Zum Schutz der Bienen muss das Vorsorgeprinzip gelten

Meine Meinung - Norwich Rüße:

Portrait Norwich Rüße

Im Jahr 2008 kam es im Oberrheintal zu einem massiven Bienensterben, nachdem ein Neonikotinoid (Chlothiadin) bei der Maisaussaat als Beizmittel eingesetzt worden war. Durch das Freisetzen von Stäuben während des Sävorgangs waren damals zehntausende Bienenvölker vergiftet worden. Besonders gefährlich an diesen neurotoxischen Wirkstoffen scheint zu sein, dass die Gifte von den Insekten nicht abgebaut werden können und eingetretene Schädigungen des Nervensystems irreversibel sind. Dadurch sind auch geringere Einzeldosen für die Insekten gefährlich und können mittelfristig zu schweren chronischen Vergiftungen führen. Das seit Jahren andauernde Bienensterben steht nach Meinung von Experten auch im Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Einsatz dieser Gifte. Das jetzt kommende Verbot geht daher in die richtige Richtung.
Der Fall der Neonikotinoide zeigt einmal mehr, dass die in der „modernen“ Landwirtschaft zur Bekämpfung von Unkraut, Pilzbefall oder gegen andere Schädlinge eingesetzten Chemikalien ein hohes Risiko für die Natur bedeuten. Die möglichen Nebenwirkungen und langfristigen Folgen für die Natur sind häufig nicht ausreichend erforscht. Trotzdem erhalten die Mittel zunächst eine Zulassung und erst in den Jahren der Anwendung – gewissermaßen im „großflächigen Praxisversuch“ – zeigen sich dann immer wieder unerwünschte Nebenwirkungen. Das galt beispielsweise für den jahrelang im Maisanbau eingesetzten Wirkstoff Atrazin, der sich später im Grundwasser wiederfand, das gilt aktuell für den weltweit am meisten eingesetzten Wirkstoff Glyphosat. Dieses Mittel wurde von den  Herstellern zunächst als vollkommen unschädlich angepriesen, weil es angeblich in harmlose Bestandteile zerfalle. Auch hier stellt die Forschung mittlerweile fest, dass Glyphosate alles andere als harmlos sind. Dies gilt vor allem für die sehr problematischen sogenannten Tallowamine, insgesamt ist aber die Toxität von Glyphosat gerade gegenüber Amphibien besorgniserregend. Auch in diesem Fall zeigt sich, dass die Versicherungen und Prüfberichte der Hersteller keinen Wert haben  und unabhängige Forschungen immer wieder das Gegenteil – nämlich ein massives Gefährdungpotenzial – beweisen.
Aus diesen Erfahrungen heraus scheint es dringend notwendig zu sein, die gängige Praxis bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zu korrigieren. Das Vorsorgeprinzip muss auch hier greifen, Pflanzenschutzmittel sind erst dann zuzulassen, wenn tatsächlich eine Gefährdung der Umwelt ausgeschlossen werden kann. Dazu bedarf es einer sehr gut ausgestatteten und unabhängigen staatlichen Prüfungsstelle, die sich über Gebühren refinanziert. Da sich aber auch in Zukunft Schäden nicht vollkommen ausschließen lassen, wäre es sinnvoll, wenn die Pflanzenschutzmittelhersteller einen Pflichtfonds begründen müssten, der sich aus Einnahmen aus dem Verkauf von Pflanzenschutzmitteln speist. Dieser Fonds könnte dann eingetretene Umweltschäden finanziell wiedergutmachen, gleichzeitig wäre so Sorge dafür getragen, dass die Landwirte nicht nur die möglichen Vorteile aus dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ziehen könnten, sondern auch etwaige Nachteile und Risiken mitzutragen hätten.