Verena Schäffer: „Sie schüren Panik und Angst in der Bevölkerung“

Antrag der FDP zu Wohnungseinbrüchen

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Herr Golland, was soll man dazu noch sagen? Sie werfen uns mal wieder Gutmenschentum vor. Ich werfe Ihnen mal wieder vor, dass Sie keine Ahnung haben. Sie können EU-Bürger nicht ausweisen, weil sich EU-Bürger hier aufhalten dürfen. Insofern läuft das, was Sie sagen, völlig ins Leere. Ich finde es auch peinlich, weil Sie das langsam wissen sollten.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN – Gregor Golland [CDU]: Warum gibt es den Abschiebestopp?)
Bei dem Thema an sich sind wir wohl alle einer Meinung. Natürlich muss das Thema „Wohnungseinbrüche“ ernst genommen werden. Die Bürgerinnen und Bürgern beklagen häufig nicht den materiellen Schaden, sondern das Gefühl zu wissen: Es war jemand in der Wohnung. Jemand hat die Sachen durchwühlt. Jemand hat persönliche Erinnerungsstücke angeschaut und sie womöglich mitgenommen. Dabei fällt einem insbesondere Schmuck ein.
Das sind die traumatischen Erfahrungen, die man macht, wenn in die Wohnung eingebrochen und in die Privatsphäre eingedrungen wurde. Das ist für jeden nachvollziehbar. Jeder, der schon einmal einen Wohnungseinbruch selbst oder in der näheren Verwandtschaft oder Bekanntschaft miterlebt hat, weiß, welche Spuren er bei den Menschen hinterlässt. Insofern sind wir uns wohl inhaltlich sehr einig, dass wir gerade beim Thema „Wohnungseinbrüche“ zusammenstehen müssen und die Polizei entsprechend vorgehen und handeln muss.
Nichtsdestotrotz finde ich den FDP-Antrag an manchen Stellen etwas problematisch und unsäglich. Sie schüren Panik und Angst in der Bevölkerung, wenn Sie schreiben:
„Das Risiko, in Nordrhein-Westfalen Opfer eines Wohnungseinbruchs zu werden, ist so hoch wie kaum zuvor.“
Und wenn Sie sagen, dass das Risiko für Einbrecher, für eine solche Tat bestraft zu werden, verschwindend gering sei, liest sich das schon fast wie eine Empfehlung an Kriminelle, genau das zu tun und im lukrativen Bereich der Wohnungseinbrüche tätig zu werden. Da würde ich mir manchmal ein bisschen Sensibilität wünschen, wenn man im Antrag polemisch formuliert und wie man in den Medien vorgeht.
(Dr. Robert Orth [FDP]: Sie können die Wahrheit nicht ausblenden!)
Das finde ich manchmal auch ein bisschen schwierig. Das liegt aber in Ihrer Verantwortung, wie Sie hier vorgehen.
(Zuruf von Christian Lindner [FDP])
– Ja, regen Sie sich auf! Wir werden die Diskussion noch im Ausschuss führen.
Ich finde, der Vergleich mit anderen Bundesländern, den Sie, was die Aufklärungsquote angeht, anführen, spricht für Ihre Unwissenheit bei diesem Thema. In Ihrem Antrag schreiben Sie, dass es vor allem Täterbanden, organisierte Banden sind, die aus dem Ausland kommen, die sich gerade Nordrhein-Westfalen auswählen, weil wir ein gut ausgebautes Autobahnnetz haben. Die Mobilität kann genutzt werden; die schnellen Fluchtmöglichkeiten sind da. Insofern hinkt der Vergleich mit anderen Bundesländern; ich finde ihn peinlich. Noch viel peinlicher finde ich, dass Sie den Innenminister für jeden Wohnungseinbruch in Nordrhein-Westfalen verantwortlich machen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das ist wirklich unsäglich, weil wir alle wissen, dass die Ermittlungen gegen die organisierten, hochmobilen Banden so schwierig sind.
Deshalb müssen wir auf Prävention setzen. Mit ihrer Kampagne „Riegel vor!“ schlägt die nordrhein-westfälische Polizei einen sehr guten Weg ein. Sie geht den präventiven Weg, bietet Bürgerinnen und Bürgern an, sich beraten zu lassen, damit sie nicht Opfer werden, sondern schon im Vorfeld – Prävention – tätig werden und ihre Wohnung sichern. Wenn auch die Sensibilität in der Nachbarschaft steigt, wird die Polizei häufiger gerufen, wenn Auffälligkeiten beobachtet werden.
Der letzte Punkt, den Sie ansprechen, betrifft das Personal. Über das Personal diskutieren wir hier des Öfteren. Sie wissen, dass wir die Einstellungsermächtigung für Kommissaranwärterinnen und -anwärter bei der Polizei schon 2011 auf 1.400 Stellen erhöht haben. Und obwohl wir im Land eine sehr angespannte Haushaltssituation haben – wir alle wissen, welche Diskussionen hier über den Haushalt und die Verschuldung geführt werden müssen –, haben wir als rot-grüne Koalition gesagt: Ja, wir werden noch einmal 77 Stellen drauflegen, um die Abbrecherquote bei den Anwärterinnen und Anwärtern aufzufangen und auszugleichen. Der entsprechende Antrag ist hier mehrheitlich angenommen worden.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Entschuldigung, Frau Abgeordnete. – Würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Orth zulassen?
Verena Schäffer (GRÜNE): Ja, bitte.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Abgeordneter, bitte.
Dr. Robert Orth (FDP): Sehr geehrte Frau Kollegin, Sie haben auf die Polizistinnen und Polizisten in Summe abgestellt. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir in Nordrhein-Westfalen sehr viele Polizistinnen und Polizisten haben, die zwar keinen Außendienst versehen dürfen, gleichwohl Innendienst versehen könnten, zurzeit aber gar nicht im Dienst sind, weil man auf sie verzichtet? Wir hätten also eine riesige Reserve an Polizistinnen und Polizisten, die ja nicht draußen mit der Pistole herumlaufen müssen, sondern einfach am Monitor normale kriminalistische Feinarbeit machen könnten.
Verena Schäffer (GRÜNE): Diese sehr große Reserve an Polizistinnen und Polizisten möchte ich mal sehen. Es wäre interessant, wenn Sie uns die mal darstellen könnten. Wir haben etwas andere Zahlen. Ab 2016 werden Neueinstellungen und Pensionierungen kippen; darüber haben wir schon häufiger diskutiert. Deshalb machen wir ja gerade Aufgabenkritik und schauen, wo man die Polizei entlasten kann, damit sie vor Ort Präsenz zeigen kann.
Sie kratzen mit Ihrem Antrag ehrlich gesagt auch nur an der Oberfläche. Sie können hier keine Strategie vorlegen.
Nichtsdestotrotz bin ich auf die Debatte im Ausschuss gespannt. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es sich um ein wichtiges Thema handelt. Für die Bürgerinnen und Bürger ist das Thema „Wohnungseinbrüche“ problematisch, weil dabei in ihre Privatsphäre eingegriffen wird. Insofern werden wir dieses Thema auch im Ausschuss konstruktiv beraten. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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