Sigrid Beer: „Ich kann natürlich verstehen, dass sich Protest formiert hat und dass die Abiturientinnen und Abiturienten Angst haben, benachteiligt zu werden“

Antrag der CDU zu korrektem Abitur

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch lieber Klaus; immer! Auch lieber Christof, überhaupt keine Frage! Gerade Klaus Kaiser und der Kollege Hovenjürgen haben darauf hingewiesen, wie das denn in den Protokollen und unter der schwarz-gelben Regierung war. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.
Allerdings will ich das erste Wort an die Abiturientinnen und Abiturienten in diesem Jahr richten. Ich kann natürlich verstehen, dass sich da Protest formiert hat und dass sie Angst haben, benachteiligt zu werden. Dafür muss man Verständnis haben.
Lieber Klaus Kaiser, ich hätte allerdings erwartet, dass dann hier auch gesagt wird, wer der Verursacher dieses G8 war, das die Schüler und Schülerinnen in dieser ganzen Periode begleitet hat. Es gab eine Stauchung in der Sekundarstufe I. Sie mussten unvorbereitet – ohne Lehrpläne, ohne Schulbücher – in eine solche Schulphase starten.
Es war aber das Bemühen der Landesregierung und wohl auch unser aller gemeinsames Bemühen, faire Ausgangslagen auch für diesen doppelten Abiturjahrgang zu schaffen. Das stand an der ersten Stelle. Deswegen möchte ich diesen Vorwurf zurückweisen. Es ist geradezu absurd, zu sagen, Aufgaben seien speziell gefertigt worden, um irgendjemandem eine Hürde in den Weg zu legen oder um irgendetwas abzusenken. Es gibt eben keine politische Einflussnahme auf Aufgaben.
Damit bin ich auch bei der 14. Legislaturperiode. Über die Unterschiede zwischen damals und heute sollten wir einmal reden. Seinerzeit gab es nämlich eine politische Einflussnahme auf die Abituraufgaben.
Erstens darf ich daran erinnern, dass der Staatssekretär damals eine Aufgabe zurückgezogen hat, weil Frau Merkel sich zum Klimaschutz geäußert hat und politisch nicht gewollt war, dass so etwas in einer Klausur stand. Das ist eben der Unterschied, lieber Klaus Kaiser.
(Beifall von den GRÜNEN – Josef Hovenjürgen [CDU]: Was hat das denn damit zu tun?)
Zweitens haben wir es erlebt, dass bei dem Gedicht „Vergänglichkeit der Schönheit“ nicht einfach eingestanden wurde, dass es sich um einen Kopierfehler gehandelt hat. Vielmehr wurde vom Pressesprecher die Legende gebildet, dass wir es mit einer neugermanistischen Interpretation des Textes zu tun hätten, der zeitgemäß zu interpretieren sei. Auch das ist beim jetzigen Abitur nicht der Fall.
Drittens war das leider berühmte „Oktaeder des Grauens“ eine Aufgabe, die nicht lösbar war, lieber Klaus Kaiser. Das ist ein entscheidender Unterschied zur jetzigen Situation. Die Mathematikaufgaben des Jahres 2013 waren lösbar.
In der lokalen Berichterstattung hört man natürlich die Stimmen der Abiturienten und Abiturientinnen, die über die Aufgabe irritiert waren. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Stimmen der Abiturienten und Abiturientinnen, die gesagt haben: Ja, das konnten wir bewältigen; das ist lösbar gewesen; das waren für uns keine unbekannten Aufgaben. – Das ist schon einmal eine ganz andere Ausgangslage.
(Zuruf von Klaus Kaiser [CDU])
Übrigens findet man das auch auf der Facebook-Seite – lieber Klaus Kaiser, da können Sie sich das einmal anschauen – der offenen Gruppe „faires Abitur“. Diejenigen, die versucht haben, dort entsprechende Kommentare zu platzieren, mussten aber mit Streichungen rechnen. Ich finde, es ist nicht gerade ein Ausweis von demokratischem Dialog, wenn bei solchen Gruppen versucht wird, solche Dinge zu lancieren.
(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)
Schauen wir uns die Sachverhalte also einmal an. Außerdem ist natürlich das Umgehen mit solchen Vorkommnissen im Abitur entscheidend.
Das Erste ist – der Antrag war ja auf die Sozialwissenschaftsklausuren bezogen –, dass sich die Ministerin tatsächlich dafür entschuldigt hat; denn es ist in der Tat ein ärgerlicher Vorgang,
(Ministerin Sylvia Löhrmann nickt.)
dass nicht alle Schulen gleich miteinander informiert worden sind. Das hat die Ministerin aber ausdrücklich eingeräumt. Es wird auch entsprechend abgestellt.
Das Zweite ist: Die Ministerin hat jetzt auch klargestellt, dass die Klausuren alle noch einmal durchgeprüft worden sind. Wir hatten in diesem Jahr ein außerordentlich sorgfältiges Verfahren mit Praxischecks von Kollegen und Kolleginnen, die selbst in der Oberstufe arbeiten, aktuell nicht mit in das Abitur einbezogen sind und diese Aufgaben gegengerechnet haben.
In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Frage des Zugangs zu einer Mathematikaufgabe Thema gewesen. Deswegen bin ich der Ministerin außerordentlich dankbar dafür, dass sie auf die gängigen Vorschriften hingewiesen hat – die auch nichts Neues sind, sondern im Land schon seit langen Jahren die Regel –, was die Bewertungskriterien von Abiturarbeiten angeht. Dabei ist nämlich die Ausgangslage, also die Frage, was wie vorbereitet worden ist, noch einmal entsprechend zu bewerten. Daher haben die fachkundigen Kollegen und Kolleginnen, in die ich mein volles Vertrauen setze, genau die gleichen Bewertungskriterien an der Hand und genau die gleichen Möglichkeiten wie in allen anderen Jahren zuvor.
Ich bin der Ministerin dankbar dafür, dass sie sehr transparent – das ist auch ein Gegensatz zu dem, was wir unter Schwarz-Gelb und der damaligen Bildungsministerin erlebt haben – das gesamte Verfahren offengelegt hat, deutlich gemacht hat, wie viele Leute über die Aufgaben geschaut haben, und ausgeschlossen hat, dass diese Aufgaben nicht lösbar waren. Sie waren in der Tat lösbar. Es ist richtig, dass sie unterschiedliche Reaktionen ausgelöst haben. Wir müssen da aber auch eine Klarheit und Transparenz im Verfahren haben, finde ich. Das hat die Ministerin vorgelegt. Dafür bin ich ihr auch dankbar.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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