Verbraucherbildung in der Schule nachhaltig und vielfältig gestalten!

Antrag der Fraktionen der SPD und der Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen

I. Lebensbildung und Alltagskompetenzen stärken

Bildung für nachhaltige Entwicklung vermittelt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Kompetenzen für die eigene Lebensgestaltung im Bereich von Konsum, Ernährung und Gesundheit, für die Übernahme von Verantwortung für sich selbst und andere. Sie versetzt Menschen in die Lage, Entscheidungen zu treffen und dabei abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf die Lebenszusammenhänge sozial, ökonomisch und ökologisch auswirkt. Sie stärkt Partizipation und Teilhabe und befähigt, die Folgen von Entscheidungsprozessen auf die Gestaltungszusammenhänge künftiger Generationen lokal und auch global zu reflektieren und Lebensstile zu erlernen, die für eine lebenswerte Zukunft und die Gestaltung einer zukunftsfähigen Gesellschaft, die ihrer globalen Verantwortung gerecht wird, erforderlich sind.
Die Bedeutsamkeit des Bildungsbereichs hat der Landtag mit seinem einstimmigen Beschluss zu „Gesund essen, bewusst leben lernen. Unverzichtbare Kulturtechnik Ernährungs- und Verbraucherbildung“ bereits 2008 unterstrichen.

II. Verbraucherbildung – ein zentraler Baustein der Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schulen

Die Bildung hin zu einem bewussten Konsum und Verbrauch von Ressourcen und Nahrungsmitteln, wobei Lebensstile und Konsumgewohnheiten auch in globalen und ökologischen Zusammenhängen verstanden werden müssen, sowie zu allgemeiner Finanzkompetenz ist ein lebenslanger Prozess, in dem die Erziehungs- und Bildungspartner zusammenwirken und sich ergänzen sollten. Das Forschungsprojekt REVIS (Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in allgemein bildenden Schulen) hat bereits in den Jahren 2003 – 2005 die Innovationskräfte in der Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung (EVB) gebündelt und die Ergebnisse des Forschungsprojekts dann schrittweise in die Lehrerausbildung, z. B. in Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Bayern sowie Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich eingebracht. Federführend an der
Universität Paderborn mit bundesweiten Kooperationspartnern entwickelt, liegt damit mit dem „REVIS-Curriculum“ einen Referenzrahmen mit Bildungszielen und Kompetenzbeschreibungen vor, der mit zahlreichen Projekten z. B. im Bereich der Vermittlung allgemeiner Finanzkompetenz, der Ernährungsbildung und weiteren Feldern der Verbraucherbildung weiterentwickelt und konkretisiert wurde. Zudem gewinnen die Fragen des Datenschutzes sowie der Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf die Medienkompetenz immer mehr an Bedeutung. Das gilt auch für das Thema der Informationsbeschaffung und -bewertung oder der Urheberrechte.
Weiterhin gehört sozialwissenschaftlich eingebettete ökonomische Bildung mit in die Nachhaltigkeitsdimension und den Kanon des gesamten Bildungsbereichs.
Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist am Alltagshandeln der Lernenden orientiert und geht damit über das Konzept eines einzelnen eng gefassten Faches hinaus. Gleichwohl muss die Reform des Faches Hauswirtschaft hin zu einem Fach für eine umfassende Ernährungs-, Gesundheits- und Verbraucherbildung, wie schon 2008 im Landtag beschlossen, für den Kernbereich der Kompetenzentwicklung im Bereich von Konsum, Ernährung und Gesundheit nun systematisch umgesetzt werden. Das REVIS-Curriculum ist bereits im Lehrplan- Navigator für die Schulen in NRW zugänglich. Etliche Schulen profilieren erfolgreich ihre Arbeit auf dieser Grundlage. Diese wertvolle Arbeit verdient weitere Unterstützung durch eine generelle Innovation des Faches Hauswirtschaft zu einem Fach, das sein Profil für Konsum-, Ernährungs- und Gesundheitsbildung auch nach außen dokumentiert. Das REVIS- Curriculum eröffnet darüber hinaus vielfältige Möglichkeiten zum fächerübergreifenden Arbeiten und Zugang sowohl aus naturwissenschaftlichen-technischen wie auch gesellschafts-, sozialwissenschaftlichen Fächern für alle Schulstufen und Schulformen.
Auch die Enquetekommission „Chancen für Kinder“ des Landtags NRW in der 14. Wahlperiode hat einstimmig empfohlen, Ansätze zur Vermittlung von Alltags- und Lebensgestaltungskompetenzen in allen Schulformen zu entwickeln und dabei explizit auf Ernährung, Konsumverhalten und Verbraucherbildung verwiesen (Empfehlung 8.1).

III. Beschluss

Der Landtag bekräftigt die Bedeutung der Bildung für nachhaltige Entwicklung gerade in Bezug auf die Konsum-, Ernährungs- und Gesundheitsbildung für alle Schülerinnen und Schüler.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
  1. Die Konsum-, Ernährungs- und Gesundheitsbildung als Teil der Bildung für nachhaltige Entwicklung auf der Grundlage der Ergebnisse und des Konzepts der REVIS-Forschung weiterzuentwickeln. Das bisherige Fach Hauswirtschaft muss in diesem Sinne innoviert und in Inhalt, Form und Benennung dem Profil gerecht werden.
  2. Die Lehrpläne und Unterrichtsinhalte in naturwissenschaftlichen – und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern auf Grundlage der von REVIS entwickelten Konzepte, des Referenzrahmens und den Bildungszielen weiterzuentwickeln, so dass Verbraucherbildung als zentraler Teil der Bildung für nachhaltige Entwicklung mit fächerübergreifendem und kompetenzorientiertem Lernen in alle Schulformen umgesetzt werden kann.
  3. Die Schulen zu stärken, die Chancen des Ganztags als Lern- und Lebensort u.a. durch die Zusammenarbeit mit außerschulischen Trägern für die Vermittlung von Lebensgestaltungs- und Nachhaltigkeitskompetenzen zu nutzen.
  4. Bereits bestehende Programme in der Konsum-, Ernährungs- oder Gesundheitsbildung sowie die Materialien zu vernetzen und den Schulen über den weiterentwickelten Landesserver Möglichkeiten zum Austausch zu geben.
  5. Auch in der Aus- und Fortbildung von Lehrkräften und sozialpädagogischen Fachkräften die REVIS-Grundlagen zu implementieren und als schulinterne Fortbildung anzubieten.
  6. Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen evaluieren zu lassen.