Mario Krüger: „An dieser Einzelfallregelung werden wir festhalten, und zwar im Interesse aller NRW-Kommunen.“

Gesetzentwurf zum Stärkungspakt

Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Kuper, Ihrer netten Aufzählung hätten Sie noch ein Weiteres beifügen sollen, und zwar das, was Sie alles in Ihrer Regierungsverantwortung unter Schwarz-Gelb den Kommunen in NRW zugemutet haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dann würde auch deutlich werden, inwieweit Sie Anwalt der Kommunen gewesen sind oder inwieweit Sie die kommunalen Kassen genutzt haben, um in Ihrer Regierungszeit den Landeshaushalt zu sanieren.
Dass wir eine Korrektur am Stärkungspaktgesetz vornehmen, ist ärgerlich. Da spreche ich für alle Beteiligten. Dass diese Korrektur angesichts der gravierenden Fehler bei der Ermittlung der sogenannten strukturellen Lücke unumgänglich war, wissen wir.
Wir sind uns auch mit den kommunalen Spitzenverbänden einig, dass eine Hauptursache die damalige Einführung des NKF war. Zum Zweiten haben wir die hieraus von den Kommunen gemeldeten Daten zu sehen, und zum Drittens haben wir die Umrechnung zu berücksichtigen, die IT.NRW im Zusammenhang mit der Umsetzung auf die kameralen Zahlen vorgenommen hat. Es hat Buchungsfehler gegeben. Aufwendungen und Erträge wurden falsch zugeordnet, und zwar von beiden Seiten.
Herr Kuper, Sie waren in der Anhörung zumindest mental anwesend. Dort ist das von uns auch so vorgetragen worden. Wir haben in der Anhörung auch deutlich gemacht, dass die in der Problembeschreibung zum Gesetzesentwurf vorgenommene einseitige Schuldzuweisung insofern unzutreffend ist. Beide Seiten haben ihre Fehler gemacht!
Warum das so ist, Herr Kuper, blenden Sie völlig aus: weil der Landesgesetzgeber 2011 – gemeinsam mit der FDP – kurzfristig das Stärkungspaktgesetz auf den Weg bringen wollte. Selbstverständlich hätte man noch warten können, bis alle Zahlen belastbar sind. Dann wäre man aber nicht zu einem Gesetzgebungsverfahren im Jahre 2011 gekommen, sondern dann hätte man erst im Jahr 2012 verabschieden können. Und Sie wissen auch, was 2012 passiert ist: die Auflösung des Landtags. Möglicherweise hätten wir 2013 ein belastbares Gesetz mit einer entsprechenden Ermittlung der strukturellen Lücke gehabt. Aber das hätte den Kommunen nicht geholfen.
Dass die Änderungen gravierend sind, möchte ich an zwei Beispielen aufzeigen:
Beispiel 1, Wuppertal. – Wuppertal wird 10,9 Millionen € verlieren. Das entspricht einem Minus von 15 %.
Zweites Beispiel, ein positives Beispiel, Öhr-Erkenschwick.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Oer-Erkenschwick!)
– Sehen Sie es mir nach: Oer-Erkenschwick!
Statt 790.000 € erhalten sie dort nunmehr 3,7 Millionen €, was einem Plus von 370 % entspricht. Dass das Ergebnis für die negativ betroffenen Kommunen erheblich ist, will ich gar nicht bestreiten. Das wird sich ganz besonders bei der Entwicklung und Fortschreibung der Haushaltssanierungspläne zeigen.
Zu Ihrem netten Entschließungsantrag, Herr Kuper! Ich habe ihn gelesen. Mein erster Eindruck war: Der ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Minister Ralf Jäger: Jawohl!)
Wissen Sie, Herr Kuper, Sie machen Stimmung gegen die Stärkungspaktkommunen, erzählen, die könnten mit Geld nicht umgehen, leisteten sich teure Prestigeobjekte. Je nachdem, wo Sie gerade auftreten – zum Beispiel bei den sparsamen Westfalen – verkünden Sie, die sollten das jetzt bezahlen. – Das ist die Stimmung, die Sie verbreiten.
Sie haben deutlich gemacht, dass aus dem Landeshaushalt eigentlich gar kein Geld zur Finanzierung des Stärkungspakts bereitgestellt werden kann. So noch Ihr Fraktionsvorsitzender Laumann anlässlich der Vorstellung der Haushaltsanträge zum Haushalt 2013 Anfang dieses Jahres.
Nun soll der Konsolidierungszeitraum für die negativ betroffenen Gemeinden um zwei Jahre verlängert werden, und zwar für alle, ohne Ausnahme.
Herr Kuper, diesen Freibrief wollen wir ihnen nicht ausstellen. Ich will auch gerne ausführen, warum: Wenn der Konsolidierungszeitraum um zwei Jahre verlängert wird, bedeutet das auch, dass damit einhergehende Zahlungen notwendig sind, und zwar zulasten des Landeshaushaltes. Außerdem haben wir eine längere Befrachtung im Gemeindefinanzierungsgesetz und – Herr Kuper, das sollten Sie Ihren abundanten Gemeinden auch sagen – wir haben dann eine größere Einbeziehung zum Nachteil der abundanten Gemeinden durch Bereitstellung von Geldern im Zuge der Solidarumlage.
Das wollen wir nicht. Herr Kuper, Sie wissen genau, dass die Kommunalaufsicht nach dem Stärkungspaktgesetz die Möglichkeiten hat, im Einzelfall andere Regelungen zum Konsolidierungszeitraum zu treffen. Und, Herr Kuper, an dieser Einzelfallregelung werden wir festhalten, und zwar im Interesse aller NRW-Kommunen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)