Norwich Rüße: „Alles in allem glauben wir, dass Ihr Antrag seiner Zeit hinterherhinkt.“

Antrag der CDU zur Lebensmittelsicherheit

Portrait Norwich Rüße

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Fehring, Sie haben mich zum Schluss direkt angesprochen und gesagt, ich würde das System genauso kennen wie Sie auch. Ich gebe den Ball zurück: Weil Sie das System kennen, bin ich überrascht, dass Sie den Antrag so gestellt haben.
Ich erinnere mich, wie die Ökokontrollen in meinem Betrieb abgelaufen sind, den wir seit zehn Jahren führen: Ich hatte zwei unangemeldete Kontrollen. Ich hatte eine Kontrolle, bei der eine LANUV-Begleitung dazukam. Ich fühle mich da schon hinreichend kontrolliert. Ich glaube, das geht Ihnen mit Ihrem Betrieb ähnlich.
Sie haben einen Punkt richtigweise angesprochen, nämlich die größeren Betriebe. Das ist gerade aktuell. In der Legehennen-Diskussion ist es sicherlich eine spannende Sache, welcher Betrieb davon betroffen war. Da haben Sie vielleicht nicht ganz unrecht. Wir brauchen Ihren Antrag aber nicht, um an der Stelle die Sensibilität zu haben und solche großen Betriebe, bei denen Agrarindustrie in den Biosektor eindringt, stärker zu kontrollieren.
Wenn Sie den Prozess in den letzten Monaten verfolgt haben, stellen Sie fest, dass es laufend Veränderungen und Verbesserungen im Ökokontrollsystem gibt. Eben wurde der Aufbau einer Datenbank angesprochen. Gerade Nordrhein-Westfalen hat nachgeschoben und gefordert, dass da etwas passiert. Aus Niedersachsen – ebenfalls einem „grünen Land“ – kam der Vorstoß, einzelnen Kontrollstellen auch seitens eines Bundeslandes die Zulassung entziehen zu können. Ich glaube, wir sind insgesamt auf einem guten Weg, die Kontrollen da nachzubessern, wo es nötig ist.
Das Spannende an Ihrem Antrag ist aus meiner Sicht ein kleiner Nebensatz, mit dem Sie mich schon ein wenig verärgert haben. Sie erwähnen das QS-System und stellen es als besser und löblich dar. Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum Sie das getan haben. Denn QS hat seine Unschuld nun wirklich vollkommen verloren. Die Skandale – ob das, wie jetzt zum Schluss, der Aflatoxin-verseuchte Futtermais war, ob es der Futtermittelhersteller Harles und Jentzsch war, wo 150.000 t Futtermittel mit Dioxin verseucht wurden; auch das war ein QS-zertifizierter Betrieb – sind nicht durch QS verhindert worden.
Ich weiß gar nicht, wo der Vorteil bei QS liegen soll. Bei QS sind es nicht die Bauern, die sich ihre Kontrollstelle aussuchen; das stimmt. Bei QS sucht die Westfleisch aus, welche Kontrollstelle sie nimmt. Das System ist aber sehr ähnlich. Daher verstehe ich nicht, warum das besser sein soll.
Im Gegenteil: Bei QS ist die Gefahr noch größer, dass eine Kontrollstelle unter Druck gerät, weil der Auftraggeber noch viel größer ist. Wenn ich morgen meiner Kontrollstelle sagen würde: „Wisst ihr was, mir passt das nicht, ihr kontrolliert mich zu scharf“ – wenn ich der Meinung wäre, das wäre so –, dann würde die mir antworten: Ja, dann kündigen Sie, Herr Rüße, so wichtig sind Sie für uns auch nicht.
Das Entscheidende ist aber, dass die Kontrollen gegenkontrolliert werden. Alle Kontrollstellen müssen vierteljährlich einen Bericht vorlegen. Das kann gegenkontrolliert werden. Wenn wirklich eine Kontrollstelle dabei wäre, die sich dadurch auszeichnet, dass sie lascher kontrolliert als andere, würde das spätestens dann auffallen.
Frau Watermann-Krass hat das Beispiel der TÜV-Plakette erwähnt. Ich finde, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass wir einen Monopolisten „aufgeknackt“ haben. Niemand von uns würde sich die Zeiten des Monopols zurückwünschen. Die Sicherheit auf der Straße ist dadurch auch nicht schlechter geworden. Daher sehe ich das System insgesamt als gut an.
Das gute Ansehen, das Bioprodukte insgesamt in der Bevölkerung haben, ist auch über dieses System in den letzten 20 Jahren erarbeitet worden.
Aus unserer Sicht fordern Sie in Ihrem Antrag Dinge, die im Prozess sind. Deshalb werden wir ihn ablehnen.
Das Einzige, bei dem ich mit Ihnen einer Meinung bin, ist der Bereich der ausländischen Produkte, der Importware. Das sehe ich genauso wie Sie. Dieser Bereich liegt aber nicht in erster Zuständigkeit des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Da sind andere Akteure sicherlich deutlich stärker gefordert. Sie haben vollkommen recht, dass da etwas passieren muss.
Ich würde mich freuen, wenn Sie gemeinsam mit uns dafür streiten würden, dass wir mehr heimische Ware hier aus Nordrhein-Westfalen bekommen würden. Denn die Importware drängt nur deshalb in den Markt, weil wir hier vor Ort nichts produzieren. Das ist das Problem. Wir haben in Nordrhein-Westfalen einen Riesenmarkt, aber wir erzeugen die Waren nicht hier. Es wäre schön, wenn wir den Markt gemeinsam ein bisschen aufbereiten und den Bauern sagen könnten, dass es da Chancen gibt.
Alles in allem glauben wir, dass Ihr Antrag seiner Zeit hinterherhinkt. Ich habe bereits gesagt, dass der Prozess läuft und dass wir den Antrag deshalb ablehnen werden. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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