorschlägen. Sie sagen in der Regel – darauf hatte ich nur gewartet –, es müsse gespart werden, aber nicht bei den Hochschulen. Zur Erinnerung: Wir finanzieren über Landesmittel 116.000 Stellen an den Hochschulen. Das müssen wir machen, vor allem angesichts des doppelten Abiturjahrgangs. Da möchte ich die CDU erleben, wenn wir ankündigen würden, dort jetzt ein paar Tausend Stellen zu streichen.
Sie sagen, bei der Bildung dürfe nicht gespart werden. Wir haben das Schulgesetz ins Leben gerufen.
(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
Es wurde vereinbart, dass die Regelungen zehn Jahre lang nicht angetastet und dass Klassenstärken reduziert werden. Wir sind vertragstreu. Sie aber wollen gleichzeitig, dass dort gespart wird.
Das heißt: Wenn es nach Ihnen geht, darf bei den Hochschulen nicht gespart werden, auch bei der Bildung darf nicht gespart werden. Bei der Polizei darf auf gar keinen Fall gespart werden. – Herr Kollege Laschet, Sie gucken mich an. Sie sagen doch immer so freundlich zu mir, ich sei ein Sicherheitsrisiko, und das nur deshalb, weil ich es gewagt habe, darüber nachzudenken, ob in Düsseldorf ebenso verfahren werden könne wie im Polizeipräsidium Aachen. – Bei der Justiz kommt Ihrer Meinung nach Sparen auch nicht infrage, ebenso wenig bei den Finanzen. Das heißt für Sie: Personaleinsparungen ja, aber nur bei den Ministerien – 4.000 Stellen –, vielleicht noch bei den Regierungspräsidien.
Und dann werden Sie ganz originell. Sie wollen, dass wir mindestens 10 % der Beschäftigten einsparen, so wie im Saarland. Das hieße: 40.000 Stellen, die finanziert werden müssten. Eben hat der Kollege Laumann davon gesprochen, dass von den Kommunen eine Personaleinsparung von 20 % verlangt wird. Ich gehe davon aus, dass dies eine analoge Zahl ist.
(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])
– Sie haben ja nur gesagt: 20 %. Das wäre das Äquivalent von 80.000 Stellen. – Diese merkwürdige CDU-Mathematik, wie im Saarland mindestens 40.000 Stellenäquivalente zu sparen, würde bedeuten, 4.000 Beschäftigte in den Ministerien einzusparen.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Das führt aber zu schwarzen Zahlen!)
Das ist negative Mathematik. Das können auch nur Sie!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Es ist richtig, dass dem Landeshaushalt eine Reihe von Risiken drohen. Das wissen wir ganz genau. Glauben Sie mir, dass wir deswegen manches Mal schlaflose Nächte haben.
Sie kommen immer wieder mit dem Thema „WestLB“. Das lesen wir auch in vielen Zuschriften von Menschen, die das Ganze offensichtlich ebenfalls nicht verstehen. Ich will es noch mal ganz klar sagen: Es gibt Risiken im Zusammenhang mit der WestLB, und da müssen wir Vorsorge betreiben.
Die CDU hat überhaupt keinen Grund, sich hier einen schlanken Fuß zu machen. Sie waren doch immer an allem beteiligt. Was auch immer wieder vergessen wird: Mehrheitseigner der WestLB waren die Sparkassenverbände, und zwar immer unter Federführung der Christdemokraten. Jetzt wollen Sie der SPD alle Altlasten anhängen.
(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])
– Herr Kollege Laumann, das ist einfach nicht redlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben Risiken, was die Zinsentwicklung angeht; das wissen wir auch. Genau das treibt uns dazu, die Haushaltspolitik sorgfältig anzugehen.
(Lachen von der CDU)
– Sie haben keinen Anlass zu lachen. – Das größte Risiko für uns und unseren Haushalt ist diese Bundesregierung, um auch das ganz klar zu sagen.
(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Lachen von der CDU)
Doch! Es ist so, ganz eindeutig. Sie haben uns in den letzten Jahren mehrere Milliarden Euro geraubt durch Beschlüsse, die Sie in der Bundesregierung gefasst haben. Erst mit dem mutigen Schritt in die Minderheitsregierung haben wir Ihre Bundesratsmehrheit gestoppt und diesen Raubzügen vorerst ein Ende gesetzt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Jetzt kommen Sie allen Ernstes damit, dass Ihre Vorsitzende, die Bundeskanzlerin, zur Bundestagswahl 28 Milliarden € zusätzlich verspricht.
(Karl-Josef Laumann [CDU]: Jawoll!)
Mir sagt meine Erfahrung: Wir sind mit 10 % dabei. Das Risiko beträgt 2,8 Milliarden € pro Jahr für NRW. Allein die Kindergeld- und Kinderfreibetragsoperation, die Sie vorhaben,
(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])
macht 8 Milliarden € im Volumen aus und bedeutet für uns fast 800 Millionen € pro Jahr. Das ist das größte Risiko. Wie man dazu Ja sagen, die Kanzlerin in Bad Salzuflen feiern und das dann uns hier vorwerfen kann, das kriege ich nicht übereinander. Das kann man nur, wenn man aronal & elmex heißt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie mich sagen: Ich kann jeden Satz, den der Kollege Römer eben zu den Abwägungsprozessen und den Bewertungen gesagt hat, unterschreiben. Ich muss sie nicht noch mal alle nennen. Ich kann mich nur bei den Kollegen aus der Haushaltsabteilung und aus dem Rechtsausschuss bedanken, die in langen Sitzungen, in vielen Stunden sehr sorgfältig alles das, was es an Diskussionen gab – wir haben viele Mails mit Einwendungen bekommen –, abgewogen, darüber diskutiert und uns einen Entschließungsantrag erarbeitet haben, mit dem wir heute sehr gut die Abwägungsprozesse, wie sie in den Fraktionen gelaufen sind, zusammenfassen.
Es ist sicherlich nicht schön – um auch das klar zu sagen –, wenn man so vor Beschäftigte treten und das sagen muss. Denn eigentlich erwartet jeder – das kenne ich auch aus der Firma, in der ich früher gearbeitet habe –: Wenn das Betriebsjahr richtig gut ist, wenn das Ergebnis richtig gut ist, dann gibt man auch frohen Herzens. – Es ist viel härter, an der Stelle zu sagen: Wir machen es sozial gestaffelt. Wir wägen ab. – Aber wir können angesichts dieser Haushaltslage nicht das machen, was wir gerne machen würden.
Wir machen es auch nicht nur bei euch. Hier sind einstimmig zwei Nullrunden für die Abgeordneten beschlossen worden. Das sind die dritte und vierte. Das ist kein Abwehren, sondern ein Teil, mit dem wir der schwierigen Haushaltssituation Rechnung tragen. Wir müssen es an der Stelle in einem solchen Abwägungsprozess machen.
Sie können sich leichtfertig darüber hinwegsetzen, weil Sie in der Lage sind, hier zu reden, ohne in der Verantwortung zu sein. Wir können das nicht.
Deswegen kann ich nur Danke sagen. Wir werden dem Gesetzentwurf so, wie er vorgelegt worden ist, und auch dem Entschließungsantrag zustimmen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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