Arndt Klocke: „Es ist heute schon so, dass über 95 % der verursachten Straßenschäden von Lkws ausgehen.“

Antrag der Piraten zu Gigalinern

Arndt Klocke (GRÜNE): Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrter Herr Präsident! Lieber Herr Fehring, ich hatte im letzten Jahr das Vergnügen, bei einer Veranstaltung Ihrer Wirtschaftsvereinigung MIT in Neuss genau zu diesem Thema zu Gast zu sein. Da haben wir das diskutiert; Herr Rasche war auch dabei. Dabei waren auch zwei Spediteursunternehmer, unter anderem ein bayerischer, der mit uns auf dem Podium saß und der ganz deutlich davon sprach, dass es bei der Zulassung der Gigaliner, also bei der Perspektive für die bundesweite Einführung um Lkws bis zu 60 t geht. Es soll also nicht so sein, dass das bei 40 oder 44 t endet, wie Sie das als die von Ihnen gewünschte Perspektive eben dargestellt haben. Die Spediteure sprechen vielmehr ganz klar davon, dass wir über 60 t reden.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich weiß natürlich auch, dass bei vernünftiger Verteilung der Achslast der Gewichtszuwachs nicht prozentual in einer Weise ansteigt, dass man sagen könnte, es würden viel mehr Straßenschäden durch diesen Gigaliner verursacht als durch normale Lkws. Aber es ist heutzutage schon so, dass über 95 % der verursachten Straßenschäden von Lkws ausgehen. Wir müssen grundsätzlich alles unternehmen – wir wissen, dass das sehr schwierig ist; der Schienenausbau ist schwierig, und auch im Binnenschifffahrtsbereich ist einiges zu tun –, um mehr Güter von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser zu verlagern.
(Beifall von den GRÜNEN)
Der Feldversuch Gigaliner geht in die andere Richtung. Deswegen hat Nordrhein-Westfalen für sich entschieden, an diesem Feldversuch nicht teilzunehmen. Die jetzige Vorlage aus der EU-Kommission könnte zumindest ein Tor öffnen, wenn sie entsprechend in Kraft tritt, dass grenzübergreifende Verkehre von Nachbarländern auch in deutsche Bundesländer ermöglicht werden, die Gigaliner auf ihren Straßen nicht zulassen. Deswegen unterstützen wir grundsätzlich die Initiative der Piraten, die das klar formuliert hat. Wir sollten die entsprechenden Kritikpunkte ernst nehmen. Wir werden gleich dafür stimmen, dass dieser Antrag in den Ausschuss für Europa und Eine Welt sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr überwiesen wird. Möglicherweise führt man auch dazu eine Anhörung durch.
Wir brauchen noch mehr belastbares Zahlenmaterial für die Argumentation. Aber es gibt eine ganze Reihe von Zahlen, die uns heute schon vorliegen. Sie besagen zum Beispiel auch, lieber Kollege Fehring, dass das Unfallrisiko durch diese langen Lkws deutlich höher ist als bei normalen Lkws. Überholvorgänge auf Autobahnen, die an Lkws vorbeiführen sollen, die die zweifache oder dreifache Länge eines normalen Lkws haben, sind problematisch. Wenn man sich in diesem Bundesland die rechte Spur auf Autobahnen anschaut, die teilweise nur aus Lkws besteht, und wenn dann noch Gigaliner dazukommen, die deutlich länger sind als normale Lkws, dann wird deutlich, dass Gigaliner ein deutlich größeres Unfallrisiko bergen. Es ist auch für Verkehrsteilnehmer abschreckend, einen solchen Wagen überholen zu müssen.
Heutzutage gibt es – davon sprach auch der Spediteur auf Ihrer CDU-Veranstaltung – auch viel zu wenige ausgebildete Fahrer, die auf diesen Lkws eingesetzt werden können. Die Situation in Bayern ist folgende: Bayern ist ein Bundesland, das diesen Feldversuch durchführt. In Bayern gibt es nur sechs Unternehmen, die an diesem Feldversuch überhaupt teilnehmen.
Da frage ich mich: Gibt es überhaupt eine gesellschaftliche oder eine wirtschaftliche Relevanz für die Einführung von Gigalinern, wenn in den Bundesländern, die an den Feldversuchen teilnehmen können, nur wenige Spediteursunternehmen überhaupt an diesem Feldversuch teilnehmen?
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Ich möchte kurz Zahlen nennen, die noch einmal deutlich machen, dass diese Gigaliner oder Groß-Lkws klimabelastende Wirkungen haben. Ein transportierter Tonnenkilometer eines solchen Lkws hat 92,5 g CO2-Ausstoß. Wenn man das mit der Eisenbahn vergleicht, sind wir bei 21,9 g, beim Binnenschiff bei 35,5 g. Das heißt, Lkws sind eindeutig die schlechtere Variante beim Transport von Gütern.
Richtig ist, dass wir natürlich nicht alle Güter heute auf Schiene und Schiff umladen können. Aber ich denke, wir sollten alles dagegen tun, was die weitere Verlagerung auf Lkws weiter begünstigt. Die Einführung von Gigalinern ist eine weitere Begünstigung in dem Zusammenhang.
Von daher begrüßen wir den Antrag der Piraten, sind gespannt auf die Diskussion im Ausschuss und brauchen sicherlich noch ein paar weitere Fakten in diesem Zusammenhang. Wir bitten auch die Landesregierung, ein entsprechendes Signal in Richtung EU-Kommission zu setzen – die Beratungen dort laufen ja weiter –, dass Nordrhein-Westfalen sehr kritisch ist, was diese neue Richtlinie angeht, und dass wir eine weitere Türöffnung in Richtung Gigaliner hier aus Nordrhein-Westfalen ganz klar ablehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

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