Schulkonsens wirkt – Schulentwicklung in der Sekundarstufe I

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

I. Sachverhalt

Vor fast genau zwei Jahren, am 19. Juli 2011, haben die Parteien CDU, SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN mit dem Schulkonsens Leitlinien für die Weiterentwicklung des Schulsystems in Nordrhein-Westfalen vereinbart, die bis 2023 gelten und nicht einseitig aufgekündigt werden. Diese Leitlinien bilden seither eine wichtige Grundlage für Schulpolitik der Landesregierung. Kernziel des Schulkonsenses ist ein Schulsystem, das der Verschiedenheit der Kinder und Jugendlichen gerecht wird. Die individuelle Förderung soll als pädagogisches Grundprinzip im Unterricht systematisch verankert werden, um so die Leistungspotenziale aller Kinder und Jugendlichen unabhängig von der sozialen Herkunft besser entwickeln zu können.
Im Schulkonsens wurde vereinbart, die Hauptschulgarantie aus der Landesverfassung zu streichen und durch die Gewährleistung eines in allen Landesteilen vielfältigen öffentlichen Bildungs- und Schulwesens bestehend aus einem gegliederten Schulsystem, integrierten Schulformen sowie weiteren Schulformen zu ersetzen. Ergänzend zu den bestehenden Schulformen soll die Sekundarschule als neue Schulform des längeren gemeinsamen Lernens eingeführt werden, insbesondere auch deshalb, um den kommunalen Schulträgern den Erhalt eines umfassenden wohnortnahen Angebots einer Schule der Sekundarstufe I auch bei zurückgehenden Schülerzahlen zu ermöglichen. Außerdem wurden die Gründungsbedingungen für neue Gesamtschulen mit 25 Schülerinnen und Schülern für die Eingangsklassen erleichtert. Zur Sicherung eines wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Schulangebots sollen kleine wohnortnahe Grundschulstandorte möglichst erhalten werden. Ferner wurde vereinbart, die Klassenfrequenzrichtwerte für die Grundschule, die Realschule, das Gymnasium und die Gesamtschule schrittweise abzusenken.
Bedingt durch den Demografiewandel und das veränderte Schulwahlverhalten der Eltern und die neuen Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen gibt es derzeit deutliche Veränderungen im Schulsystem. Die entsprechenden Gesetzgebungsprozesse wurden für die Sekundarstufe I mit Wirkung zum Schuljahr 2012/2013, für die Umsetzung des Grundschulkonzeptes mit Wirkung zum Schuljahr 2013/2014 beschlossen. Der Schulkonsens und die Gesetzgebung zur Weiterentwicklung der Schullandschaft im Bereich der weiterführenden Schulen zeigen Wirkung: Zum Schuljahr 2012/2013 starteten 42 Sekundar- und 20 neue Gesamt- schulen. Zum Schuljahr 2013/2014 folgen weitere 39 Sekundar- und 28 Gesamtschulen.
Dass diese Entwicklung möglich wird, liegt vor allem an der aktiven Gestaltung in den Kommunen und dem Engagement Lehrerinnen und Lehrern, die diese Veränderung vor Ort möglich machen. Der Landtag bedankt sich ausdrücklich bei Akteuren vor Ort, die sich in den Kommunen mit großem Einsatz und voller Überzeugung für eine zukunftsfeste Schulentwicklung einsetzen. Dabei ist uns bewusst, dass NRW aus unterschiedlichen Räumen besteht und verschiedene Ausgangsbedingungen für eine gelingende Schulentwicklung hat.

II. Beschluss

Der Landtag fordert die Landesregierung auf nach zwei Jahren Schulkonsens eine erste Bilanz zu ziehen und dem Landtag einen Bericht über die Entwicklungen im Bereich der Sekundarstufe I vorzulegen.
Folgende Fragestellungen sind für die weitere Diskussion von besonderer Bedeutung

  • der Entwicklung der Schulen des längeren gemeinsamen Lernens (Schülerzahlentwicklung, Anzahl der Sekundarschulen und neuen Gesamtschulen, flächendeckende und bedarfsgerechte Angebote),
  • bevorzugte Organisationsstrukturen bei der Gründung von Sekundarschulen (integriert, teilintegriert, kooperativ mit 2 Zweigen, kooperativ mit 3 Zweigen),
  • der Kooperation der Sekundarschulen mit Oberstufen von Gesamtschule, Gymnasium und Berufskolleg,
  • Ausmaß der Veränderungen innerhalb im Sekundarschulbereiches
    • der Hauptschulentwicklung (Schülerzahlentwicklung, Anzahl der Schulen insgesamt und Anzahl der auslaufenden Schulen),
    • der Realschulentwicklung (Schülerzahlentwicklung, Anzahl der Schulen insgesamt und Anzahl der auslaufenden Schulen),
    • der Gymnasialentwicklung (Schülerzahlentwicklung, Anzahl der Schulen insgesamt und Anzahl der auslaufenden Schulen),
  • der Sicherung des Erhalts wohnortnaher Schulangebote im Sekundarbereich (Auswirkungen der veränderten Vorgaben bezüglich Mindestzügigkeit, Mindestschülerzahl, Klassenbildungswerte, Einrichtung von Teilstandorten, interkommunale Zusammenarbeit, örtliche sowie regionale Konsensbildung bei Schulneugründungen),
  • Unterschiede bei der Weiterentwicklung des Schulsystems in urbanen und in ländlichen Räumen
  • Gelingensbedingungen für die Gründung einer neuen Schule in einer Kommune
  • Gestaltungsspielräume bei der Konzeptentwicklung für neue Schulen vor Ort
  • Erfolgreiche Konzepte der Elterninformation
  • Grenzen kommunaler Handlungsfreiheit
  • Probleme bei der interkommunalen Abstimmung
  • Notwendige und hilfreiche Maßnahmen der Personalentwicklung bei der Zusammenführung (Neugründung und Auflösung) verschiedener Schulformen, um den Beschäftigten vor allem der auflösend gestellten Schulen eine Perspektive zu geben
  • Sicherung der Lehrerversorgung und der Leitung auslaufend gestellter Schulen bis zum letzten Jahrgang
  • Konzept und Maßnahmen zum Monitoring des Gesamtprozesses der Veränderung