Dringend notwendig: Mehr Fairplay bei IOC und FIFA

Josefine Paul fordert:

Portrait Josefine Paul

„Ich denke nicht, dass die FIFA das Gefühl haben sollte, etwas falsch gemacht zu haben.“ FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke
Sportlicher Wettkampf und Leistung – Völkerverständigung und Fair Play. Die Jugend der Welt sollte sich im friedlichen Wettkampf messen. Dies sind die Grundideen der modernen Olympischen Spiele, wie sie von Pierre de Coubertin mit den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896 in Athen, angelegt wurden.
Doch augenblicklich erscheint es eher, als würde sich die Jugend der Welt gegen die Olympischen Spiele und andere Sportgroßveranstaltungen vereinen. In Brasilien gehen tagtäglich tausende Menschen auf die Straße, um gegen Korruption, Misswirtschaft und steigende Kosten zu protestieren. Sicher, FIFA und IOC sind mit ihren Großveranstaltung nicht schuld an der sozialen Schieflage Brasiliens. Sehr wohl aber muss die Frage gestellt werden, was sie dazu beigetragen haben.
Wenn im nächsten Jahr die FIFA Fußballweltmeisterschaft der Männer in Brasilien angepfiffen wird, dann wird der Staat Brasilien Milliarden in die prestigeträchtige Austragung investiert haben. Doch wie wenig nachhaltig diese Großprojekte sind, zeigt das traurige Beispiel der verwaisten Fußballtempel die eigens für die Weltmeisterschaft in Südafrika gebaut wurden. Und auch in Brasilien ist fraglich, wer eigentlich in den gigantischen Stadien spielen soll, wenn der große FIFA-Fußball-Zirkus weitergezogen ist.
Die Bedingungen für die Austragung eines solchen Großereignisses diktieren die großen Sportverbände. Doch während die Investitionskosten vom ausrichtenden Land zu tragen sind, streichen FIFA und IOC großzügig die Gewinne ein und lassen sich darüber hinaus noch weitestgehend von Steuerzahlungen befreien. FIFA-Präsident Blatter begegnet der zunehmenden Kritik an diesem Verfahren mit den lakonischen Worten, niemand hätte Brasilien zur Austragung der Fußball-WM gezwungen. Von Fair-Play keine Spur. Die Zeche zahlen die Bürgerinnen und Bürger. Der Olympischen Idee oder König Fußball muss Platz gemacht werden und das zum Teil mit brachialen Mitteln. Zwangsumsieldungen scheinen mittlerweile gängige Begleiterscheinungen sportlicher Mega-Events zu sein. Ob in Peking 2008, aktuell in Brasilien oder in Russland mit Blick auf Sotchi 2014 der vielbeschworenen Völkerverständigung wird durch massive Eingriffe in die Menschen- und Bürgerrechte Platz verschafft.
Zu Recht fragen sich die Menschen in Brasilien mittlerweile, was sie eigentlich von diesem Ereignis haben werden. Bereits der derzeit stattfinden Confederations Cup zeigt, dass FIFA-Fußballturniere kein Volkssport sind. Die Menschen in Brasilien lieben den Fußball und sie lieben ihre Nationalmannschaft, aber Tickets für die Heim-Turniere können sich nur wenige leisten. Die riesigen Investitionen, die durch die strengen Auflagen von FIFA und IOC für die Fußball-WM 2014 und die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2016, vermeintlich erforderlich sind, haben die politische Debatte in Brasilien nicht verursacht, aber sie haben die Lage verschärft und die Debatte angeheizt. Es geht um weit mehr als die Frage nach dem Nutzen von WM und Olympischen Spielen. Es geht um notwendige Investitionen in Bildung und Gesundheitssystem und allgemein um die Frage nach sozialer Gerechtigkeit. Es geht aber eben auch um die Arroganz der Macht, mit der Politik und Sportfunktionäre die Sorgen der Menschen beiseite wischen. Es ist fast schon unanständig, wenn der FIFA-Generalsekretär Valcke jede Verantwortung für die Massenproteste von sich weist und öffentlich erklärt: „Was haben wir falsch gemacht? Verzeihen Sie mir, aber ich denke nicht, dass die FIFA das Gefühl haben sollte, etwas falsch gemacht zu haben.“
Der organisierte Sport täte gut daran, sich einmal ernsthaft mit diesen Problemlagen auseinanderzusetzen. Dies gilt im Übrigen nicht nur in Bezug auf die gesellschaftliche Relevanz von sportlichen Großveranstaltungen, sondern auch bezüglich ihres Einflusses auf Umwelt und Natur. Konkret wäre schon viel geholfen, wenn die großen Sportorganisationen ihre Vergabekriterien für Sportgroßereignisse fortentwickeln würden. Dabei müsste ganz im Sinne der olympischen Idee die Menschen wieder in den Vordergrund rücken Menschenrechten, Umweltkriterien und Transparenz gehören in besonderer Weise bedacht. Fairplay für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz sind die olympischen Werte, die überall auf der Welt eingefordert werden.