Freihandelsabkommen EU – USA: Audiovisuelle Dienste und Kultur vor Handelsliberalisierung schützen! Bundesregierung ist in der Pflicht grundlegende Länderinteressen zu berücksichtigen!

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

I. Ausgangssituation

Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bereiten derzeit die Verhandlungen für ein transatlantisches Freihandelsabkommen vor. Die EU-Kommission hat am 13. März 2013 ihren Mandatsentwurf zur Aufnahme der Gespräche vorgelegt. Dieser Mandatsentwurf sieht vor, die bisher in den internationalen Handelsabkommen festgelegte Ausnahme für die Bereiche Kultur und Medien aufzuheben.
Die Wirtschaftsminister der Europäischen Union hatten beabsichtigt, das Verhandlungsmandat am 17. und 18. April 2013 zu beschließen. Nach Intervention des Europäischen Parlaments steht die Entscheidung der Wirtschaftsminister nun für den 14. Juni 2013 an.
Der bisherige Mandatsentwurf bezieht sich allein auf die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) ohne Rücksicht auf die mit der Unterzeichnung des UNESCO-Abkommens zur kulturellen Vielfalt eingegangenen Verpflichtungen, welches von den USA weder unterzeichnet, noch ratifiziert wurde.
Außer Acht gelassen wurde, dass an einige Güter und Dienstleistungen in Europa kulturelle Ansprüche gestellt werden, die in den USA so nicht gesehen werden. Im Mandatsentwurf der Kommission steht nur ein einziger missverständlicher Satz, der sich auf die Kultur und den audiovisuellen Sektor bezieht. Weder die Möglichkeit der Kulturförderung als auch die Sonderregelungen für Rundfunk und Telemedien – geschweige denn ihr dynamische Weiterentwicklung angesichts fortschreitender Digitalisierung – können damit ausreichend sichergestellt werden.
Dies widerspricht auch klar dem bisherigen europäischen Grundkonsens, Kulturgüter nicht allein den Gesetzen des Marktes zu überlassen, so ist das duale Rundfunksystem mit dem Nebeneinander aus öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunk- und Fernsehanbietern europarechtlich ausdrücklich in einer Erklärung zum Vertrag von Amsterdam verankert.
Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sowie im Gesetz über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) ist klar festgelegt, dass die Länder die Medien- und Kulturpolitik sowohl innerstaatlich als auch auf europäischer Ebene bestimmen. Das Lindauer Abkommen von 1957 stellt zudem klar, dass die Bundesregierung völkerrechtliche Verträge, die ausschließlich Landeskompetenzen betreffen, nur mit vorherigem Einverständnis der Länder schließt.
Dies ist bei den aktuellen Verhandlungen und Abstimmungsprozessen mit dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium nicht der Fall.
Gerade die Erfahrung angesichts aktuell auszuhandelnder Handelsabkommen zeigt, dass eine frühzeitige Befassung notwendig ist, insbesondere wenn wie in diesem Fall klare Landeskompetenzen betroffen sind.

II. Der Landtag stellt fest:

1. dass der bisherige europäische Grundkonsens, audiovisuelle Dienste außerhalb völkerrechtlicher Handelsverpflichtungen zu behandeln, um kulturelle Vielfalt und freie Meinungsvielfalt sicherzustellen, bestehen bleiben muss.
2. dass die Verpflichtungen aus dem UNESO-Übereinkommen über den Schutz und die
Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen nur ohne völkerrechtliche Handelsverpflichtungen für Rundfunk und Kultur realisiert werden können.
3. dass kulturelle Dienstleistungen, Radio, Fernsehen und Telemedien keine reinen Wirtschafts-, sondern Kulturgüter darstellen. Insbesondere audiovisuelle Dienste sind mit ihren Informations- und Bildungsangeboten für die demokratische Willensbildung, die Integration und die Erhaltung der kulturellen Vielfalt in Deutschland und in Europa von zentraler Bedeutung. Dies gilt vor allem für die besondere Stellung des Öffentlich- Rechtlichen Rundfunks in Deutschland.

III. Der Landtag beschließt:

1. Der Landtag appelliert an die Bundesregierung, insbesondere an das federführende Wirtschaftsministerium, ihrer Verpflichtung nachzukommen, die Kultur- und Medienhoheit der Länder zu wahren
2. und keine Verhandlungen für den Kultur- und Medienbereich zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen aufzunehmen.
3. Der Landtag appelliert an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die Resolution des Handelsausschusses im Europäischen Parlament zu bestätigen und die u.a. darin geforderte Ausnahmeregelung für den Kultur und Medienbereich beizubehalten.